Das Fazit der „New York Times"-Journalistin Jane Coaston zum Ausgang der Zwischenwahlen in den USA klingt so: „Die Demokraten hatten einen besseren Abend, als viele Demokraten erwartet hatten." Das mag wahr sein, doch sowohl Demokraten als auch Republikaner mussten herbe Rückschläge einstecken.
Eine knappe Mehrheit ist für die Republikaner eben auch nur eine knappe Mehrheit. Die Vorstellung, mit einer nur um Haaresbreite erlangten Mehrheit den US-Kongress zu regieren, dämpft die Vorfreude in den republikanischen Reihen.
Auch die Demokraten mussten viele Hoffnungen, die sie bis zuletzt hatten, endgültig begraben. Doch die US-Medien sind sich über einen Verlierer ausnahmslos einig. Eine Übersicht.
„Trumpty Dumpty - Don, der doch keine Mauer bauen konnte, hatte einen großen Fall", titelt die konservative Boulevardzeitung „New York Post" am Donnerstag über Donald Trump und spielt damit auf die einstige Grenzpolitik des ehemaligen Präsidenten an.
Dass ein so einflussreiches konservatives Medium seinen früheren politischen Favoriten so verspottet, ist für die renommierte Journalistin und Trump-Biografin Maggie Haberman „ein ziemlich krasser Wendepunkt".
Empfohlener redaktioneller InhaltAn dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.
Externen Inhalt anzeigen
Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.
Wenn nach den Midterms etwas schnell klar war, dann die einmütige Kür von Trump zum großen Verlierer, zum größten sogar: „The biggest Loser", wie die „New York Times" titelt und die Late-Night-Shows witzeln.
Um Trumps Niederlage zu verstehen, muss man vor allem nach Florida schauen, wo der Republikaner Ron DeSantis erneut zum Gouverneur gewählt wurde. Und zwar mit einem triumphalen Vorsprung von 20 Prozentpunkten vor seinem demokratischen Herausforderer.
Für den Republikaner muss es eine gute Nacht gewesen sein, vermutet Ross Douthat, Kolumnist der „New York Times", im hauseigenen Podcast. „Die Nacht hätte für DeSantis Ambitionen, eines Tages die Vereinigten Staaten von Amerika zu regieren, nicht besser laufen können." Der Höhenflug des Republikaners in Florida sei die „rote Welle", welche viele Menschen erwartet hätten.
Angesichts diesen Höhenflugs dürfte Donald Trump schlecht oder gar nicht geschlafen haben. „Wenn du genau hinhörst, Jane, ist da das Geräusch von Donald Trump, der aufgewacht ist und mit den Zähnen über das Ergebnis von DeSantis knirscht", scherzt Michelle Cottle von der „New York Times" im Podcast mit der Kollegin Jane Coaston. Diese ergänzt: „Er kann den Gedanken nicht ertragen, dass ihn jemand herausfordert, weil er Ron DeSantis als seine Kreatur betrachtet."
„Nie war Trump schwächer" Kein „roter Tsunami" - wie geht es weiter für die Republikaner?
Die Tage als Heilsbringer der Republikaner scheinen für Trump vorbei. Der neue könnte DeSantis sein, den Trump selbst gefördert hat. Sollte DeSantis bei der Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr für die Republikaner antreten wollen, wäre Trump wohl sein parteiinterner Rivale.
„Ich weiß nicht, ob er kandidiert. Ich denke, wenn er kandidiert, könnte er sich selbst sehr schaden ", sagte Trump bei „Fox News". „Ich denke, er würde einen Fehler machen, ich glaube nicht, dass es gut für die Partei wäre."
Bei „Fox News" selbst, einem sehr konservativen Sender, scheint das Urteil bereits gefällt zu sein. „Ron DeSantis ist der neue Parteichef der Republikaner", schreibt Kommentatorin Liz Peek unmissverständlich zu dem Ausgang der Zwischenwahlen und prognostiziert: „Die Republikaner sind bereit, ohne Donald Trump weiterzumachen"
Im Vergleich zu Trump sind die Midterms für Kevin McCarthy ein wohl milderer Rückschlag. Dennoch kam es auch für den derzeitigen republikanischen Minderheitsführer im Repräsentantenhaus nicht so wie erhofft. „Wenn Sie morgen aufwachen, werden wir die Mehrheit haben und Nancy Pelosi wird in der Minderheit sein", prophezeite McCarthy in einer Rede am Mittwoch kurz nach 2 Uhr morgens.
Doch ganz so kam es dann nicht. Zwar hat McCarthy mit den Republikanern die Mehrheit des Repräsentantenhauses fast sicher erreicht, doch von einem haushohen Sieg kann nicht die Rede sein.
Das erfüllt die Republikaner mit Sorge. Mit dem knappen Sieg wird die Arbeit im polarisierten US-Kongress nicht einfach. Und McCarthy , der wieder in die Führungsposition will, droht auch in der Partei Ungemach. Laut internen Quellen, auf die sich der Sender „CNN" beruft, könnte eine rechte Gruppe der Republikaner seine Kandidatur erschweren.
Er sollte es sein. Das Gesicht eines Sieges der Demokratischen Partei in Texas. Auch nach zwei vorherigen Niederlagen setzten die Demokraten alle Hoffnungen auf Beto O'Rourke, der seine politische Karriere als Kongressabgeordneter in seiner Heimatstadt El Paso begann und es schnell verstand, mit gelassener Rhetorik und persönlichem Charme Menschen von sich zu überzeugen. Nicht genug, wie nun mit seiner dritten Niederlage binnen vier Jahren klar geworden ist.
