Jeden Montag diskutieren die beiden Frauen ein neues Problem rund um Herzensangelegenheiten: Cornelia Mangelsdorf (43) Chefredakteurin der "WOCHE HEUTE", und Clara Ott (29), Online-Redakteurin WUNDERWEIB.
Liebe Cornelia
Ich habe nichts gegen die Liebe.allein, allein. Ist Single-Dasein ein Dasein oder ein schönes Leben? Ich bin gern allein. Nicht unbedingt mir mir selbst. Aber frei von einer Beziehung zu einem männlichen Wesen. Ich treffe meine Freundinnen, ein paar Männer im regen Wechsel, engagiere mich beruflich und teile mir den Rest meiner Freizeit in Sport, Shopping und Ausgehen auf. Ja, es ist doch herrlich, am Wochenende meistens allein im eigenen Bett aufzuwachen und entscheiden zu könnn, wonach einem der Sinn steht, statt Kaffee zu kochen, zahnungeputzt rumzuknutschen und dann händchenhaltend durch den Supermarkt zu schlendern.
Aber was ist nochmal das tolle am Beziehungsalltag? Dass man zusammen Fernsehen guckt? Gemeinsam einkauft und kocht? Pärchenabende veranstaltet oder sich um Urlaub langweilt oder streitet? Oder doch, dass man nach Hause kommt, und da erwartet einen jemand, der den Lieblingsjoghurt gekauft hat und die Füße massiert? Als Single hat man wenig Geborgenheit und vertraute Nähe, das stimmt. Aber auch wenig Kompromisse, weniger Ärger. Oder?
Liebe Clara,
Du schreibst, Du bist gern allein. Recht hast Du! Das Single-Dasein ist ein schöner Zustand - wenn er auch mal wieder aufhört! Fast alle Singles, das belegen Studien, wollen irgendwann wieder in Zweisamkeit leben.
Wundert mich nicht: Denn der Mensch ist ein "zoon politikon", ein Gesellschaftstier, wie der griechische Philosoph Aristoteles es ausdrückt. Wir brauchen die Gesellschaft anderer. Doch ein Mann muss nicht zwangsläufig sein!
So viele Phasen passen in ein Leben hinein - warum auch nicht die Single-Phase? Rumlümmeln, reden/essen/schweigen, wann man will: Das hat schon was! Die Ego-Tour tut einfach gut, gerade wenn man sich entliebt hat. Und warum sich gleich von einem Kerl zum nächsten begeben? Dazu wissen wir Frauen doch eigentlich genug mit uns anzufangen. Mit uns, unseren Freundinnen, den platonischen Freunden, unserer Blutsfamilie.
Gute Musik und noch bessere Bücher sind doch wunderbare Begleiter in Zeiten der singeligen Nabelschau! Apropos Bücher: Kennst Du "Zusammen ist man weniger allein"? Es ist eines meiner Lieblingsbücher, geschrieben von der Schriftstellerin Anna Gavalda (gibt's auch als launige DVD). In der Geschichte geht es um eine zunächst unglückliche, magersüchtige junge Frau, die eigentlich Künstlerin sein könnte - aber Putzfrau ist. Sie rutscht in eine eigenwillige Pariser WG, zusammen mit einem Koch und einem kauzigen Studenten.
Dann kommt noch eine kranke Oma dazu - ein herrlicher Patchwork aus tapsigen Individualisten, die mehr und mehr zusammenwachsen. Und, ja: Es gibt ein Happy-End...und unsere tapfere, anfangs traurige Hauptperson blüht auf, nimmt zu - und fängt wieder an zu malen: dank der Liebe des Kochs macht es "Peng", und das Leben ruft sie bei ihrem Namen!
Wie heißt in der Psychologie? In Phasen des Leidens lernen wir am meisten: über uns, das Leben, über unsere Bedürfnisse. Und nach dem "Tief" kommt zwangsläufig wieder ein "Hoch". Die Kunst ist, die Zeit dazwischen zu genießen!
Jetzt bin ich 43, durfte lieben, ein Kind bekommen, reisen, schreiben. Eines weiß ich heute sicher: Menschen brauchen einander wirklich! Ich gestehe hiermit feierlich: Ich brauche Euch alle: meine Familie, mein 13-jähriges Söhnlein Brillant, den Mann meines Herzens, meine Busenfreundinnen. Inmitten meiner Lieben fühle ich mich ganz in meinem Element.
Und wenn ich heute wieder Single wäre? Tät ich es erstmal genießen. Bis sich die Sehnsucht regen würde. Doch auf die Suche gehen nach einem Mann? Nie!
Lieber finden! Die Jagd & Balz, das ist Männersache. Aber das ist schon wieder ein anderes Thema...
Liebe Cornelia,
es ist erstaunlich, denn du konntest es nicht ahnen: Als ich vor zwei Jahren schrecklichen Liebeskummer hatte, reiste ich für eine Woche alleine nach Paris. In die Stadt der Liebe. Um dort meinen Liebeskummer zu heilen. An einem Abend besuchte ich ein Kino. Es lief "Ensemble c'est tout", genau der Film, den du nennst. Ich hatte vorher sogar das Buch von Anna Gavalda gelesen und saß in dem Kino, verstand kaum etwas, aber reiste, nicht nur wegen traumhaft-einsamer Tage in Paris, aber auch wegen des Gefühls im Film, geheilt vom Liebeskummer nach Hamburg zurück.
Seitdem bin ich Single. Alleinstehend. Aber nicht einsam. Einsam eigentlich nur an Sonntagen, wo ich mir vorstelle wie viele Paare "Tatort" gucken, was mir eh zu unheimlich wäre. Ich würde lieber mit ihm einen Abendspaziergang machen. Oder wie Audrey Tatou auf sein Motorrad hinten steigen. Single-Sein ist nicht das schwierige. Sondern ein glücklicher Single zu sein. Ich glaub, ich bin es. Und eigentlich muss sich momentan auch gar nichts ändern. Oder doch?