Man muss kein großer Cohen-Kenner sein, um seinen Hit „So long, Marianne" mitsummen zu können: ein bittersüßer Song über eine gescheiterte Liebe, von der sich Cohen mit einem weinenden und einem lachenden Auge verabschiedet.
Ende Juli dieses Jahres kam dann die traurige Nachricht, dass ebendiese Marianne Ihlen, Cohens Muse und Liebe in den 1960er Jahren, gestorben ist. Cohen hatte ihr kurz vor ihrem Tod noch einen Brief geschrieben, der in jeder Hinsicht wie ein Abschied klingt - auch vom eigenen Leben: „Diese Zeit ist gekommen, in der wir wirklich alt sind, unsere Körper zerfallen und ich denke, ich werde dir sehr bald folgen."
Cohen ist im September 82 geworden. Er blickt auf ein bewegtes Leben zurück - und scheut auch nicht den Blick nach vorn, wo ihn, irgendwann, das Ende erwartet. Der Tod und die Auseinandersetzung damit ist eines der Hauptmotive auf seinem neuen Album „You Want It Darker". Schon auf dem Titelstück offenbart sich Cohen: „Hineni, hineni - I'm ready, my lord". Hineni bedeutet auf Hebräisch: „Hier bin ich" - es braucht keine große Interpretationsleistung, um daraus Cohens bedingungslose Abgabe jeglicher Kontrolle über sein Lebensende an irgendetwas Höheres, das über ihn bestimmt, zu lesen. Nun ist es nicht so, dass der Tod urplötzlich eine Rolle in Cohens Werk spielt. Es gab das Stück „Going Home" auf seinem vorletzten Album von 2012: „Going home to where it's better than before". Und es gab, schon sehr viel früher, als er noch nicht einmal im eigentlichen Sinne alt war, „If it be your will": „If it be your will, that I speak no more". So einfach ist es eben nicht bei Cohen. Er ist nicht der Mann für eindeutige Messages. Zu ambivalent sind seine Texte, zu unklar, ob es nun wirklich ein monotheistischer Gott ist, dem er sich hingibt - immerhin hat der jüdische Cohen in den 1990er Jahren in einem buddhistischen Kloster gelebt. So kann auch sein neues Album nicht zweifelsfrei als Abschiedsalbum gelabelt werden. Doch es handelt ganz klar von vergangenen Zeiten und verflossenen Liebschaften, immer mit einer Prise seiner subtilen, weisen Humors. „I'm not alone/I've met a few/Traveling light like/we used to do" singt er in seiner im Alter immer tiefer gewordenen, dennoch nuancenreichen Stimme auf „Traveling light". Musikalisch geht es mit elektronischen Beats mal poppig, mit Kirchenchören schwer und getragen, mit Violinen und zittrigen Gitarren dann wieder sehnsuchtsvoll zu.
Seine Fans werden jetzt unruhig: Geht er nochmal auf Tournee? Ach, Leonard, es wäre so schön!