„write_on“ hat seine Wurzeln zwar in Kalifornien, doch mittlerweile in der ganzen Welt viele Teilnehmer/innen. Der April ist in den USA seit Jahren der „National Letter Writing Month“ – der „nationale Monat des Briefeschreibens“. Da handgeschriebene Briefe immer seltener werden, fordert „write_on“ seit 2014 jedes Frühjahr dazu auf, im April insgesamt 30 Briefe zu verschicken. Im Vordergrund steht dabei die Freude am Schreiben: Es gibt keine festen Regeln und es dürfen am Ende gerne auch weniger Briefe sein.
In unserer schnelllebigen Zeit ist ein handgeschriebener Brief eine Wohltat (Bild: Naomi Bulger)
„write_on“ hat es sich zum Ziel gesetzt, durch handgeschriebene Briefe mehr Freude, Kreativität und Verbundenheit in unser Leben zu bringen. Für alle, die mal wieder ganz altmodisch einen Stift zur Hand nehmen und per Post einen Gruß verschicken wollen, gibt es unter „get your write_on kit“ ein wunderschönes Set mit sechs Grußkarten inkl. Umschlägen und Aufklebern von Egg Press und Hello! Lucky. Tess Darrow, die Gründerin des Grußkarten-Herstellers Egg Press, stellte im April 2014 für sich und alle, die mitmachen wollten, erstmals das Ziel auf, in 30 Tagen 30 Briefe zu schreiben. Den Preis für das Schreibset bestimmt man selbst: Je nach eigenem Budget bezahlt man bis zu 32 US-Dollar (mit diesem Betrag sind alle Kosten gedeckt) oder wählt die Option „free“. In diesem Fall bekommt man seine Grußkarten weltweit sogar völlig kostenlos und versandkostenfrei.
Ein Brief von einer lieben Person zaubert uns ein Lächeln aufs Gesicht (Bild: Naomi Bulger)
Wer jetzt bestellt, wird schon bald einen Umschlag aus San Francisco mit sechs hochwertig geprägten Grußkarten im Briefkasten haben. Unter dem Hashtag #Write_On teilen Briefeschreiber/innen aus der ganzen Welt auf Instagram und Twitter ihre Fotos und Gedanken zur Kampagne. Das Schönste am Briefeschreiben? Wer Briefe verschickt, bekommt vielleicht schon bald selbst auch Post zurück. Und wie schön ist es, nach einem stressigen Tag neben Rechnungen auch handgeschriebene Zeilen im Briefkasten zu finden. Man kann einen aufmunternden Brief immer wieder lesen und sich darüber freuen. Der/Die Schreiber/in hat sich Gedanken gemacht und sich die Zeit genommen, etwas viel Persönlicheres als eine schnelle E-Mail oder eine WhatsApp-Nachricht zu versenden. Viele Menschen weltweit scheinen sich nach diesen guten alten Schriftstücken zu sehnen.
Naomi Bulger macht mit ihrem Buch „Snail Mail Revolution“ Lust aufs Briefeschreiben (Bild: Naomi Bulger)
Ein anderes Brief-Projekte hat Naomi Bulger aus Melbourne in Australien ins Leben gerufen: Auf ihrem Blog findet sich ein kostenloser 10-Schritte-Plan zum Gestalten origineller Briefe, den man sich zusammen mit dem Newsletter kostenlos zuschicken lassen kann. Naomi arbeitet gerade an ihrem zweiten Buch mit dem Arbeitstitel „Snail Mail Revolution“. Darin geht es um all die cleveren, netten und kreativen Dinge, die auch heute noch mit der Post verschickt werden. Dazu kommen Interviews mit leidenschaftlichen Briefeschreiber/innen. Auch auf Instagram gibt es eine richtige Snail-Mail-Community begeisterter Briefeschreiber wie @snailmailrevival. Früher war ein Brief mit der Postkutsche je nach Entfernung allein innerhalb Deutschlands tagelang unterwegs. Familien von Auswanderern mussten Wochen oder Monate warten, bis sie etwas von ihren Lieben hörten. Die Zahl der handgeschriebenen Briefe ist heute auf ein Minimum gesunken. Diejenigen, die trotzdem noch zu Stift und Briefpapier greifen, können jedoch heute in der Regel damit rechnen, dass ihre Briefpost innerhalb Deutschlands am Folgetag ankommt. Über einen Brief, den wir heute versenden, kann sich schon morgen ein lieber Mensch freuen.
Als Anglistin und Linguistin interessiert sich Astrid Diepes für Literatur und Sprachen. Als freie Journalistin schreibt sie u.a. für die F.A.Z., die taz, die Irish Times, den Münchner Merkur und die Kölnische Rundschau sowie für die italienischen Zeitschriften Writers Magazine Italia, Daily Slow, Viaggi Low Cost und Onde. Dabei kann sie sich ganz ihrer Leidenschaft für Film, Literatur, Musik, Kunst und Reisen widmen.
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