Astrid Diepes

Journalistin, Frankfurt, Stuttgart & Italien

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Artikel

Erich Maria Remarque – Ein militanter Pazifist Filmvorführung und Ausstellung im Theodor-Heuss-Haus

Text: 
Astrid Diepes
3. Februar 2015

"Dieses Buch soll weder eine Anklage noch ein Bekenntnis sein.  Es soll nur den Versuch machen, über eine Generation zu berichten, die vom Kriege zerstört wurde – auch wenn sie seinen Granaten entkam." Mit diesem Motto beginnt Erich Maria Remarque seinen Roman "Im Westen nichts Neues". Am 11. Februar um 19 Uhr ist im Theodor-Heuss-Haus der Filmklassiker nach Remarques weltberühmter Romanvorlage zu sehen.

Erich Maria Remarque-Sonderausstellung im Theodor-Heuss-Haus (Bild: Astrid Diepes)

 

Gezeigt wird die erste Verfilmung des Regisseurs Lewis Milestone von 1930, die unter den 100 besten Filmen der amerikanischen Filmgeschichte rangiert. Doch das ist längst nicht alles: Im Theodor-Heuss-Haus (Feuerbacher Weg 46, 70192 Stuttgart) findet bis zum 6. April eine spannende Sonderausstellung über Remarques Leben und Werk statt. Besucht werden kann sie dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr.

 

Auch wenn Remarques "Im Westen nichts Neues" heute etwas in Vergessenheit geraten ist, lohnt sich die Lektüre sehr, denn die Geschichte packt den Leser wirklich von der ersten Zeile an. Erich Maria Remarque bezeichnete sein erfolgreichstes Werk gerne als Nachkriegsroman, weil er sich neben dem Schicksal junger Soldaten im Krieg gleichermaßen mit den psychischen Folgen des Kriegs beschäftigt. In der heutigen Zeit, in der die meisten jungen Menschen in Deutschland glücklicherweise keine direkte Kriegserfahrung mehr haben, dient Remarques Werk als Anti-Kriegsroman, der eindringlich die Schrecken des Ersten Weltkriegs schildert.

 

Geboren 1898 in Osnabrück als Erich Paul Remark, nahm der Schriftsteller ab 1921 den Namen Erich Maria Remarque mit der früheren französischen Schreibweise an. Er diente als junger Mann im Sommer 1917 an der Westfront. Dabei zog er sich schwere Verletzungen zu und kam in ein Kriegslazarett in Duisburg. Diese Erfahrungen veranlassten ihn, seinen Roman um den jungen Soldaten Paul Bäumer und dessen Kameraden zu schreiben. Im Gegensatz zu Remarque selbst hatte sich sein Antiheld Paul Bäumer freiwillig zum Kriegsdienst gemeldet. Seine Kriegserlebnisse prägten den jungen Autor so stark, dass er zeitlebens eine pazifistische und antimilitaristische Überzeugung bewies. Früh war ihm die Sinnlosigkeit des Ersten Weltkriegs und aller Kriege bewusst. Der junge Soldat Paul Bäumer resümiert in seinem Roman äußerst treffend: "Jetzt aber empfinde ich hinter ihnen [den gegnerischen Soldaten] nur den Schmerz der Kreatur, die furchtbare Schwermut des Lebens und die Erbarmungslosigkeit der Menschen. Ein Befehl hat diese stillen Gestalten zu unseren Feinden gemacht; ein Befehl könnte sie in unsere Freunde verwandeln."

Remarques berühmtestes Werk "Im Westen nichts Neues" (Bild: Astrid Diepes)

Die Verlorenheit der jungen Soldatengeneration im Ersten Weltkrieg, die Remarque in seinem Motto anklingen lässt, beschreibt er konsequent und schonungslos. Seinen Protagonisten Paul Bäumer lässt er aussprechen, was er selbst im Krieg erfahren musste: "Wir sind nicht mehr unbekümmert, – wir sind fürchterlich gleichgültig. Wir würden da sein; aber würden wir leben? Wir sind verlassen wie Kinder und erfahren wie alte Leute, wir sind roh und traurig und oberflächlich; – ich glaube, wir sind verloren." Nicht nur Remarque bezeichnet seine Generation als "verlorene Generation". Der Begriff "Lost Generation" bezeichnete auch eine Gruppe bekannter amerikanischer Autoren, die während des Ersten Weltkriegs nach Paris kam. Gertrude Stein formte diesen Begriff um Ernest Hemingway, F. Scott Fitzgerald, T.S. Eliot, Ezra Pounds und Henry James. Auch Remarque betont in seinem Roman, dass dieses Phänomen für Kriegsheimkehrer aller Nationalitäten gilt: "Wir stimmen darin überein, daß es jedem ähnlich geht; nicht nur uns hier; überall, jedem, der in der gleichen Lage ist, dem einen mehr, dem andern weniger. Es ist das gemeinsame Schicksal unserer Generation. Albert spricht es aus. ‚Der Krieg hat uns für alles verdorben.‘ Er hat recht. Wir sind keine Jugend mehr. Wir wollen die Welt nicht mehr stürmen. Wir sind Flüchtende. Wir flüchten vor uns. Vor unserem Leben. Wir waren achtzehn Jahre und begannen die Welt und das Dasein zu lieben; wir mußten darauf schießen. Die erste Granate, die einschlug, traf in unser Herz. Wir sind abgeschlossen vom Tätigen, vom Fortschritt. Wir glauben nicht mehr daran; wir glauben an den Krieg."  

 

Und es ist auch Remarque – dessen Bücher von den Nationalsozialisten verbrannt wurden – der seine Generation und alle folgenden zum Frieden mahnt: "Das Vermächtnis der Toten heißt nicht: Rache –, es heißt: Nie wieder!" (Der Weg zurück) Die Verfilmung von "Im Westen nichts Neues" wurde ebenfalls von den Nazis boykottiert.

 

Für die angesprochene Filmvorführung im Theodor-Heuss-Haus ist eine verbindliche Anmeldung unter 0711-2535558 nötig. Ausführliche Führungen durch die Sonderausstellung finden am 28. Februar und am 22. März jeweils um 16 Uhr statt. Im Rahmen der "Langen Nacht der Museen" am 14. März sind alle interessierten Nachtschwärmer eingeladen zu "Eine Nacht mit Remarque" mit Kurzführungen von 19 Uhr bis um 2 Uhr. Wer "Im Westen nichts Neues" lesen möchte: Das Buch ist im Kiepenheuer & Witsch Verlag als Taschenbuch für 8,99 Euro erhältlich (ISBN: 978-3-462-04632-8 oder als gebundene Ausgabe für 15 Euro (ISBN: 978-3-462-04581-9 ).


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