Das Görlitzer Turbinenwerk soll nach 170 Jahren geschlossen werden. Die Belegschaft wehrt sich. Es ist ihre letzte Chance.
Totenstimmung in Görlitz: Dauerregen im November, menschenleere Straßen. Außerhalb des Stadtzentrums sieht man alle paar Meter heruntergekommene Häuser, deren kaputte Fenster mit Pressspanplatten verrammelt sind. Die Kälte geht unter die Haut.
In einem Hotel nahe des traditionsreichen Siemens-Werks sitzt Matthias Schöneich und versteht die Welt nicht mehr. Der junge Projektleiter im Vertrieb des Görlitzer Werks ist zutiefst enttäuscht und fühlt sich „völlig vor den Kopf gestoßen“. Denn vor ein paar Tagen wurde ihm aus heiterem Himmel das Ende einer langjährigen Beziehung mitgeteilt. Der Konzern, bei dem der 36 Jahre alte Maschinenbauer seine gesamte Berufslaufbahn verbracht hat, hat ihn fallenlassen wie eine heiße Kartoffel. Es sei nicht einmal so gewesen, als würde man per SMS Schluss machen, sagt der Siemensianer zwischen Fassungslosigkeit, Verärgerung und Frustration. Nein, es sei, als würde man seinen Kumpel bitten, die SMS für einen zu schreiben. Gemeint ist die Tatsache, dass die Görlitzer Mitarbeiter zuerst durch die Presse über die geplante Schließung des örtlichen Siemens-Werks erfahren haben. Und zwar sowohl Wochen vor der Wirtschaftsausschusssitzung, bei dem der geplante Stellenabbau offiziell verkündet wurde, als auch danach, als die Medien vorige Woche Donnerstag die Details bekanntgaben, Stunden bevor die Mitarbeiter intern zumindest per E-Mail vom Vorstand informiert wurden.
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