Bruno Angeli

Freier Journalist, Typograf und Publisher, Zürich

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Wo die Zeit geblieben ist

Die passionierte Downhill-Bikerin Laurie wird in «2 Seconds» gezwungen, ihre Karriere als Profisportlerin aufzugeben. Sie bleibt aber dem Bike treu und findet fortan ein Auskommen als Velokurierin.


Text: Bruno Angeli


In «2 Seconds» wird die Passion für das Velo greifbar und die Liebe zum Zweirad zelebriert. Geschafft hat dies die Filmemacherin Manon Briand. Anlass zum Film war «die Liebe zum Velo», wie sie sagt. Zudem sei ihr das Verhältnis der Menschen zum Phänomen der Zeit ein Anliegen. Man kenne ja das Zeitparadoxon der Zwillingsbrüder: «Einer macht sich dabei mit einer Rakete, die mit Lichtgeschwindigkeit fliegt, auf eine Reise in den Weltraum, während der andere auf der Erde zurückbleibt. Dreissig Jahre später ist der Reisende, im Gegensatz zu seinem Bruder, der auf der Erde blieb, kaum gealtert. In meiner Geschichte begegnen sich die zwei ‹Zwillinge›. Doch sie erkennen sich nicht gleich. Laurie und Lorenz, die von der gleichen Passion angetrieben werden, müssen sich zunächst einander annähern.»
«2 Seconds» wurde 1998 in Mammoth (Kalifornien) und Kanada gedreht. Die Hauptrolle spielte dabei die grossartige Charlotte Laurier. Um sich auf die Rolle als Laurie vorzubereiten, sprach Laurier mit Radrennfahrern und vielen Velofans, die ihr die Leidenschaft zum Velo näher brachten. Sie absolvierte zudem ein Radtraining, das zwei Monate dauerte. In dieser Zeit fuhr sie jeden Tag drei Stunden Velo.
Zu Beginn des Streifens werden wir Zeuge, wie die Downhill-Bikerin Laurie beim «Kamikaze»-Rennen in Mammoth Mountain den Start vermasselt und erst zwei Sekunden nach Ertönen des Startsignals losprescht. Die anschliessende Abfahrt gelingt, doch im Ziel werden ihr die zwei Sekunden zum Verhängnis. Lauries Team-Manger, der leider nicht sehr überzeugend dargestellt wird, möchte nicht länger mit ihr zusammenarbeiten. Er entlässt die Rennfahrerin. 

Die zweite Karriere


Laurie zieht zu ihrem Bruder, einem Physiker, nach Montreal. In dieser Stadt kommt es zu einer schicksalhaften Begegnung, als Laurie – die ein Ritzel für ihr Bike benötigt – ein abgelegenes Velofachgeschäft betritt. Der Besitzer des Geschäftes ist der ehemalige Radprofi Lorenzo (Dino Tavarone). Lorenzo macht auf Lorie einen harschen und unfreundlichen Eindruck. Sie ist erzürnt über diesen unsympathischen Kerl.
In der Stadt begegnet sie auch Velokurier-Fahrern. Ihr ist sogleich klar: Das möchte sie auch machen. Also heuert sie bei einem Kurierunternehmen an. Nach anfänglichen Schwierigkeiten findet sie sich, getrieben von ihrer Passion für das Velo, bald zurecht mit dem beschwerlichen Job und ihren neuen Kollegen. 
Als sie ein neues Vorderrad benötigt, besucht Laurie erneut Lorenzo. Ihr Wunsch, das Rad radial einzuspeichen, quittiert der begnadete Laufradbauer mit schallendem Gelächter. Als Laurie das Rad abholen kommt, ist das Laufrad – entgegen ihrer Erwartung – ihrem Wunsch gemäss fertiggesellt. Der Grantler scheint doch kein so schlechter Kerl zu sein! 

Schnaps und Schmerzen


Nach einer weiteren Begegnung, bei der Laurie einen Schicksalsschlag verdauen muss, werden die beiden bei ein paar Gläschen Schnaps zu Freunden. Sie reden. Es geht um wahre Schmerzen. Dabei erfährt Laurie mehr über die Vergangenheit des Italieners. Und auch Lorenzo weiss jetzt, wie es um Laurie steht. 
Zwar ist auch «2 Seconds» nicht perfekt, was gewisse Veloszenen betrifft. So ist etwa nicht ganz nachvollziehbar, wie Laurie ohne geeignetes Werkzeug ein Bike zusammenbauen kann. Dennoch gehört «2 Seconds» zu den gelungensten Filmen, die bisher in dieser Reihe besprochen wurden. Dieser Film darf in keiner Velofilm-Sammlung fehlen.

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