Astrid Diepes

Journalistin, Frankfurt, Stuttgart & Italien

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Willkommen auf den Brettern, die die Welt bedeuten Entdeckungsreise durch Stuttgarts Schauspielhäuser

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Astrid Diepes
18. März 2015

Stuttgarts Theaterszene ist lebendig und die Theaterdichte in der Landeshauptstadt besonders hoch – traumhafte Bedingungen also für alle Theaterfreunde und für die, die es noch werden wollen. Neben dem renommierten Staatstheater begeistern eine Reihe weiterer großer Häuser sowie zahlreiche kleinere Theater das Publikum.

Staatstheater Stuttgart – das größte Dreispartenhaus der Welt (Bild: Astrid Diepes)

Auf rund 50 Bühnen, die über das ganze Stadtgebiet verteilt zu finden sind, werden monatlich rund 700 Vorstellungen gespielt. Dabei hat jedes Theater sein eigenes Profil. Vom Alten Schauspielhaus über das Theaterhaus, vom Theater der Altstadt oder der Komödie im Marquardt, vom Forum Theater bis zum Theater Rampe oder vom Theater tri-bühne bis zum Renitenztheater ist für jeden etwas dabei. Auch Kleintheater wie die Krimifabrik und das Dreigroschentheater oder Theater der freien Szene wie das FITZ Figurentheater und das Wilhelma-Theater bieten Theatergenuss auf hohem Niveau. Wir wollen Euch in unserer Reihe einige Stuttgarter Schauspielhäuser vorstellen. Heute beginnen wir mit dem Staatstheater und dem Theater Rampe.

Großes Haus (Bild: Astrid Diepes)

Das Staatstheater Stuttgart gilt als das größte Dreispartenhaus weltweit. Es besteht aus dem imposanten Opernhaus (Großes Haus), in dem Opern- und Ballettaufführungen dargeboten werden, und aus dem Schauspielhaus (Kleines Haus) als "eigentliches" Theater und für Ballettaufführungen. Beide Gebäudekomplexe befinden sich am Eckensee in der Nähe des Hauptbahnhofs. Für Theateraufführungen im Schauspielhaus und in allen weiteren Spielstätten zahlen Studierende bis 30 Jahre nur sieben Euro. Aktuell ist u. a. Shakespeares "Richard III." und Goethes "Die Leiden des jungen Werther" zu sehen. Die begehrten Opern- und Ballettkarten kosten für Studierende zehn Euro. Wer es an der Abendkasse versucht, sitzt mit ein bisschen Glück für diesen Preis schon mal ganz weit vorne im Parkett. Studierende können unter uni@staatstheater.de Karten aber auch online buchen. Dafür registriert man sich kostenlos im Internet mit seiner Studienbescheinigung. Im Moment macht die Stuttgarter Institution durch großangelegte Sanierungsvorhaben Schlagzeilen. 18 Millionen Euro wurden vom Land Baden-Württemberg bewilligt, Experten dagegen sprechen von 290 bis 310 Millionen Euro. Räumliche Verbesserungen sind dringend notwendig. Allein im Bereich Ballett gestaltet sich die Situation mit den längst nicht mehr zeitgemäßen Proberäumen äußerst schwierig. Auch eine neue Cranko-Schule wird gebaut und soll 2018 fertig werden. Das von John Cranko geprägte Staatsballett untersteht seit 1996 der Leitung von Reid Anderson. Jossi Wieler folgte 2011 als Opernintendant auf Albrecht Puhlmann. Verantwortlich für das Schauspiel Stuttgart ist seit 2013 Armin Petras. Zum Ensemble gehören und gehörten in der Geschichte des Staatstheaters Größen wie Hans Caninenberg, Hannelore Hoger und Ben Becker im Bereich Schauspiel, Helene Schneiderman und Shigeo Ishino im Bereich Oper und John Neumeier, Jiří Kylián und Myriam Simon im Bereich Ballett.

"Ostwind" von transit@stuttgart (Bild: Wolfgang Knappe)

Das Theater Rampe feierte letztes Jahr dreißigjähriges Bestehen. Marie Bues, seit August 2013 zusammen mit Martina Grohmann Intendantin der Rampe, erzählt, wie 1984 die studentisch geprägte wilde Truppe vagabundierend durch Stuttgart zog. Schnell etablierte sich das Theater weit über die regionale Theaterlandschaft hinaus. Vom 13. bis 18. April 2015 wird es erstmals unter dem Motto "6 tage frei" den Stuttgarter Tanz- und Theaterpreis ausrichten. In der "Bestenschau" präsentieren die zehn Preisträger ihre Produktionen und werden mit Kritikerlob, Publikumsapplaus und einem Preisgeld von je 2.100 Euro belohnt. Neben dem Saal in der Rampe dient u. a. das ehemalige Straßenbahndepot der SSB als Festival-Spielstätte. Zu den Programm-Highlights gehört das Stück "Ostwind" vom Theaterkollektiv transit@stuttgart. Autor Emre Akal beleuchtet in lyrischer Sprache die schwierigen Schicksale von Migranten aus Südost-Europa. Dabei gelingt es ihm, sie realistisch als starke, humorvolle Persönlichkeiten zu zeigen statt als bedauernswerte Opfer. Das Stück "Revolutionskinder" von Lokstoff! beschäftigt sich mit dem Thema der friedlichen Revolution mit Hinblick auf den arabischen Frühling und den Mauerfall 1989. Jugendliche Bewohner Stuttgarter Flüchtlingsheime aus Syrien, Pakistan und Afghanistan arbeiten erfolgreich an diesem Projekt mit.

Katharina Behrens in der Premiere von "Modellsimulation mit Pfau" in der Calwer Passage (Bild: Astrid Diepes)

Seit 1992 ist das Theater Rampe im alten Zahnradbahnhof im Szeneviertel "Lehen" in der Nähe des Marienplatzes beheimatet. Nicht nur beim aktuellen Stück "Modellsimulation mit Pfau", das sich modellhaft mit dem Thema Stadtentwicklung beschäftigt, verlässt die Rampe ihren Heimathafen und geht hinaus in die Stadt. Das Stück der Wahlwienerin Anna Gschnitzer präsentiert die Calwer Passage unter ihrem gläsernen Himmel als alternativen Lebensraum. Dabei integriert die junge Autorin die Temporary Concept Mall Fluxus wirksam in ihr Stück. Als Vorbild für die Calwer Passage diente einst die Passage Vittorio Emmanuele in Mailand. Beide Einkaufspassagen bestehen vorwiegend aus Glas und Marmor. Nicht verwunderlich also, dass das Abbild in Stuttgart 1978 mit dem Paul-Bonatz-Preis prämiert wurde. Anna Gschnitzer fragt sich in ihrem Stück: Wie kann animierte Architektur nur so trotzig sein? Dabei geht es ihr vor allem um die unauflösbare Verbindung von Macht und Stadtraum. "Modellsimulation mit Pfau" beginnt in der Calwer Passage und klingt in der oberen Etage der Boutique "là pour là" aus. Zu sehen ist das abwechslungsreiche Stück noch vom 18. bis 20. März 2015 und vom 2. bis 4. April 2015 jeweils um 20 Uhr. Studierende zahlen 9 Euro statt der regulären 16 Euro.








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