Nach zahlreichen Touren und Festivalauftritten ging die griechisch-jamaikanische Musikerin mit ihrer Mutter erst einmal auf eine Reise zu ihren familiären Wurzeln. In Jamaika entstanden erste Songideen, die sich jetzt auf „Blood" wiederfinden. Auch der auf den ersten Blick etwas verwirrende Titel dürfte auf diese Erkundung der Verwandtschaftsverhältnisse zurückzuführen sein. Das zweite Album beginnt mit dem elegischen Intro von „Unstoppable" und einem Dancehallbeat, der direkt die Ergebnisse der Zusammenarbeit mit Reggae- und Dancehall-Produzent Di Genius aufzeigt.
Thematisch orientiert sich „Blood" ähnlich wie schon auf „Is Your Love Big Enough?" an der Trias aus Liebe, Beziehungen und Selbstreflexion. „Now I'm fully grown/ and I'm seeing everything clearer", beschreibt La Havas bei „Green And Gold" den Weg, den sie als Musikerin und Songwriterin seit 2009 gegangen ist. Das ausgeklügelte, dezent von Bläsern, Drums und synthetischen Sounds getragene Arrangement des Songs zeigt ihr Talent für Melodien, ob in minimalistischen oder opulenter produzierten Stücken.
Die zweite Singleauskopplung „What You Don't Do" zelebriert dann, was in einer Beziehung ungesagt und ungetan bleiben kann und darf. „I know you love me/ I don't need proof", singt La Havas im Refrain und unterlegt das mit einem Sound, der dermaßen nach Dur und guter Laune klingt, dass selbst frisch Verlassene fröhlich in die Hände klatschen. Das Musikvideo tut sein Übriges und zeigt, dass La Havas nicht nur in musikalischer Hinsicht den Stil für sich gepachtet hat. Überhaupt diese Stimme, die derartigen Powersoul erst ermöglich! Auch bei „Grow" demonstriert La Havas sie eindrücklich, im Refrain klingt zusätzlich etwas Rock mit Dancehallrhythmus an.
Die folgenden Songs geben sich wieder eher gelassen, geizen aber auch nicht mit Bläsersätzen und mehrschichtig gemischten Vocals. „Midnight" wirkt mitunter etwas überladen (diese Stimme braucht einfach mehr Platz), ist aber trotzdem ein weiterer Song, der mit seinem jazzigen Sound direkt ins Ohr geht. „Ghosts" und „Good Goodbye" sind eine musikalische Reminiszenz an die Zeit, als La Havas noch allein mit Gitarre bei Jools Holland auf der Bühne stand und bereit Großes vermuten ließ. Ähnlich zurückhaltend beginnt auch „Never Get Enough", entlädt sich im Refrain dann aber in einen verzerrten Elektro-Metal-Clash, der wirklich überrascht. Diese Ausflüge können La Havas durchaus als Inkonsequenz ausgelegt werden, gleichzeitig unterstreicht sie damit aber auch einmal mehr ihre Vielseitigkeit und Experimentierfreude. In jedem Fall klingt „Blood" von vorne bis hinten durchdacht und nach einer Musikerin, die weiß, wohin sie will.