Fast nur Männer kamen damals, viele sprachen kaum Deutsch und hielten sich nicht an Regeln; etwa im Schwimmbad. Die Vorbehalte gegen Geflüchtete waren in Gars am Inn groß, das berichteten 2016 Einheimische dem Bayerischen Rundfunk. Der Ort zählt 3.000 Einwohner und damals kamen etwa 60 Geflüchtete dorthin. Es gründete sich ein Helferkreis, der die Männer integrieren wollte. Eine der Helferinnen war Franziska Schweiger-Hubl: "Wir wollten etwas tun, weil sonst bleiben diese Vorbehalte auch." Sie engagiert sich seitdem ehrenamtlich und ist eine Art Job-Scout für die Geflüchteten im Ort; sucht nach Praktika oder auch nach Hilfsarbeiter-Jobs in der Nähe.
Kein Asyl, kein Sprachkurs, keine ArbeitserlaubnisEiner der geflüchteten Männer damals war Safi. Er hatte vor seiner Flucht für die Amerikaner als Übersetzer gearbeitet, sagt er, und floh deshalb 2016 vor den Taliban. Dass er in Gars gelandet ist, sei für ihn ein großes Glück gewesen: Heute hat er einen Job, seine erste eigene Wohnung und hat Freunde im Ort. Doch als er 2016 ankam, sah es für ihn nicht so rosig aus: Für Afghanen wie ihn war es schwieriger, Asyl zu bekommen als etwa für Syrer. Denn Afghanistan galt in Teilen als sicher. Der Asylantrag musste langwierig geprüft werden und bis dahin bekamen sie keinen Sprachkurs, erinnert er sich. "Uns war damals langweilig in der Asylunterkunft. Wir haben bis mittags geschlafen und es ging uns nicht gut", erzählt er heute. Franziska Schweiger-Hubl vermittelte ihm deshalb ein Praktikum: in der Großküche des Klosters in Gars wusch er Töpfe und Teller.
Ausbildung als Rettung vor AbschiebungSafi hatte Glück: Eine Familie nahm ihn auf und lernte mit ihm Deutsch. Ihm wurde schließlich Asyl gewährt - und er konnte sich eine Ausbildung in einer Molkerei suchen. Dort arbeitet er bis heute.
Ein anderer Klient von Franziska Schweiger-Hubl ist ebenfalls noch in Gars am Inn: Ahmad, ebenfalls aus Afghanistan. Bei ihm liegt der Fall anders: Er ist 2017 Hilfsarbeiter im Supermarkt vor Ort, als der Ablehnungsbescheid kommt. "Ich hatte Angst - und da habe ich meinen Chef angerufen, ob er mir helfen kann", erzählt er. Ahmad hat damals schon ein bisschen Deutsch gelernt. Der Chef hilft ihm damals und bietet ihm eine Ausbildung an - für viele Geflüchtete damals die einzige Chance, sich vor der Abschiebung zu retten. "Mit Personal ist es oft mal knapp - und gute Leute kann man immer gebrauchen", sagt Georg Scherer, Filialleiter des Supermarkts in Gars am Inn. Ahmad ergreift damals die Chance, obwohl er trotz mangelnder Sprachkenntnisse in die Berufsschule muss.
"Ich konnte damals nicht gut Deutsch, aber ich habe gesagt, ich probiere es: Wenn ich es schaffe, dann schaffe ich es, wenn nicht, dann nicht", sagt er. Er hat es geschafft und spricht mittlerweile Deutsch - mit bayerischem Einschlag. Ahmad hat sich hochgearbeitet und ist mittlerweile stellvertretender Filialleiter: "Ich hätte das nie gedacht, dass ich mal Bestellungen und Kassenabschluss hier machen darf. Das ist ein großes Vertrauen."
Falsche Vorstellungen, Probleme mit Frauen, BürokratieDoch nicht alle Geflüchteten konnten in Gars bleiben. Einige sind in größere Orte gegangen, um sich dort Jobs zu suchen. Wieder andere haben nirgendwo in der Nähe Fuß fassen können. Etwa ein afghanischer junger Mann, dem sie 2016 zuerst einen Hausmeister-Job vermittelt hatte. "Der hatte in Afghanistan Medizin und Biologie studiert und dachte, er kann hier direkt wieder in dem Bereich arbeiten", erzählt sie. Falsche Vorstellungen habe er gehabt - und: "Dann hat er noch in einem Modepark mitgearbeitet. Da gab es Probleme, wenn ihm Frauen gesagt haben, was zu tun ist." Aber auch die Bürokratie habe oft im Weg gestanden, sagt Franziska Schweiger-Hubl: So habe ein Geflüchteter, der zuvor in Syrien als LKW-Fahrer gearbeitet hatte, plötzlich nicht mehr arbeiten dürfen. "Mit seinem syrischen Führerschein konnte er hier nicht mehr fahren. Dabei war er nur wenige Monate zuvor damit durch halb Europa unterwegs gewesen", erzählt sie. Es sei schwer vermittelbar gewesen, warum er nun einen deutschen Führerschein für viel Geld machen sollte.
Integration verbessern - mit SprachkursenFür die Helfer in Gars am Inn, die sogar Sprach- und Schwimmkurse organisierten, waren solche Fälle auch frustrierend. Franziska Schweiger-Hubl engagiert sich dennoch weiter in der Flüchtlingshilfe. Sie ist der Meinung, dass alle Asylsuchenden frühzeitig einen Sprachkurs bekommen sollten - und sogar eine Ausbildung. "Wir haben so viele Firmen hier, die dringend nach Lehrlingen suchen", sagt sie. Der Staat sollte diese Unternehmen unterstützen, die Geflüchteten eine Chance geben. Selbst wenn die zuletzt nicht bleiben könnten, wäre der Gewinn groß. "Wenn die zurückgehen, dann haben die was wirklich Wichtiges für sich mitgenommen, was sie in ihrem Land wieder brauchen könnten. Wenn sie nicht zurückgehen, brauchen wir die Handwerker auch hier."