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"In deiner Haut möchte ich nicht stecken!"

(c) Peta

Virtual und Augmented Reality werden zunehmend als Empathie-Maschinen genutzt. Neue technologische Trends ermöglichen steigende immersive Erfahrungen. Doch wo sind die realen Grenzen? Ein Streifzug durch Psychologie und Ethik.


Sie wollte nur schnell die Einkäufe erledigen. Plötzlich biegt ein Mann um die Ecke und kommt direkt auf sie zu. Aggressiv. Und bedrohlich mit ­seinen breiten Schultern und dem fixierenden Blick. „Na, Süße, heute schon was vor?", raunt er ihr zu. Das vermeintliche Angebot fasst sie wohl nicht als freundlich gemeinte Frage auf. Ob er ihre Angst spüren kann? Das Virtual-Reality-Game „Compliment", das von einer amerikanischen Studentin designt wurde, versetzt die Spielenden in die Position einer ­jungen Frau, die durch die Straßen von Brooklyn läuft. Sie wird dabei genauso oft von Männern angesprochen, angeflirtet oder verfolgt, wie es auch in der Realität durchschnittlich passiert. Die vorwiegend jungen männlichen Probanden sollen sprichwörtlich in der Haut der Frau stecken und verstehen, dass es sich nicht wie ein Kompliment anfühlt, sondern Belästigung ist.

VR-Technologien werden schon längst nicht mehr nur für beiläufige Spielereien oder zu Marketingzwecken eingesetzt. Immer öfter nehmen sie die Rolle der ­sogenannten Empathie-Maschine ein. Die oft bemühte Redewendung „In deiner Haut möchte ich nicht stecken" wird so schnell zur bildstarken Realität. Die VR-Erfahrung habe ihm die Folgen der Belästigung näher gebracht als jedes Gespräch darüber, betonte ein Spieler nach dem Experiment: „Ich wusste schon vorher, dass es schlimm ist, aber erst jetzt kann ich auch fühlen, was genau damit gemeint ist."

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