Aalen - Sie zittern mit ihrer Mannschaft, freuen sich in guten Zeiten und leiden mit, wenn es mal nicht so läuft. Die Fußballdrittliga-Saison ist am Samstag nicht nur für die VfR-Spieler zu Ende gegangen, sondern auch für ihre Fans. Ein guter Anlass, um die VfR Aalen-Anhänger einmal zu Wort kommen zu lassen.
Wer es nicht weiß, würde es auf den ersten Blick auch nicht erkennen: Andi Görnemann, Frank Scheuermann und Günter Liebhäuser sind eingefleischte VfR-Fans. Die T-Shirts mit dem VfR-Wappen auf der Brust verstecken sich an diesem kühlen Samstag aber unter ihren Pullis. „Fankleidung hin oder her, wir tragen den VfR sowieso im Herzen“, sagt Görnemann. Vor der Partie gegen Werder Bremen II treffen sich die drei ein letztes Mal in ihrer Stammkneipe „Alter Hobel“ zur Taktikbesprechung. „Das ist so ein Ritual bei uns“, erzählt der 52-jährige Görnemann. Ein Ritual, das in der spielfreien Zeit ganz schön fehlen wird. „Saure-Gurken-Zeit“, nennt Scheuermann die Monate, die jetzt auf die Fans zukommen. Die anstehende Fußball-EM ist da nur ein kleiner Trost.
Frauen erholen sich zeitgleich
Seit über zehn Jahren sind Görnemann und Scheuermann Dauerkartenbesitzer. Ihre zweite Heimat: die Plätze in der fünften Reihe, Höhe Mittellinie. „Von da aus kann man ganz gut Einfluss nehmen“, scherzt Görnemann. Und was machen eigentlich die Frauen, wenn’s für die Herren zum VfR geht? „Die erholen sich von uns“, so Scheuermann mit einem Lachen. „Nein, im Ernst: unsere Frauen wissen, dass das zu unserem Leben dazugehört.“
Ähnlich ist das bei Michael Gäußler. Bei jedem Heimspiel zittern er und seine Familie in der Scholz-Arena mit. Jüngstes Mitglied im Familien-Fanclub: der zweijähriger Matyáš. Das schwarz-weiße Trikot bis zu den Knöcheln wartet er gemeinsam mit seinem Vater an diesem Samstag auf den Anpfiff. „Er ist quasi hier in der Scholz-Arena groß geworden“, sagt Gäußler. Der 43-Jährige selbst ist erst durch den Aufstieg in die zweite Liga zum VfR-Fan geworden – aber seiner Mannschaft nach dem Abstieg treu geblieben. Die anstehende Spielpause nimmt er gelassen: „Im Prinzip ist das jetzt auch für mich eine Pause nach zehn Monaten, in denen ich alle zwei Wochen mit meiner Familie im Stadion war“, sagt er und läuft Sohn Matyáš hinterher, der sich gerade in Richtung Spielfeld aufgemacht hat.
Die spielfreie Zeit als Erholungspause: Für Carola Strobel wäre das nicht nötig. Ausgerüstet mit Schal und Fahne wartet die 20-Jährige in ihrem Rollstuhl auf das letzte Saison-Spiel. „Es wird ganz schön was fehlen in den kommenden Monaten“, sagt sie. Zum Fan wurde die Auszubildende durch den ehemaligen VfR-Spieler Fabio Kaufmann (heute Energie Cottbus). „Ich habe ihn damals in der Reha in Ulm kennengelernt, als er dort sein freiwilliges soziales Jahr gemacht hat“, erzählt sie. Das letzte Spiel der Saison ist für Strobel und die anderen Rollstuhlfahrer dieses Jahr etwas ganz Besonderes. Denn es ist das erste, das sie alle gemeinsam als offizieller „Aalener Rolli-Fanclub“ ansehen. (siehe Extrabericht)
In einem Verein sind Andi Görnemann, Frank Scheuermann und Günter Liebhäuser zwar nicht organisiert, die Kameradschaft wird bei ihnen aber trotzdem groß geschrieben. „Der Fußball ist der eine Part, aber das Beisammensein ist mindestens genauso viel wert“, so Görnemann. Wie groß die Liebe zum Verein ist, hat er vor circa einem Jahr bewiesen. Um den VfR – damals noch in der 2. Liga – zu unterstützen, radelte er drei Tage lang 500 Kilometer zum Auswärtsspiel nach Düsseldorf. Dass der VfR trotzdem abgestiegen ist, tut der Treue zum Verein keinen Abbruch. Denn genau das macht das Fan-Dasein für Görnemann aus: „Man muss zum Verein stehen, auch wenn’s mal nicht läuft. Erfolgs-Fans gibt es genug.“
Der Wunsch für die nächste Saison ist klar: „Es wäre schön, wenn wir nicht so viel zittern müssten und der Klassenerhalt schon früher gesichert ist“, sagt Scheuermann. Und wenn nicht? „Auch gut. Wir würden sogar zum VfR gehen, wenn sie in der Kreisliga B spielen würden.“ Na, wenn das keine wahre VfR-Liebe ist...
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