Donald Trump ist der 45. Präsident der Vereinigten Staaten. Was vor Monaten noch wie ein Witz klang, ist heute Morgen bittere Realität geworden. Meine Timeline flippt aus, und auch wir sind entsetzt. Ein Mann, der im Vorfeld vor allem mit rassistischen, homophoben, sexistischen wie meist populistischen Aussagen Anhänger um sich scharte, dessen Wahlprogramm eine Mauer gegen mexikanische Einwanderer, Abschiebung von Immigranten, Steuerbegünstigungen für Reiche - als wäre die Gap noch nicht groß genug - sowie eine Verleugnung des Klimawandels beinhaltet, wird von über 55 Millionen Menschen gewählt.
Der US-Wahlkampf war schmutzig, viel beachtet, weltweit diskutiert. Ein in den Medien ausgetragener Wahlkampf. Eine mediale Wahl, die Trump womöglich erst so groß machte. Medien, die seine Aussagen veröffentlichten, viel zu oft ohne Einordnung und ohne klaren Positionsbezug. Schließlich ist die Presse neutral. Funktioniert das in Zeiten von Facebook, Twitter & Co. überhaupt noch? Dafür zeigte sich meine Timeline umso klarer: Niemand von meinen Facebook-Freunden hätte Trump gewählt. Politische Diskussionen entwickelten sich in den Kommentaren, auch über die nicht wirklich großartige Alternative von Hillary Clinton. Aber wenn man die Wahl zwischen Hölle und leichtem Grusel hat, wählt man wohl den schlechten Horrorfilm, als die Apokalypse. Ich frage mich noch immer: Wo war eigentlich Bernie Sanders?
Heute ist meine Timeline entsetzt. No words. Wir sind sprachlos, wie das wirklich Unvorstellbare passieren konnte. Wie ein Mann, dessen Twitter-Account an schlechte Satire erinnert, der bereits vor 16 Jahren in einer Simpsons-Folge als Katastrophe dargestellt wurde, der keinerlei politische Erfahrung hat, an die Macht kommen konnte. Amerika, du Land der unbegrenzten Möglichkeiten.
Tatsächlich heißt es jetzt, nicht den Kopf in den Sand stecken: Trump ist kein Diktator. Er regiert nicht allein wie Assad, Putin und Co. Er kann Entscheidungen nicht alleine treffen, ein ganzer Apparet steckt hinter ihm. Wie viel er tatsächlich von seinen Plänen umsetzen kann, bleibt abzuwarten. Dennoch hat der amerikanische Präsident weitaus mehr Macht als unsere Bundeskanzlerin.
Wichtiger ist die Botschaft, die diese Wahl an uns, an unsere Gesellschaft sendet. Ein homophober, sexistischer, rassistischer Mann, ein Populist, kann nur gewinnen, wenn die Gesellschaft, die ihn wählt, so denkt. Die Lügen, die Aussagen von Trump haben den Nerv einer großen Masse getroffen. Und wer jetzt denkt, dass dies nur ungebildete Menschen waren, irrt. Populismus findet sich in allen Gesellschaftsschichten. Wut ist heute morgen zur Weltmacht geworden. Aus Angst, Hass und Wut hat eine Masse jemanden gewählt, von dem sie hoffen, dass er ihnen Gehör verschafft.
In Europa ist diese Art von Populismus längst angekommen: Le Pen in Frankreich, Brexit in Großbritannien, die Präsidentschaftswahl in Österreich, die Machthaber in Ungarn und Polen, Pegida und Afd. Zu behaupten, so etwas passiere hierzulande nicht, ist falsch. Die Trump-Wahl ist die Sirene für uns, endlich zu reagieren.
Eine liberale Gesellschaft, eine Demokratie, Gleichberechtigung, ist keine Selbstverständlichkeit. Aufklärung, Fortschritt und Wissen, all das ist offensichtlich kein Indikator für ein rationales Voranschreiten. Die kulturelle sowie soziale Frage ist nun: Wie gehen wir damit um? In was für einer Gesellschaft wollen wir leben? Und wie können wir agieren, um diese zu bekommen. Für diese liberale Gesellschaft, Feminismus, Menschlichkeit müssen wir weiterkämpfen.
Nicht nur heute, sondern die nächsten Tage, Monate, Jahre. Ein lustiges Trump-Gif zu posten wird nichts ändern. Wir müssen in den Dialog treten, mit Menschen, mit zweifelnden, wütenden Menschen. Aufklären, uns politisch engagieren.
Die Bundestagswahl 2017 steht an. Ich hoffe, meine Timeline wird die nächsten Monate genauso voll sein. Take actions for your belief.
Photocredit: APR Munich