Hektisches Getümmel auf der Bühne in der Stadthalle. Bemalte Kartons liegen verteilt auf dem Boden. Zusammengesetzt sollen sie ein Bild ergeben. „Heb' die oberste Kiste runter!", ruft RNG-Lehrerin Kerstin Zeiß ihrem Kollegen Jochen Brandt zu. Blöd nur, dass der eine blickdichte Taucherbrille aufhat. Beide Arme nach vorne ausgestreckt greift er beherzt zu und erwischt... nichts. Auf der anderen Seite der Bühne beim Schüler-Team sieht es deutlich besser aus. Ein Karton fehlt noch, um das Bild mit dem lachenden Gesicht komplett zu machen.
Es ist kurz vor 22 Uhr. Das Finalspiel bei der Quiz-Show „Lehrer gegen Schüler". Und für beide Seiten geht es um mehr als nur den Sieg. Es geht um die Ehre und vor allem für die Schüler ist es die einmalige Möglichkeit, es den Lehrern zu beweisen. Weitere Motivation ist das Geld, das die Teams bei jedem Spiel und jeder Fragerunde erspielen können. Das Hospiz am Engelberg, Netzwerk Asyl oder ein Waisenhaus in Kambodscha: Jedes Team hat sich eine soziale Einrichtung ausgesucht. Insgesamt sind 5445 Euro im Pott, teils von Sponsoren, teils eingenommen durch den Imbissverkauf in der Show-Pause.
Aus Doktor-Kittel wird Doktor-Titel
Frederik Braunmiller, Fabia Bayer und Anna Godhoff vom Schüler-Team „Größer als Groß" - eine Anspielung auf den Lehrer-Gegner Christoph Groß - tragen weiße Kittel. Auf dem Rücken die Aufschrift „Doktor-Kittel", aus dem „Kittel" haben sie mit Rotstift ein „Titel" gemacht. Für Bescheidenheit ist an diesem Abend kein Platz. Schließlich verteidigen sie heute die Würde aller Schüler des RNGs. Nach drei Vorrunden Schüler gegen Lehrer hat es das Team ins Finale geschafft. Bis dahin galt es jedoch einige Hürden zu überwinden.
Wie alle Teilnehmer wussten sie nicht, was in der Quiz-Show auf sie zukommt. „Die letzten drei Tage haben wir noch Bundeskanzler oder Hauptstädte gelernt", sagt die 17-jährige Fabia. Außerdem hat jeder der drei ein Spezialgebiet. Leonardo da Vinci fällt in keines davon. Und so blicken „Größer als Groß" in der Vorrunde etwas ratlos auf die Projektions-Leinwand. „Was erfand Leonardo da Vinci?" Vier Antwortmöglichkeiten stehen zur Wahl. Kein Fifty-Fifty- oder Publikumsjoker in Sicht. Dem kurzen Getuschel folgt eine ziemlich plausible Erklärung. „Wir raten begründet und nehmen chiaroscuro", sagt Fabia ins Mikro. Die Antwort „sfumato" leuchtet grün auf - eine Öl-Maltechnik. „Aber immerhin schön erklärt", folgt sogleich die Stichelei von Lehrer-Seite.
Sticheleien zwischen Lehrern und Schülern
Seitenhiebe auf der Bühne: an diesem Abend ein Muss. Besonders zwischen Schülerin und Moderatorin des Events Abina Sutharsan und ihrem Co-Moderator Michael Roth, stellvertretender Schulleiter. So weist Roth die Schiedsrichter an: „Bei den Schülern bitte ganz genau gucken, ob gespickt wird." „Wollen wir doch mal sehen, wer das am Ende nötig hat", kontert Abina Sutharsan. Klar, dass auch bei den Spielen ein bisschen gegen die Lehrer gestichelt wird. „Reden wie Lehrer - keiner versteht's" lautet zum Beispiel ein Spiel, bei dem Begriffe pantomimisch dargestellt werden müssen.
Die Idee für die Quiz-Show hatte Abina Sutharsan. Bereits im September begann sie mit der Sponsorensuche. Die Vorbereitungen laufen seit Januar. Mit einem siebenköpfigen Team bereitete Abina Fragen und Spiele vor. Abinas Wunsch: „Natürlich sollen die Schüler gewinnen. Da bin ich parteiisch!"
Schüler sind eben einfach besser als Lehrer
Als Frederik unter hektischen Ansagen seiner Teamkollegen den letzten Karton auf die restlichen setzt, geht Abinas Wunsch in Erfüllung. Die quälende Frage ist ein für alle Mal geklärt: Schüler sind eben einfach besser als Lehrer. Von diesem Sieg profitieren nicht nur die Schüler, sondern auch das Netzwerk Asyl. 2754 Euro hat das Schüler-Team für die Flüchtlinge erspielt. Vor allem für Freizeitaktivitäten soll das Geld ausgegeben werden. Siegfried Spangenberg vom Netzwerk ist gerührt: „Ihr habt dazu beigetragen, das jetzt schon gute Klima in Wangen gegenüber Flüchtlingen zu verbessern." Genau das war den dreien ein Anliegen: „In Zeiten von Pegida ist es uns wichtig, ein Zeichen zu setzen", sagt Anna Godhoff.
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