Christian Volk

ZDF-Reporter und Redakteur, Mainz

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"Da sind Familien zerbrochen" - DER SPIEGEL

In Gefängnissen herrschen wegen der Pandemie Kontakt- und Besuchsverbote. Die Aggressionen unter den Häftlingen nehmen zu.

Mitte Mai stand der Gefangene Maik Neumann(*) in der Justizvollzugsanstalt Straubing in Ostbayern und traute seinen Augen nicht. Er und Dutzende andere Häftlinge drängten sich um einen Aushang der JVA. "Zum Besuch kann immer nur eine Person zugelassen werden" stand darauf. Und: Der Besuch dürfe maximal eine Stunde dauern – einmal im Monat. Neumann wurde wütend, so erzählt er es heute.

Zu dieser Zeit war Neumann, 50, bereits zehn Wochen von der Außenwelt vollständig abgeschnitten. Genau wie seine etwa 700 Mithäftlinge durfte er wegen der strengen Corona-Beschränkungen keinen Besuch mehr empfangen. Nun also verkündete der Aushang eine Lockerung, doch für Neumann war das viel zu wenig.

"Das belastet die Psyche vieler Häftlinge", erzählt Neumann bei einem Besuchstermin in der JVA. Die Atmosphäre im Gefängnis sei angespannt. Zuerst seien es vermehrt Schimpfwörter gewesen, später habe es zunehmend Handgreiflichkeiten gegeben. "Auch ich wurde körperlich angegriffen", erzählt Neumann. "So etwas habe ich in all den Jahren noch nie erlebt." Er sitzt seit mehr als zwei Jahrzehnten in Haft. Die aktuelle Situation setze ihm zu, er sei depressiv geworden.

Es gibt viele Leidtragende der Corona-Beschränkungen. Schüler und ihre Eltern, Alte, Pflegebedürftige und ihre Angehörigen. Aber eben auch jene, die ohnehin weitgehend isoliert sind. Streicht man Häftlingen die letzten Kontaktmöglichkeiten, hat das erhebliche Auswirkungen.

Manuel Matzke kann davon berichten, er ist Sprecher der Gefangenengewerkschaft GG/BO. Seit Ende März steht sein Handy nicht mehr still. "Bei uns haben sich in den ersten Wochen nach dem Lockdown 80 bis 100 Leute am Tag gemeldet", sagt Matzke. Angehörige und Gefangene hätten wegen der Besuchsverbote nicht gewusst, wann sie sich wiedersehen. "Da sind Familien zerbrochen."



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