Das Spannendste am Auslandssemester in Irkutsk: Lenins Kopf in Ulan-Ude besuchen. Den größten und den schwersten.
Der wahre Grund, warum ich zum Auslandssemester nach Irkutsk gefahren bin: Ich wollte Lenins Kopf besuchen. Der steht nämlich in Ulan-Ude, läppische acht Stunden Zugfahrt von Irkutsk entfernt, auf der anderen Seite des Baikals.
Lenins Kopf in Ulan-Ude ist die größte Portraitbüste der Welt - und das einzige Lenin-Denkmal in Russland, das nur seinen Kopf zeigt. Stolze 7,70 Meter ist Lenins Gesicht in Sibirien lang und 42 Tonnen wiegt das Monument. Und ist dann irgendwie doch recht unbeeindruckend, so aus der Nähe. Liegt aber vielleicht auch an dem Tag, an dem alles ein wenig Grau in Grau ist und Lenins betongrauer unmotivierter Gesichtsausdruck nicht sonderlich hervor sticht.
Acht Stunden hin, acht Stunden zurück, und dazwischen sechs Stunden Zeit, den Kopf zu bestaunen - die Hauptattraktion ist dann aber nach zehn Minuten abgehakt, inklusive zahlreicher lustiger Erinnerungsfotos.
Also genug Zeit, die paar anderen Dinge abzuhaken, die noch auf der Liste stehen. Die zweitgrößte Buddhastatue Russlands zu besuchen, zum Beispiel. Burjatien, das Gebiet, dessen Hauptstadt Ulan-Ude ist, ist buddhistisch geprägt. Neben den üblichen Zwiebeltürmchenkirchen gibt es also auchviele Tempel und Dazane (= Klosteruniverstäten). Die zweitgrößte Buddhastatue Russlands ist im Dazan Rinpotsche Bagscha auf einem kleinen Hügel mit tollem Blick über die Stadt - zumindest, wenn's grade nicht stürmt und schneit.
Auch die Buddhastatue: groß, gold, unbeeindruckend. Was ist nur los? Früher fand ich riesige Dinge toll. Vielleicht einfach nicht mein Tag.
Viel beeindruckender hingegen: Wie schön der Schnee fällt. Und wie süß die Tauben sich um den Gullideckel scharen, weil es dort warm ist von der Kanalisation. Und, natürlich, die Bezüge des Taxis, das uns wieder zum Bahnhof bringt, weil wir zu weit rausgefahren sind: im Leoparden-Look. Und, nicht zuletzt, der Taxifahrer: „Ihr habt doch keine Angst, Mädels, oder?", fragt er, wir hinten in eine Schreckstarre verfallen. Natürlich nicht. Fahr nur, Taxifahrer, fahr! Und er fährt. Auf der nichtvorhandenen Mittelspur, überholt links, wird angehupt, schlittert, bekommt sein Auto wieder unter Kontrolle. Wir schaffen es pünktlich zum Bahnhof. Und haben sogar noch genug Zeit, uns von der rasanten Fahrt zu erholen. Und um Magnete zu kaufen. Mit Lenins Kopf drauf.
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