28.07.16 | Wenn vom Leipziger Capa-Haus die Rede ist, dann kommt Dieter Deissler mit strahlenden Augen ins Schwärmen. Für den Leipziger Denkmalschützer zeigt das legendäre Gebäude, wie es auch gehen kann. Und das, obwohl der Abriss des nach einem Kriegsfotografen benannten Hauses schon genehmigt war. Deissler: "Dieser Eigentümer hat vorsichtshalber die besagte Abrissgenehmigung gestellt. Diese wurde ihm auch erteilt, aber er ist so eingestellt, dass ihm viel daran liegt, solche geschichtsträchtigen Gebäude zu erhalten, wenn es irgendwie geht. Er hat es geschafft." Leipzig führt die Liste der Abrisse an
Heute ist das sanierte Haus fast komplett vermietet und in einem Café wird an seine Geschichte erinnert. Um andere Kulturdenkmäler in Leipzig steht es nicht so gut. In den letzten 16 Jahren sind von der Liste mit rund 14.850 Gebäudedenkmälern fast 800 verschwunden. Das geht aus der Antwort des sächsischen Innenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Grünen im Juli hervor. Nach Zahlen von Ende 2014 führt Leipzig die Liste der Ab- und Teilabrisse mit Abstand an. Doch auch in anderen sächsischen Städten und Kreisen werden Gebäude abgerissen. Rund 4.500 waren es zwischen 2000 und 2014 im ganzen Bundesland. Für Dieter Deissler, den Vize der Leipziger Denkmalstiftung, ein großes Problem: "Jedes Gebäude hat für die Stadt eine Bedeutung. Das macht unter anderem Leipzig aus. Das ist der Charakter und das Gesicht der Stadt. Deswegen leben die Leute gerne hier. Deswegen kommen Leute nach Leipzig. Die Wirtschaft profitiert davon und die gesamte Bevölkerung profitiert davon."
Das sehen nicht alle so. Vor allem aus der Wirtschaft kommt häufig das Gegenargument, Denkmalschutz verhindere Investitionen oder mache das Bauen wesentlich teurer. Deshalb werden immer wieder Lockerungen des Denkmalschutzgesetzes diskutiert. Darin schreibt das Land fest, unter welchen Bedingungen ein Denkmal abgerissen werden darf. Demnach können die Denkmalschutzbehörden der Kommunen und Kreise den Abriss eines historischen Gebäudes unter anderem erlauben, wenn der Eigentümer, egal ob privat oder öffentlich, nachweisen kann, dass die Sanierung des Denkmals sich wirtschaftlich nicht lohnt. Bei Denkmalschützer Deissler sorgt das für Unverständnis: "Es erhöht die Kosten nur gering. Es ist wichtig, dass man von Beginn an weiß, dass man die Denkmalschutzrichtlinien einhalten will. Das darf nicht im Laufe der Baumaßnahme geschehen. Dann wird es tatsächlich teurer."
Zusätzlich könnten, im Gegensatz zu einem Neubau, Fördermittel für die Sanierung der Kulturdenkmäler beantragt werden. Der Knackpunkt ist für Deissler allerdings die Kreativität der Besitzer: "Was kann man nach der Rekonstruktion mit den Gebäuden machen? Wenn ich dort die Ideen habe und das Engagement habe, Nutzer für das Gebäude zu finden, dann ist es in den meisten Fällen nicht teurer. In vielen Fällen sind die Mieter dann auch bereit, eine höhere Miete zu zahlen." Zumindest gilt das für wachsende Städte wie Leipzig. Nach einer Sanierung mit historischen Gebäuden Geld zu verdienen, ist auf dem Land eine deutlich größere Herausforderung.
Zuletzt aktualisiert: 29. Juli 2016, 05:00 Uhr