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Youngster Weigl: Zwei Titel sind drin im Sommer der Träume

Dortmund - Julian Weigl ist schon jetzt ein echter Gewinner des Jahres. Doch der Dortmunder will seine starke Saison mit den Borussen nun auch mit zwei Erfolgen krönen.

Julian Weigl musste kurz grinsen, als er nach dem Anruf von Joachim Löw gefragt wurde. "Ich kannte die Nummer im Display nicht und bin ganz normal ans Telefon gegangen", sagte der 20-Jährige über jenes kurze Gespräch, das die wohl verrückteste Woche seiner steilen Karriere einläutete: "Es war unbeschreiblich. Ich bin zu Hause im Dreieck gesprungen."

Gestatten: Julian Weigl, 20 Jahre alt , angehender Nationalspieler und am Samstag einer der Protagonisten im Pokalfinale zwischen Borussia Dortmund und Bayern München. Und danach ein EM-Fahrer? BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke begrüßte Weigls Nominierung in den vorläufigen Kader jedenfalls: "Ich war schon im Vorfeld darüber informiert und habe extra Gewichte besorgt, damit er nicht abhebt.

Im Dreieck springen, Gewichte besorgen, abheben: Die Geschichte klingt bekannt, ähnliche Fälle gab es zur Genüge. Eine Handvoll guter Spiele, und schon lädt der Bundestrainer zum Testspiel gegen Ungarn oder die Slowakei ein.

Watzke: "Großartige Zukunft vor sich"


Doch Weigls Fall ist anders. Ein Jahr lang hat der Jungstar mit Leistung überzeugt und selbst dafür gesorgt, dass er den Sprung in Deutschlands erlesensten Sportlerkreis geschafft hat. "Es ist komplett verdient. Julian hat eine großartige Zukunft vor sich", sagte Watzke weiter. Ohne zu vergessen, dass schon die Gegenwart glänzend ist. Die Philosophie von Dortmunds Trainer Thomas Tuchel und die Spielweise des Oberbayern ergänzen sich perfekt. Dass er noch kein Bundesliga-Tor erzielt und auch noch keine Vorlage gegeben hat? Geschenkt. Es sind andere Qualitäten, die den Sechser des BVB für Tuchel unverzichtbar machen.

Am vergangenen Wochenende stellte Weigl mal eben einen Bundesliga-Rekord auf: 216 Ballkontakte in einer Partie. Das ist ein Fabelwert, den sonst nur ein Thiago oder ein Xabi Alonso erreichen. Doch wenn Dortmunds Ballkünstler das Spielgerät durch ihre Reihen zirkulieren lassen, dann ist Julian Weigl der Dirigent des Orchesters. Nicht jung und verspielt, wie man es von einem 20-Jährigen erwarten könnte, sondern ruhig und mit ordnender Hand.

Mit 18 Jahren Kapitän bei 1860


Mit 18 Jahren war Weigl sogar kurzzeitig Kapitän bei 1860 München. Als sportliche Vorbilder nannte er damals die Bender-Zwillinge Lars und Sven. Das klingt nicht nach glitzernder Fußballwelt, sondern nach Disziplin und Kampfbereitschaft. Auch Yaya Touré von Manchester City sei ein Vorbild, der vierfachen Fußballer des Jahres in Afrika. Dafür müsste Weigl allerdings noch mehr Torgefährlichkeit entwickeln, aber das kann ja noch kommen.

Im Pokalfinale gegen den FC Bayern am Samstag sind zunächst wieder die Primärtugenden gefragt. Gutes Timing, Ruhe im Aufbau und natürlich der Kampf um jeden Ball. "Ich erinnere mich noch gut an das 0:0 gegen die Bayern im März", sagte Weigl am Mittwoch. "Da war ich mehr k.o. als nach anderen Spielen. Das war unheimlich intensiv, physisch wie psychisch."

Thomas Tuchel und Joachim Löw trauen Julian Weigl auch in solchen Spielen eine tragende Rolle zu. Für den Mann aus Bad Aibling ist es zudem die perfekte Bühne: Seinen ersten Vereinstitel holen und gegen eine der besten Mannschaften Europas vor dem Bundestrainer vorspielen. Schließlich will Weigl am 31. Mai nicht wieder nach Hause fahren, sondern das Ticket nach Frankreich bekommen. Dort kann er Joachim Löw dann ganz konzentriert zuhören.

(sid)
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