1 Abo und 1 Abonnent
Artikel

Ryanair-Handgepäck-Regeln: Warum strenger besser ist

Neue Handgepäck-Regeln bei Ryanair: plötzlich Platz im Gepäckfach. (Foto: Imago)

Neue Gepäckbestimmungen bei Ryanair sorgen für Ärger


Es ist Anfang November. Seit ein paar Tagen gelten bei dem irischen Billigflieger die neuen Regeln fürs Handgepäck. Der klassische Rollkoffer kostet nun extra, kostenlos fliegen nur noch eine Handtasche, eine Laptoptasche oder ein kleiner Rucksack mit. Wer nicht auf den Trolley verzichten will, zahlt drauf: sechs bis acht Euro.

 

Viele Kunden reagieren wütend auf die strengeren Vorgaben. „Wer verlangt, dass Bordgepäck in Größe eines Schuhkartons das Maximum in der Kabine darstellt, hat gehörig einen an der Waffel“, schreibt etwa ein Nutzer im Forum von „Spiegel Online“. Ein anderer wirft Ryanair vor, mit allem Geld machen zu wollen: „Fehlt noch die Toilettennutzungsgebühr, diese eventuell gestaffelt nach dem Verbrauch von Toilettenpapier.“

 

+++ Wie viel verdient ein Ryanair-Pilot? +++

 

Auch ich bin erstmal genervt, als ich von den neuen Regeln erfahre. Wie viele andere hatte ich meinen Reisetrolley, der mit 55 x 40 x 20 Zentimetern die alten Maße erfüllte, als treuen Reisebegleiter lieb gewonnen. Aber diese Zeit ist jetzt vorbei. Der Trolley bleibt unterm Bett liegen und ich quetsche Klamotten, Laptop und ein paar 100-ml-Fläschchen in einen kleinen Rucksack. Schleppen statt schieben also.

 

httpsorangehandelsblattcomwp-contentuploads201808orange-whatsapp-760x201jpg

Zurück zum Gate. Vor dem Priority-Schild hat sich eine ungewöhnlich lange Schlange gebildet. Alle, die dort anstehen, ziehen einen Trolley hinter sich her oder haben zumindest eine größere Tasche dabei. Die Priority & 2 Handgepäcksstücke-Option kostet sechs Euro mehr. Laut Ryanair ist dieses Angebot aber begrenzt und kann daher schnell ausverkauft sein. Macht Sinn, denn wenn jeder nun die Priority-Option bucht, hat Ryanair dasselbe Problem wie vorher: zu viele Koffer und zu wenig Platz.

 

Ryanair ist strenger beim Handgepäck als Eurowings. Der Flug ist angenehmer.

Im Flieger angekommen erwartet mich dann aber eine große Überraschung. Passagiere, die gelassen nach ihren Plätzen suchen. Priority-Kunden, die zufrieden dreinblicken, weil sie nicht um einen Platz im Gepäckfach kämpfen mussten. Stewards, die entspannt lächeln und jeden Gast freundlich begrüßen. Es fühlt sich an wie in einem von Ryanairs Werbefilmen, in denen alles zu perfekt scheint, um wahr zu sein. Low fares. Made simple.

Entspanntes Fliegen kann also doch einfach sein. Beweist Ryanair mit seinen neuen Gepäckbestimmungen. Und apropos low fares. Wenn der Flug regulär nur 25 Euro kostet, sollte man sich meiner Meinung nach nicht über sechs Euro extra beschweren. Damit ist der Preis immer noch sagenhaft billig, zumal Zugverbindungen oftmals das dreifache kosten.

 

+++ So viel verdient Ryanair an einem Fluggast +++

 

Ich mache den Vergleich und hebe wenige Wochen später mit der Lufthansa-Tochter Eurowings ab. Die Airline erlaubt im Gegensatz zu Ryanair zwei Gepäckstücke an Bord. Schon am Schalter ist das Drama groß. Einzelnen Koffern verpassen die Mitarbeiter gelbe Zettel. Sie müssen in den Frachtraum. „Auf keinen Fall!“, rufen einige Passagiere und protestieren.

 

An Bord sinkt die Stimmung in den Minusbereich. Bei den vielen Koffern, Taschen und Menschen ist ein Durchkommen unmöglich. Nichts ist unmöglich, denken sich aber manche Passagiere und versuchen sogar noch in dem ganzen Chaos die Plätze zu tauschen. Ich bekomme mehrere Ellenbogen in die Seite, bin zwischen zwei Bierbäuchen eingequetscht und habe eine haarige Achsel vorm Gesicht.

 

Fazit: Ryanair hat mit seinen strengeren Handgebäck-Bestimmungen einen Erfolg gelandet

Die Fächer über den Sitzen sind zugestopft. Die Stewards lächeln schon längst nicht mehr und versuchen, jede noch so kleine Lücke zu nutzen. Hier ziehen sie noch eine Jacke raus, da drehen sie noch einen Koffer um. So sieht Tetris im wahren Leben also aus.

 

+++ Hier bekommst du Orange kostenlos per Whatsapp! +++

 

Am Ende dienen die leergebliebenen Plätze als Stauraum, große Taschen landen im Fußbereich und rauben den Passagieren das letzte Bisschen Beinfreiheit. 45 Minuten zu spät und mit einer mies gelaunten Crew starten wir in Richtung Deutschland. Danke, Eurowings. Ich bin wieder urlaubsreif.

 

Bild auf Twitter anzeigen

Bild auf Twitter anzeigen

 

Mein Fazit: Mein Rucksack und ich sind auf der Reise gute Freunde geworden. In überfüllten Bussen und auf kaputten Straßen macht ein Rucksack sowieso viel mehr Spaß als ein Trolley. Für ein paar Tage reicht das Mini-Handgepäck von Ryanair auf jeden Fall aus. Wenn es mal länger weggeht oder Winterpullis ins Gepäck müssen, bin ich gerne bereit, sechs Euro für die Priority-Option zu zahlen. Aber mir die Urlaubslaune schon vor dem Abflug vermiesen lassen? Garantiert nie wieder!

Zum Original