EINE DEUTSCHE MÄRCHENOPER IN RUANDA?
PODIUMSDISKUSSION ZUR ADAPTION DER OPER "HÄNSEL UND GRETEL"
Engelbert Humperdinck und Adelheid Wette schufen in den frühen 1890er Jahren nicht nur die berühmteste aller Märchenopern, sondern auch eine präzise Darstellung sozialer Not. So arm, dass es an Essen fehlt? Solche Armut kennen wir seit Jahrzehnten nicht mehr, wir haben sie in andere Länder »ausgelagert«.
Der russische Regisseur Kirill Serebrennikov sucht sie dort, wo wir sie vermuten und wohin unser Schuldgefühl sie projiziert: in Afrika. »Wenn die Not aufs Höchste steigt, Gott der Herr die Hand uns reicht« verspricht das Libretto von Adelheid Wette. Aber wie können wir verhindern, dass das Lebkuchenhaus zum Schlachthaus wird? Und wen müssen wir dafür in den Ofen schieben?
PODIUMSDISKUSSION
SONNTAG, 17. DEZEMBER 2017 11:00 Uhr, Opernhaus, Foyer I. Rang
Podiumsgespräch mit
Fragen und Kommentare bei der Podiumsdiskussion
- Warum wird in der Adaption der globale Hunger nach Ruanda verlagert, gleichzeitig aber erklärt, der Ort Ruanda wurde aus Pragmatismus gewählt?
- Wieso befasst sich das Stück nicht, was stichhaltig wäre, mit der Armut, wie sie heute in Deutschland stattfindet?
- Bei der Vorbereitung auf den in Ruanda gedrehten Film wurde Ruandas Geschichte ausgelassen, dessen Märchentradition, gesellschaftliche Aktualität und die lange deutsche Kolonialzeit in Ruanda nicht berücksichtigt. Wie wirkt das einerseits auf die Intention, andererseits auf die Rezeption des Stücks?
- Facetten Ruandas sind in der Adaption falsch repräsentiert, etwa die Masken, die nicht aus Ruanda, sondern aus der DR Kongo stammen. Diese Entscheidung begründet die Dramaturgie wie folgt: Die falsche Repräsentation nimmt man in Kauf, weil das Publikum nicht Ruandesen, sondern Deutsche sind.
Was verursacht das bei Darstellern und Zuschauern, die nicht im Bilde sind? Was anderes sollte es bewirken, als bekannte Vorurteile über "Afrika" hervorzurufen, in denen jede versuchte Kritik untergeht, bis nur noch Wohlfühlstimmung um die Weihnachtszeit herrscht und der Hunger nichts anderes als ausgelagert bleibt?
Zum Original
PODIUMSDISKUSSION ZUR ADAPTION DER OPER "HÄNSEL UND GRETEL"
Engelbert Humperdinck und Adelheid Wette schufen in den frühen 1890er Jahren nicht nur die berühmteste aller Märchenopern, sondern auch eine präzise Darstellung sozialer Not. So arm, dass es an Essen fehlt? Solche Armut kennen wir seit Jahrzehnten nicht mehr, wir haben sie in andere Länder »ausgelagert«.
Der russische Regisseur Kirill Serebrennikov sucht sie dort, wo wir sie vermuten und wohin unser Schuldgefühl sie projiziert: in Afrika. »Wenn die Not aufs Höchste steigt, Gott der Herr die Hand uns reicht« verspricht das Libretto von Adelheid Wette. Aber wie können wir verhindern, dass das Lebkuchenhaus zum Schlachthaus wird? Und wen müssen wir dafür in den Ofen schieben?
PODIUMSDISKUSSION
SONNTAG, 17. DEZEMBER 2017 11:00 Uhr, Opernhaus, Foyer I. Rang
Podiumsgespräch mit
- Grit Köppen (Theaterwissenschaftlerin und Afrikanistin)
- Arlette-Louise Ndakoze (Romanistin und freie Journalistin mit Schwerpunkt Ruanda)
- Shenge Claudine Ndimbira (ruandische Filmregisseurin)
- Ann-Christine Mecke (Produktionsdramaturgin von Hänsel und Gretel)
Fragen und Kommentare bei der Podiumsdiskussion
- Warum wird in der Adaption der globale Hunger nach Ruanda verlagert, gleichzeitig aber erklärt, der Ort Ruanda wurde aus Pragmatismus gewählt?
- Wieso befasst sich das Stück nicht, was stichhaltig wäre, mit der Armut, wie sie heute in Deutschland stattfindet?
- Bei der Vorbereitung auf den in Ruanda gedrehten Film wurde Ruandas Geschichte ausgelassen, dessen Märchentradition, gesellschaftliche Aktualität und die lange deutsche Kolonialzeit in Ruanda nicht berücksichtigt. Wie wirkt das einerseits auf die Intention, andererseits auf die Rezeption des Stücks?
- Facetten Ruandas sind in der Adaption falsch repräsentiert, etwa die Masken, die nicht aus Ruanda, sondern aus der DR Kongo stammen. Diese Entscheidung begründet die Dramaturgie wie folgt: Die falsche Repräsentation nimmt man in Kauf, weil das Publikum nicht Ruandesen, sondern Deutsche sind.
Was verursacht das bei Darstellern und Zuschauern, die nicht im Bilde sind? Was anderes sollte es bewirken, als bekannte Vorurteile über "Afrika" hervorzurufen, in denen jede versuchte Kritik untergeht, bis nur noch Wohlfühlstimmung um die Weihnachtszeit herrscht und der Hunger nichts anderes als ausgelagert bleibt?
Zum Original