Das Online-Portal „Sauberes Rumänien" kämpft gegen Korruption - und gehört inzwischen zu den am meisten aufgerufenen Informationsportalen in Rumänien. Im Interview erklärt die Gründerin Alina Mungiu-Pippidi die Hintergründe der aktuellen Proteste im Land.
Arthur Molt: Was ist das vorrangige Ziel der Internetplattform „clean Romania"?
Alina Mungiu-Pippidi: In 2004 haben wir eine Koalition von NGOs, Gewerkschaften und studentischen Vereinigungen gegründet, die heute den Namen „clean Romania" trägt. So heißt auch unsere website. Clean Romania wurde gegründet, weil es unzureichendes bürgerschaftliches Engagement gegen Korruption in Rumänien gab.
Besonders einflussreich wurde die Koalition 2004, da unsere Arbeit Einfluss auf den Ausgang der Wahlen hatte. Darüber hinaus wurde jemand aus unserer Koalition, Monica Macovei Justizministerin. Später stellten wir fest, dass Mobilisierung nicht genug war. Wir gründeten die Website als eine Plattform für whistle blower und gemeinsame Aktionen gegen Korruption.
Aus ganz Rumänien können Bürger hier Vorfälle von Bestechung, Vorteilsnahme, Machtmissbrauch melden. Über die Website oder eine App können sie Anfragen zu rechtlichen Themen stellen. Die Anfragen werden von uns angenommen und die staatlichen Behörden geben eine Auskunft, die die Nutzer direkt einsehen können. Über 6000 Behörden sind in der App gelistet.
Die Änderung der Anti-Korruptionsgesetze hat in Rumänien für heftige Proteste gesorgt. Staatschef Iohannis nannte das neue Gesetz einen „Skandal".
Ein anderes Werkzeug sind Formulare mit Beispielen aus der Rechtsprechung, die helfen sich gegen Korruption zur Wehr zu setzen. Es ist eine Art Werkzeugkasten zur Selbsthilfe für Menschen, die nicht das Geld für einen Anwalt haben. Zusätzlich arbeiten auch investigative Journalisten für uns, die Korruption nachgehen.
Nein. Aber in den vergangenen zwei Jahren war das Interesse besonders groß. Als wir 2004 anfingen hatten wir ungefähr 400 Aufrufe im Monat, in 2016 waren es circa 8000 im ganzen Jahr.
Wir sind keine offiziellen Organisatoren der Proteste. Und keines der Mitglieder oder NGOs in der Koalition ist ein Organisator und möchte als solcher gesehen werden. Als die Proteste starteten wusste niemand, wer die Organisatoren waren. Es war keiner der etablierten Akteure in der rumänischen Zivilgesellschaft darunter. Auch wenn viele von uns die angelaufenen Proteste unterstützt haben.
Hier muss ich etwas korrigieren. Die Diskussion drehte sich allein um die Absenkung der Schwelle für die Strafbarkeit im Falle eines Gesetzesartikels zum Machtmissbrauch. Andere Artikel, wie zum Beispiel zur Bestechung, waren nicht betroffen. Vetternwirtschaft - wie Herr Fillon sie mit der Beschäftigung seiner Frau bewiesen hat - ist in Rumänien illegal. Und man geht dafür auch ins Gefängnis. Allerdings - und das brachte die Menschen auf die Straße - hätten die Gesetzesänderungen direkt denjenigen Vorteil gebracht, die sie verabschiedeten.
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