Carlott Bru

Freie Journalistin, Autorin und Creative – Berlin

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Kommentar – Haarspange: Alles im Griff

ZEIT Magazin Online

Lange gesucht und endlich gefunden: In der Serie "Ode an ein Ding" feiern wir jede Woche völlig subjektiv ein Produkt. Dieser Artikel ist Teil von ZEIT am Wochenende, Ausgabe 03/2023.

Meine Haarspange ist aufgeräumte Weiblichkeit in einem Stück Bio-Acetat. Sie ist eine von denen, die sich an Haare und Herz klammern. Nach ihr habe ich zehn Jahre lang gesucht, angefangen mit pickeligem Gesicht und strähnigen Haaren. Denn mit jeder Vorgängerin hat etwas nicht gestimmt.

Die erste Spange war eigentlich nur ein Workaround, weil ich in der Klasse 7c eine von vielen sein wollte und mir einen schrägen Pony schneiden ließ. Ich konnte nichts sehen, die Friseurin hatte mich gewarnt. In meiner Not griff ich zur Spange meiner Mutter. Schildpattoptik, omamäßig, null kompatibel mit dem Punkstyle, den ich damals verkörpern wollte. Außerdem war sie viel zu groß für meinen Kinderkopf und ziepte. Ich hasste sie und fühlte mich, als hätte sich eine Vogelspinne auf meinem Kopf festgekrallt.

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Meine Mutter kauft ihre Spangen in der Drogerie. Preis-Leistungs-Verhältnis solide, beständige Hässlichkeit für 3,99 Euro. Funktionalität vor Form. In ihrem Fall: Praktikabilität, aufgezwungen vom Leben (drei Kinder, Vollzeitjob, Haushalt). Diese Art von Spangen zerbrechen schnell und sind ebenso schnell ersetzbar.

Und doch lernte ich die Spangen zu lieben: mit 17, als jedes Haar im Mund beim ersten Sex zu peinlichen Verzögerungen im Akt geführt hat. Als ich mit 18 meine Abiprüfungen schrieb und auf der Innenseite einen Spickzettel ankleben konnte (den ich natürlich nicht benutzte). Als ich mit 19 nach Berlin zog und Möbel in den dritten Stock schleppen musste.

Sie hielten mein Leben zusammen und meine Haare aus dem Gesicht. Besser als jedes Haargummi: weniger Haarbruch, mehr Volumen und nach ein paar Stunden kein unschöner Knick in der Frisur.

Aber alle Haarklammern zerbrachen irgendwann. Manche schmiss ich weg, weil sie ihren Zweck nicht erfüllten und meine Haare immer wieder aus der Umklammerung rutschten. Eine besonders große Enttäuschung erlebte ich mit der Spange, die beim ersten Runterfallen direkt zwei Zähne verlor. Mit jeder Spange zerbrach mein Seelenfrieden. Erst vor einem halben Jahr fand ich die Richtige. Sie ist stabiler (Bio-Acetat statt Harz), hält hervorragend, ohne zu ziepen und ohne Kopfschmerzen. Und noch dazu sieht sie gut aus.

Sie ist von Kauf Dich Glücklich und macht mich tatsächlich glücklich: Model Ebba, schwarz-weiß kariert, 14,99 Euro, jeden Cent wert. Sie ist freizeitparkgetestet, saunarobust und rostfrei. Es passen alle Haare rein zur Hochsteckfrisur, aber auch nur die obere Partie, für den " hands-on"-Look. Wenn ich das Haus verlasse, sind alle Frisursorgen passé. Sie harmoniert immer, ist kombinierbar mit jedem meiner bunten Outfits und allen Lebenssituationen. Heute ist mein Innerstes geordnet, wie das Schachbrettmuster auf Ebba.

Alle empfohlenen Produkte wurden von den Autorinnen und Autoren selbst gekauft und sind in vielen Fällen schon lange in Gebrauch.

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