1 Abo und 0 Abonnenten
Artikel

Standort für unternehmerische Vielfalt

In Wolfenbüttel starten die Meister der Nischen durch

Wirtschaftsmacht Wolfenbüttel? Auf den ersten Blick besticht die Lessingstadt zunächst mit anderen Eigenschaften: Kultur und Wohnqualität. Auch der umliegende Landkreis lässt erst einmal andere Gedanken aufkommen - etwa an die Höhenzüge Elm und Asse, das Harzvorland. Schaut man genauer hin, stechen aber aus Braunschweigs Nachbarkreis einige Unternehmen hervor. Darunter sind (teils welt-)bekannte Marken wie Jägermeister, Schmidt-Reisen und -MKN, aber auch kleinere eher unbekannte Firmen, die aber weltweit agieren - als Hidden Champions oder sich einfach in einer Nische als Experten und Könner bewiesen haben.

Die ganz Großen fehlen in Wolfenbüttel - laut dem Niedersachsen-Report der Nord/LB gibt es unter den 100 größten Unternehmen des Bundeslandes keines aus Wolfenbüttel. Dafür stehen die Stadt und der Landkreis aber für einen gesunden, gut ausgebildeten und agilen Mittelstand. Insbesondere im technischen Bereich haben sich einige Spezialisten etabliert. Ab Januar soll sich wieder verstärkt der Fokus auf die Stadt richten: Wolfenbüttel feiert sein 900. Jubiläum. Die Geschichte der Lessingstadt lässt sich auf eine Urkunde aus dem Jahr 1118 zurückführen. Die zahlreichen Fachwerkbauten in der Innenstadt überzeugen jeden Besucher unmittelbar von der historischen Bedeutsamkeit. Dennoch bietet die Stadt der Herzöge heute auch Unternehmen ein Paket an attraktiven Standort-Faktoren.

Die zentrale Lage innerhalb Deutschlands, aber auch in der Region38 sei da zu nennen. Anschluss an die Autobahn 395. „Wolfenbüttel ist in der Region zentral gelegen, hervorragend an die Verkehrswege angebunden und als Standort der Ostfalia auch im Bereich der Wissenschaft bestens vernetzt. Bei uns findet auch die Gründerszene zahlreiche Ansprechpartner, die beim Vernetzen helfen oder Möglichkeiten der finanziellen Förderung ausloten", sagt auch der Bürgermeister Thomas Pink: „Wir haben in Wolfenbüttel namhafte Firmen, die in ihrer jeweiligen Branche zu den Besten zählen. Es macht uns stolz, diese Botschafter Wolfenbüttels unter uns zu haben". Der größte Werbeträger der Stadt weltweit ist auch das größte Unternehmen: Jägermeister. Beim Kräuterlikör-Fabrikanten arbeiten rund 900 Menschen - davon 300 in Wolfenbüttel. Seit mehr als 70 Jahren wird der Likör mit dem Hirschkopf in Wolfenbüttel produziert. In den vergangenen Jahren ist die Spirituose immer mehr auch zum Exportschlager geworden.

Im vergangenen Geschäftsjahr ist das Unternehmen erneut gewachsen. Es steigerte den weltweiten Absatz der Marke Jägermeister von 88,3 Millionen 0,7-l-Flaschen (2015) auf 91,4 Millionen Flaschen um 3,5 Prozent und gilt damit als verkaufsstärkste Likörmarke der Welt. Jägermeister ist in 129 Ländern der Welt vertreten. Konsequente Internationalisierung zahlt sich aus. In den beiden größten Märkten USA und Deutschland bleibt das Absatzergebnis auf hohem Niveau. In Großbritannien, dem drittgrößten Jägermeister-Markt, verzeichnete das Unternehmen ein Absatzplus auf mehr als 6 Millionen 0,7-l-Flaschen. „Neben unserem Heimatmarkt Deutschland verantworten wir den Vertrieb und die Vermarktung in den USA und Großbritannien inzwischen komplett selbst - dies zahlt sich nun aus", erklärte Michael Volke, Vorsitzender des Vorstandes der Mast-Jägermeister SE. Ein weiterer Werbeträger für die Stadt Wolfenbüttel, der weit herumkommt, ist das Reisebüro Schmidt (siehe Stadort38-Titelstory 11/2017).

