Der Sozialforscher Olaf Groh-Samberg sagt, in der Pandemie sehe man das große Potenzial des deutschen Gemeinwesens. Es komme nicht darauf an, dass alle die gleiche Meinung haben.
SPIEGEL: Herr Professor Groh-Samberg, wie würden Sie den momentanen Zustand der Gesellschaft beschreiben?
Groh-Samberg: Wir haben eine zunehmend polarisierte und gespaltene Gesellschaft. In den vergangenen Jahren und Jahrzehnten haben sich vor allem zwei Pole entwickelt, die immer weiter auseinanderdriften. Der eine besteht aus der akademisch gebildeten Mittel- und Oberschicht – Kosmopoliten mit hohem Einkommen und guten Jobs, gebildet, tolerant, offen. Der andere Pol ist deutlich diffuser. Dort findet man nicht einfach nur Menschen, die wirtschaftlich abgehängt sind, sondern beispielsweise auch Kleinbürger aus der Mittelschicht oder konservative Eliten.
SPIEGEL: Und zwischen diesen beiden Polen?
Groh-Samberg: Es wäre zu einfach, nur zwei Lager zu sehen. Es gibt viele unterschiedliche Gruppen, auch in der Mitte der Gesellschaft. Das Besondere daran: Meistens wissen die Menschen nur ganz wenig über die Personen aus anderen gesellschaftlichen Gruppen, weil man sich im Alltag kaum begegnet. Man ist isoliert in seinem Stadtteil, seiner Schule, seinem Freundeskreis, seinem Arbeitsumfeld.
SPIEGEL: Zugleich wird der gesellschaftliche Zusammenhalt ständig beschworen.
Groh-Samberg: Ja, in den vergangenen Jahren hat sich unsere Einstellung geändert: Der gesellschaftliche Zusammenhalt ist zu einem Leitwert für uns geworden. Wir beschwören ihn immer mehr, weil wir das Gefühl haben, dass er wichtiger wird, aber bedroht ist oder schwindet.
Mit einem Klick auf "Zum Original" können Sie das gesamte Interview lesen.