Raus aus dem Flieger, rein in die nach acht Stunden Flug nicht enden wollende Schlange. Zur Wasauchimmer-Kontrolle mit starkem Trinkgeldwunsch. Zum Einreiseschalter mit Geschenkeorientierung. Und zum Geldwechselbüro namens „Probieren wird man es wohl dürfen!". Mit drei Schlägen waren wir in einer anderen Welt gelandet.
In eine andere Welt werden wir auch am nächsten Tag sofort reinbeutelt - als Ehrengäste in einer Kirche, von denen es hier in Ghana nur so wimmelt. Was damit zu erklären ist, dass während der Kolonialzeit zahlreiche Kirchen an der Missionierung beteiligt waren.
Mulmig fühlt sich das an, wie wir 22 frisch gelandete EuropäerInnen die Plätze hinter dem Altar einnehmen mit Blick auf die bunte Menge der KirchenbesucherInnen. So soll es doch nicht sein als Fair-Reisende, hämmert es in meinem Kopf. „Halleluja" schallt es mir vom schlichten Kirchenraum entgegen. Was wird man sich ob dieser Erhöhung denken! „A-a-a-men" ist die fröhliche Antwort. Wie kolonial ist das denn? Da schneien wir gerade ins Land und sitzen schon auf der Loge. Klatschklatsch wird mein sorgenvoller Gedankenkreis lautstark unterbrochen. Und langsam erlaube ich mir aufzublicken, in die Gesichter zu blicken, und was sehe ich da? Pure Freude. Sie reißt mich aus meiner professionell fair-reisenden Problemtrance und nun genieße ich, was ich erlebe: Frauen, die mit einer Selbstverständlichkeit ihre Körper bewohnen, ob alt oder jung, ob zart oder üppig. Stolz stellen sie sich in ihren bunten, eng sitzenden Gewänder zur Schau.
Wie um alles in der Welt konnte ich nur glauben, dass hier nur aufgrund von Sitzpositionen ein Ungleichgewicht entstehen kann! Diese Menschen, vor allem die Frauen nehmen mit einem Selbstbewusstsein ihre Positionen ein, komme was da wolle. Und seien es 22 gerade gelandete EuropäerInnen auf Ehrenplätzen. Am Ende klatschen und tanzen wir mit ihnen, denn die Messe ist hier eine fröhliche lebendige Feier. Und nachdem wir eine Stunde lang mit mehr oder weniger schlechtem Gewissen Fotos geschossen haben, werden wir aufgefordert, uns für ein Foto in Pose zu stellen. Mit einer wunderschönen Ghanaerin neben mir kann ich nur hoffen, dass meine Mitreisenden den Anstand haben werden, alle dazu auftauchenden Fotos umgehend zu vernichten. Das ist nun der Moment, wo ich nicht länger Fair-Reisende sein kann. Frank und frei verfluche ich nun die Tatsache, dass die Dusche in der Früh nur tröpfchenweise funktioniert hat und an Haarewaschen nicht zu denken gewesen ist.