Als das Semester startete, hatten viele junge Leute noch keine Wohnung gefunden. Für sie wurde ein Matratzenlager in Königswiesen eingerichtet. Von Benedikt Bögle, MZ
Frederik Lucas wohnte im Matratzenlager im Gesslerheim. Seine Wohnung war nicht zum Semesterbeginn bezugsbereit. Foto: Bögle
Regensburg.Ein kleiner, spärlich eingerichteter Barraum: Normalerweise treffen sich hier die Studenten des Dr.-Gessler-Wohnheims, um zu feiern. In den letzten Tagen wurde aus dem Barraum aber ein Matratzenlager, das allen Studenten Platz bietet, die in Regensburg noch keine Wohnung gefunden haben. Bis auf den letzten Zentimeter lagen dort bis zum vergangenen Freitag Matratzen auf dem Boden. Gegen eine Kaution und drei Euro pro Nacht konnten dort Erstsemester kostengünstig unterkommen. Die Anmeldung erfolgte formlos via E-Mail bei der Studierendenvertretung.
Einer der Studenten, die hier Unterschlupf fanden, ist Frederik Lucas. Er kommt aus Bremen, Anfang Oktober hat er in Regensburg sein Studium begonnen. Jetzt beschäftigt er sich mit Philosophie und Politikwissenschaften.
Eigentlich wollte er Psychologie studieren, hat aber keinen Studienplatz bekommen. Deswegen hat er sich für Regensburg entschieden: „Ich bin ein intuitiver Mensch. Mein Vater war schon mal hier und meinte, die Stadt wäre schön." Frederik kam nach Regensburg und hat sich an der Universität eingeschrieben. Und tatsächlich: Auch er findet die Stadt schön.
Matratzenlager seit 2011Das Problem nur: Auf die Schnelle hat er keine Wohnung gefunden. Erst Ende September war klar, dass er in Regensburg studieren wird. Zwar hat der 21-Jährige rasch etwas gefunden, mit dem Einzug musste er aber noch etwas warten. So musste er sich mit den Matratzen im Dr.-Gessler Wohnheim begnügen.
In der neuen Wohnung will er eine eigene WG gründen, in eine schon bestehende Wohngemeinschaft wollte er nicht einziehen: „Das war mir zu anstrengend - da gibt es dann auf ein Zimmer 30 Bewerber." Das Problem seien auch die Preise - wer nicht allzu viel Geld zur Verfügung hat, muss teilweise lange suchen.
Organisiert wird das Matratzenlager jedes Jahr von der Studierendenvertretung der Regensburger Uni. Waschen und duschen können sich die Studenten jeweils in den Sportanlagen der Universität. Viele der Matratzenlager-Bewohner haben auch Kontakte zu Bewohnern geknüpft - und durften dann dort das Bad mitbenutzen.
Schon seit 2011 organisieren die Studenten das Matratzenlager, in diesem Jahr ist Sandra Schneider studentische Sprecherin und war deswegen auch mit diesem Problem befasst. Ähnliche Projekte gebe es auch in anderen Städten: „Wir machen das hier nicht, weil es zu wenige Wohnungen gibt, sondern weil viele Studenten erst kurzfristig eine Zusage bekommen."
Gerade Medizinstudenten wissen erst kurz vor Studienbeginn, ob sie einen Platz bekommen - da wird es mit der Wohnungssuche knapp. Zwei Wochen lang können die Studenten deshalb zu Semesterbeginn im Dr.-Gessler-Heim wohnen. „Innerhalb dieser zwei Wochen sollte dann jeder etwas finden", so Schneider.
Bei Wohnungssuche flexibler seinUnterstützt wird dieses Projekt auch vom Studentenwerk an der Universität, sie stellen die Räumlichkeiten zur Verfügung. Robert Klughardt, Leiter der Abteilung für studentisches Wohnen, sieht einen Teil des Regensburger Wohnungsproblems vor allem in der mangelnden Flexibilität der Studenten: „Die Studenten müssen durchaus auch Kompromisse bei der Wohnungssuche eingehen." Gerade durch das Semesterticket sei es auch möglich, dass Studenten nicht direkt in Regensburg wohnen, sondern etwas außerhalb eine Wohnung suchen. „Vor drei Jahren hatte das Studentenwerk zum Beispiel mehrere Dutzend Zimmer für zwei Jahre vor den Toren der Stadt angemietet. Hier gab es nur im Wintersemester eine Nachfrage und im Sommersemester sogar Leerstand", so Klughardt.
An dem Problem werde gearbeitet, auch auf dem Gebiet der Nibelungenkaserne soll eine Wohnanlage für Studenten gebaut werden. Dabei steht Regensburg ohnehin schon gut da, findet Klughardt: „Gerade in Regensburg liegt die sogenannte Unterbringungsquote mit 11,9 Prozent über dem bayerischen Landesdurchschnitt." Diese Quote bezeichnet den Anteil der Studenten, für die es öffentlich geförderten Wohnraum gibt.
Nicht nur das Studentenwerk für Niederbayern und die Oberpfalz, sondern auch private Betreiber bieten Wohnheimzimmer für Studenten an: Besonders die katholische und die evangelische Kirche unterhalten in Regensburg mehrere Wohnheime für die Studenten.
Die Wohnungsprobleme treten vor allem zu Semesterbeginn auf, wenn die neuen Erstsemester in die Domstadt drängen. Alleine zu diesem Wintersemester haben mehr als 3000 Studenten ihr Studium an der Uni begonnen, bei der Ostbayerischen Technischen Hochschule waren es um die 2500. Damit studieren in Regensburg mehr als 30 000 Studenten. Einige von ihnen können zu Hause wohnen bleiben, sie pendeln regelmäßig nach Regensburg. Für andere - wie Frederik Lucas - ist das nicht möglich.
Vielen Studenten fällt es leicht, in Regensburg eine Wohnung zu bekommen, sie erhalten schnell die Zusage für einen Wohnungsplatz, ein WG-Zimmer oder eine eigene Wohnung. Auch bei Frederik ist es letztlich relativ schnell gegangen, innerhalb weniger Tage hatte er die Zusage für eine Wohnung, in der er seine neue WG gründen kann. Doch nicht allen fällt die Wohnungssuche so leicht - Felix Seeberger etwa. Er kommt aus der Nähe von Landshut und war ebenfalls auf das Matratzenlager angewiesen.
Student immer noch auf SucheDer Chemie-Student hat noch keine Wohnung gefunden: „Ich hatte eine Uni gesucht, die näher bei mir zuhause ist. In Passsau ging es nicht, München fand ich nicht so schön. Die Wohnungen in Regensburg sind dann doch noch billiger." Trotzdem ist er noch auf der Suche, mittlerweile war er schon auf mehr als zehn Wohnungsbesichtigungen - ohne Erfolg. Wo liegt das Problem? „Man könnte schon was kriegen, wenn man mehr zahlen könnte. Will man es auf 300 bis 350 Euro beschränken, ist es schwer", so Seeberger.
Wer nicht viel Zeit für die Suche hat, bekommt in der Regel kein Wohnheimzimmer. Hat man kein großes Budget und will sich etwa die Maklerkosten nicht leisten, kann es schwer werden, eine Unterkunft zu finden und in Regensburg sesshaft zu werden.