„Ich bin am Boden zerstört. Ich kann nicht glauben, dass dies das Endergebnis ist. Sie waren unsere letzte Hoffnung. Ich werde Texas verlassen. Danke, dass Sie mit uns und für uns gekämpft haben", schreibt ein Twitter-User unter ein von O'Rourke geteiltes Video seiner Rede am Dienstagabend.
In der sprach der Demokrat von seiner Vorstellung eines Texas, „in dem jede Frau ihre eigenen Entscheidungen über ihren Körper trifft", in dem „Kinder keine Angst haben müssen, in die Schule zu gehen und in ihrem Klassenzimmer erschossen zu werden" und in dem die Menschen „frei und gesund genug" sind, um ihr Potenzial zu entfalten.
Empfohlener redaktioneller InhaltAn dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.
Externen Inhalt anzeigen
Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.
Noch ist ungewiss, wie die politische Karriere des Texaners weitergehen wird. O'Rourke jedenfalls spricht davon, dass er seinen Traum von einem anderen Texas weiterhin verfolgen wolle. „Ich weiß nicht, auf welchem Weg und in welcher Rolle. Aber der Weg geht nach vorne", twitterte er.
Stacey Abrams ging in die US-Geschichte ein, als sie 2018 als erste schwarze Frau in den USA für eine große Partei in das Rennen um ein Gouverneursamt ging. Damals erhielt sie Zuspruch und Unterstützung vom seinerzeitigen US-Präsidenten Barack Obama.
Sie verlor die Wahl in Georgia 2018 gegen den republikanischen Gouverneur Brian Kemp. Vier Jahre später nun unterlag sie ihm erneut.
Wir stehen nach wie vor zu unseren Werten. Ob wir das nun vom Gouverneurspalast aus tun oder auf der Straße.
Stacey AbramsNach ihrer Niederlage hielt sie eine flammende Rede vor der applaudierenden Menge. „Wir haben es vielleicht nicht bis zur Ziellinie geschafft, aber wir sind dieses Rennen gelaufen und wir kennen das Tempo, und wir wissen, dass es auf Haltung ankommt", sagte Abrams. „Wir stehen nach wie vor zu unseren Werten. Ob wir das nun vom Gouverneurspalast aus tun oder auf der Straße".
Donald Trump dürfte nicht der Einzige gewesen sein, dem die Glanzstunde von Ron DeSantis in Florida nicht wohl bekommen ist. Der haushohe Sieg des Republikaners mit dem größten Vorsprung in einer Gouverneurswahl in dem US-Bundesstaat seit 40 Jahren fügte dem Demokraten Charlie Crist, der von 2007 bis 2011 Gouverneur in Florida war, eine ebenso krachende Niederlage zu.
Vor knapp zwölf Jahren wechselte der einstige Republikaner Crist die Partei, aber auch das hat ihm nicht zum ganz großen Karrieresprung verholfen.
In Pennsylvania verlor der Republikaner Doug Mastriano das Rennen um das Amt des nächsten Gouverneurs gegen den Demokraten Josh Shapiro, den Generalstaatsanwalt des Bundesstaats.
Mastrianos Kandidatur war ideologisch ähnlich gefärbt wie einst die seines Unterstützers Donald Trump. Und so wie Trump behauptet auch Mastriano, die Präsidentschaftswahl im Jahr 2020 sei manipuliert worden.
Sein bisheriger politischer Kurs und auch sein Wahlkampf waren geprägt von christlichem Nationalismus, Verschwörungstheorien bezüglich Corona sowie allgemeiner Skepsis gegenüber Mainstream-Medien. Damit setzte Mastriano offenbar aufs falsche Pferd. Er unterlag Shapiro, der die Wahl mit 54,6 Prozent gewann
Auch für die demokratische Abgeordnete Elaine Luria, eine ehemalige Offizierin, ging der Wahlabend in Virginia nicht wie erhofft aus. Sie verlor ihren Sitz im Repräsentantenhaus an Jen Kiggans, einer Marineveteranin. Die Republikanerin gewann 52 Prozent der abgegebenen Stimmen.
Mehr zum Thema bei Tagesspiegel Plus Die „rote Welle", die nicht kam Das überschätzte republikanische Potenzial bei den Midterms Der US-Präsident nach den Midterms Wird Biden zur „lame duck" - oder ist er bereit zum Neustart? Unerwartet konservativ Der überraschende Erfolg der Republikaner bei Hispanics, Schwarzen und Frauen
„Der friedliche Übergang der Macht ist ein Eckpfeiler unserer Demokratie, und ich gratuliere Jen Kiggans zu ihrem Sieg und wünsche ihr viel Erfolg. Ich habe mein Team angewiesen so hilfreich wie möglich zu sein, um einen reibungslosen Übergang zu gewährleisten und weiterhin Dienstleistungen für die Wähler an der Küste Virginias anzubieten", schrieb Luria auf Twitter.
Trost kam aus dem Büro der demokratischen Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi. „Die Kongressabgeordnete Luria wird von ihren Kollegen im Kongress schmerzlich vermisst werden, aber wir sind zutiefst dankbar für ihren hervorragenden Dienst an unserer Nation", hieß es in einer Erklärung.
Zur Startseite