Studium und Spitzensport an der Hochschule Esslingen
Seit September letzten Jahres studiert Tim-Oliver Maschinenbau an der Hochschule Esslingen. Zwei Monate später wurde er Vize-Weltmeister im Synchronturnen bei der Jugendweltmeisterschaft in Daytona Beach, Florida. Wir trafen den dreifachen Meister im deutschen Mehrkampf und wollten wissen, wie er Spitzensport und Studium unter einen Hut bringt – und dabei ganz entspannt bleibt.
Tim-Oliver Geßwein (ganz links) bei der Siegerehrung in Daytona Beach (Bild: privat)
Studi-Story: Tim-Oliver, erstmal vielen Dank, dass du dir neben dem enormen Aufwand von Training und Studium Zeit nimmst, uns und unseren Lesern ein paar Fragen zu beantworten. Wie acht weitere Spitzensportler/innen studierst du an der Hochschule Esslingen, einer der offiziellen Partnerhochschule des Spitzensports. Aber schon viel früher, mit fünf Jahren fingst du mit dem Kunstturnen beim TSV Schmiden an. Was waren bisher die größten Erfolge und schönsten Erlebnisse in deiner sportlichen Karriere?
Tim-Oliver: Mein bisher größter Erfolg war die Silbermedaille bei der Jugendweltmeisterschaft letztes Jahr im November in Daytona Beach, Florida (USA), die ich gemeinsam mit Lars Weiland im Synchronturnen bekommen habe. Meine schönsten Erlebnisse sind mit dem Teamgeist innerhalb der Nationalmannschaft verknüpft. Im Trampolin sind wir wie eine große Familie. Es macht Spaß, die ganzen Leute wiederzusehen. Wir haben sehr viel Spaß zusammen bei den Wettkämpfen und auf Lehrgängen. Nur auf dem Trampolin sind wir Konkurrenten. Gemeinsam unterwegs zu sein, andere Länder zu besuchen und Erfahrungen auszutauschen – das ist sehr interessant und aufregend.
Tim-Oliver beim Filderpokal 2015 (Bild: privat)
Studi-Story: An welche Wettbewerbe oder Orte denkst du dabei besonders gerne zurück?
Tim-Oliver: In erster Linie an Daytona Beach, weil die Location dort einfach genial war. Das Hotel war direkt am Sandstrand, es war warm – und das im November! –, der Fußweg zur Halle führte am Strand entlang, die Wettkampfhalle, das Ocean Center ist schön und mit toller Atmosphäre. Auch an meine erste Jugend-WM in Sofia in Bulgarien erinnere ich mich gerne. Dort konnte man zwar nicht so viel unternehmen, doch das Mannschaftsgefühl war super.
Studi-Story: Welche Eigenschaften, würdest du sagen, sind beim Trampolinspringen und beim Synchronspringen besonders wichtig? Was hast du durch den Sport gelernt?
Tim-Oliver: Selbstbewusstsein, Körperbeherrschung, Spontanität, mentale Stärke und Gelassenheit. Für das Synchronturnen muss man besonders anpassungsfähig sein und Vertrauen in sich und seinen Partner haben. Und man muss seine Übungen im Schlaf können, weil man sich mehr auf das das Synchronsein konzentrieren muss als auf seine Übung. Gelernt habe ich, dass man immer einhundert Prozent geben muss, sonst klappt es nicht; dass man alles schaffen kann, wenn man es wirklich will, und dass man sich nicht von anderen sagen lassen sollte, was man nicht kann, sondern sein eigenes Ding durchziehen muss.
Tim-Oliver bleibt auch in stressigen Zeiten ganz cool (Bild: privat)
Studi-Story: Du studierst in Esslingen Maschinenbau. Die Hochschule Esslingen bietet neben dem Hochschulsport auch ideale Voraussetzungen für Spitzensportler wie dich. Wie lässt sich der Spitzensport mit dem Studium unter einen Hut bringen? Hast du bestimmte Strategien entwickelt, um beidem genug Aufmerksamkeit widmen zu können?
Tim-Oliver: Es ist gut, dass die Hochschule Esslingen Partnerhochschule des olympischen Spitzensports ist. Das macht sie für mich besonders attraktiv. Nur so kann ich den Spitzensport gleichzeitig mit einem Studium verbinden. Ich bekomme dort besondere Unterstützung durch meinen Ansprechpartner Herrn Prof. Alexander Friedrich. Auch das Umfeld an dieser Hochschule stimmt. Ich trainiere am Leistungszentrum in Ruit und habe dadurch kurze Wege zwischen der Hochschule und meinem Trainingsort. Ich kann zuhause wohnen und brauche mich so nur um mein Studium und mein Training kümmern.
Studi-Story: Ist es in Deutschland als Trampolin-Profi möglich, vom Sport zu leben? Ist das Trampolinspringen ein beliebter Sport für Sponsoren?
Tim-Oliver: In Deutschland kann man vom Trampolinturnen nicht leben. Leider!!! In anderen Ländern ist das zum Teil anders, zum Beispiel in China. Die Sponsoren haben das Trampolinturnen auch noch nicht entdeckt. Leider fließt das meiste in Sportarten wie Fußball. Dabei ist Trampolinturnen ein so ästhetischer, kraftvoller und attraktiver Sport.
Tim-Oliver Geßwein beim diesjährigen Bundesliga-Finale in Weingarten (Bild: privat)
Studi-Story: Hoffentlich ändert sich da was zum Positiven in den nächsten Jahren. Welche sportlichen und beruflichen Ziele hast du für die Zukunft? Denkst du an Olympia nächstes Jahr in Rio? Ist ein Auslandssemester in Planung?
Tim-Oliver: Olympia in Rio ist für mich noch zu früh. Ich bin jetzt gerade auf dem Sprung von der Jugendnationalmannschaft in die deutsche Nationalmannschaft der Männer. Das ist nicht so einfach, da ich mit 19 Jahren noch sehr jung bin und die älteren (teilweise über zehn Jahre älter), erfahrenen Athleten im Moment noch schwierigere Sprünge beherrschen als ich. Aber in Tokio 2020 werde ich schon versuchen, dabei zu sein. Ein Auslandssemester habe ich im Moment nicht in meiner Planung, da ich hier in Ruit mit Landestrainer Yewgenij Sherman und Bundestrainer Michael Kuhn zwei sehr gute Trainer habe und mich ein halbes Jahr Ausland zu sehr zurückwerfen würde. Wenn überhaupt, müsste ich an einen Stützpunkt in Kanada oder China gehen und wegen der Wettkämpfe hin- und herjetten.
Studi-Story: Dann drücken wir dir für Tokio beide Daumen. Noch eine letzte Frage: Was sind deine Tipps für Anfänger/innen, die jetzt Lust bekommen haben, Trampolinspringen als Sport auszuprobieren?
Tim-Oliver: Man sollte auf jeden Fall schon im frühen Kindesalter erst einmal mit Turnen beginnen. Das ist eine gute Voraussetzung für das Trampolin. In den Gärten sieht man heutzutage so viele Trampoline für Kinder. Die Kinder sollten in einen Verein gehen, wenn sie merken, dass ihnen das Spaß macht. Schön wäre auch, wenn über den Trampolinsport mehr im Fernsehen berichtet würde. Dann könnten die Kinder sehen, dass es auch noch andere Sportarten gibt, die Spaß machen.
Studi-Story: Herzlichen Dank für das Gespräch und alles Gute!
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