Professionelle Stilvermittler kümmern sich darum, Stars in die richtigen Kleider zu stecken und vermeiden damit peinliche Momente. Denn welcher Star will seine Oscar-Robe schon doppelt sehen? Von Ariane Sommer
Das Showbusiness und die Modewelt haben viele Ähnlichkeiten. Beides sind harte Branchen, in beiden geht es um viel Geld und den schönen Schein. Deswegen ergänzen sie sich auch so gut.
Marilyn Heston, 58, zum Beispiel soll einst Angelina Jolie, 38, in deren Einfahrt regelrecht aufgelauert haben, um die Schauspielerin davon zu überzeugen, die Roben eines ihrer Designer zu tragen. Das ganze habe eher so gewirkt, als wolle die PR-Frau eine Kiste Ebola-Viren loswerden und nicht Zehntausend-Dollar-Kleider, erzählen Hollywood-Insider.
Die Methode mag brachial sein, aber gerade wegen ihrer Schamresistenz zählt Heston, Schwiegertochter des legendären, verstorbenen Charles Heston, zu den erfolgreichsten ihrer Branche. Der Job von Mode-PR-Leuten, den sogenannten Brandwranglers, ist dem eines echten Wranglers, eines Cowboys, der dafür sorgt, dass die Kühe in den richtigen Stall gesteckt werden, nicht unähnlich.
Professionelle Stilvermittler wie Heston kümmern sich nämlich darum, Stars in die richtigen Kleider ihrer Klienten zu stecken. Und zu kaum einer Zeit sind sie wichtiger - für Stars wie für Designer - als zur Verleihung der Oscars.
Optisch ins rechte Licht rückenDenn der Stoff, aus dem die Träume sind, ist rot. Der rote Teppich bei Filmpremieren und Preisverleihungen ist das Vehikel zu Ruhm und Geld. Für die Schauspieler geht es darum, sich optisch ins rechte Licht zu rücken und damit möglicherweise die nächste Hauptrolle oder einen Werbedeal zu ergattern.
Stilvermittler helfen ihnen zudem, jenen peinlichen Moment zu vermeiden, plötzlich im gleichen Kleid dazustehen wie die Konkurrentin oder deren Outfit aus dem Vorjahr zu tragen. Die Robe wiederum, welche ein Star auf dem roten Teppich trägt, kann den Designer über Nacht weltberühmt machen.
So war es 2002, als Halle Berry, 47, ihren Oscar als beste Hauptdarstellerin in einem Kleid des bis dato unbekannten libanesischen Designers Elie Saab, 49, entgegennahm. Berrys Triumph war gleichzeitig Saabs Sieg. Über eine Milliarde Mal wurde es im Internet angeschaut. Von der Präsenz in TV- und Print-Medien ganz zu schweigen.
Umgerechnet 25 Millionen US-Dollar hätte Saab für klassische Werbemaßnahmen ausgeben müssen, um Ähnliches zu erreichen. Verantwortlich für den Coup war Marilyn Heston, die übrigens auch den Designer Jimmy Choo, 52, ins Scheinwerferlicht gerückt hat.
Vertrauen und Diskretion"Wen tragen Sie?", ist die wohl meistgestellte Frage an Prominente auf dem roten Teppich. Dafür, dass als Antwort der Name eines ihrer Klienten fällt, müssen Stilvermittler im Vorfeld sorgen. Über Jahre werden Kontakte zu Prominenten und deren Teams aufgebaut und gepflegt. Vertrauen und Diskretion sind ebenso unerlässlich, wie die Produkte und auch die Stars genauestens zu kennen.
"Es geht darum zu kommunizieren, dieses Kleid ist perfekt für Halle, diese Schuhe sind perfekt für Gwyneth, und dafür zu sorgen, dass sie die Produkte als Allererste sehen", sagt Adam Drawas, dessen gleichnamige PR-Firma Kleider von Labels wie All Saints an Gwen Stefani und Lady Gaga vermittelt.
Auch finanziell lohnt sich das Geschäft zwischen Stars und Designern. "Die Stars haben inzwischen verstanden, dass große rote Teppiche auch große Geschäfte bedeuten. Viele Marken zahlen dafür, dass ihre Kleider getragen werden. Die Oscars erreichen eine Milliarde Menschen. Marketing-Dollars sind gut angelegt, wenn sie garantieren, dass ein Star das Label trägt, sagt Susan Ashbrook, Gründerin von Film Fashion, der ersten Fashion Product Placement Firma in Los Angeles, die über ihre Jahre als Kupplerin zwischen Labels wie Ralph Lauren, Lanvin, Escada und Hollywoods A-Prominenz ein Buch ("Will work for Shoes") geschrieben hat.
Geschickte DiplomatieEin absoluter Albtraum für Hollywoods Stilflüsterer sind dagegen Stars, die sich selbst stylen. So, wie kürzlich Hayden Panettiere, 24. Für die Golden Globes suchte sie sich ein Kleid von Tom Ford, 52, aus und bezahlte es selbst, da Ford grundsätzlich pro Awards-Show nur eine Dame einkleidet. Seine Wahl fiel auf Naomi Watts, 45. Das hätte schiefgehen können, doch zum Glück trug sie nicht das gleiche Kleid. Für Aufsehen sorgte die Sache trotzdem.
"Designer wie Tom Ford steuern ihre Marke sehr selektiv", sagt Adam Drawas. "Man kann seine Zigtausend-Dollar-Kleider nicht einfach jedem geben. Es steckt eine Strategie dahinter. Nicht jeder Star kann jedes Label tragen, aber manchmal akzeptieren Prominente einfach kein Nein." Trotzdem schickte Ford im Anschluss Blumen samt Dankeskarte an Panettiere. Die veröffentlichte prompt Fotos davon auf Twitter. Also doch alles gut? Wohl eher geschickte Diplomatie.