Die Busse des Unternehmens fahren durch Deutschland und Europa. Sie sollen dabei auch stets die Rolle des „Kulturbotschafters der Region" ausfüllen. So wird bei Schmidt jeder Bus getauft und trägt den Namen einer historischen Persönlichkeit der Region - darunter etwa Heinrich Büssing, Wilhelm Busch und Herzog Anton Ulrich. Auch der Landkreis kann einiges an Wirtschaftskraft vorweisen. „Ich denke, es steht sehr gut um die Wirtschaft im Landkreis. Zurzeit beobachten wir eine positive Beschäftigungsentwicklung. Außerdem sorgt eine gemischte Branchenstruktur für Unabhängigkeit von bestimmten Wirtschaftszweigen", sagt Landrätin Christiana Steinbrügge. Die Liste großer Arbeitgeber sei vielseitig. „Mittelständische Unternehmen wie zum Bespiel die Auerswald GmbH in Cremlingen oder die Hedwigsburger Okermühle in Kissenbrück sollten wir dabei nicht außer Acht lassen, denn die kleinen und mittleren Unternehmen, aber vor allem die Kleinstunternehmen sind unser wirtschaftliches Rückgrat", so die Landrätin.

Insgesamt sind rund 6.000 Unternehmen im Landkreis ansässig. Zu den Faktoren, die den Landkreis als Wirtschaftsstandort attraktiv machen, zählt Steinbrügge die gute Verkehrsinfrastruktur. Zudem „ist vor allem die flächendeckende Breitbandversorgung ein großer Pluspunkt. Seit Sommer 2014 ist diese ein zentraler Standortvorteil für Einwohnerinnen, Einwohner und Unternehmen in den ländlichen Regionen. Gemeinsam mit htp konnten bisher fast 10.000 Kunden mit einer deutlich verbesserten Internetverbindung versorgt werden. Aktuell werden landkreisweit 25 WLAN-Hotspots eingerichtet, die unseren Landkreis in punkto Digitalisierung noch weiter nach vorne bringen." Doch es gibt auch große Herausforderungen für den ländlichen Raum: Demografischer Wandel und Wettbewerb um Fach- und Führungskräfte. „Darum müssen wir alle uns das Ziel setzen, Fachkräfte nachhaltig auszubilden, die Attraktivität kleiner und mittelständischer Betriebe zu steigern und für stärkere Vernetzung von Ausbildungseinrichtungen und Wirtschaft zu sorgen", fordert die Landrätin. Außerdem gelte es, Ansiedlungen und Neugründungen von Betrieben in der Region zu ermöglichen und zu unterstützen. „All das erfordert die Notwendigkeit einer gut abgestimmten Standort- und Regionalentwicklung", sagt Steinbrügge.

Die Meister der Nischen Gütesiegel „Made in Schandelah"

Telefonanlagen mit dem Gütesiegel „Made in Germany" beziehungsweise „Made in Schandelah" produziert die Firma Auerswald. Damit stellt das Unternehmen aus der Gemeinde Cremlingen sich gegen den Branchen-Trend, in Asien herstellen zu lassen - und das mit Erfolg. Im Jahr 1960 gestartet, wurden zunächst hauptsächlich Transformatoren, Elektromagnete und Messgeräte produziert. Den Grundstein für das heutige Geschäftsfeld legte das Unternehmen 1987 mit der Entwicklung einer kundenspezifischen Telefonanlage.

Lesen Sie weiter: Standort für unternehmerische Vielfalt - In Wolfenbüttel starten die Meister der Nischen durch (2/3)

Schlagwörter

Zum Original