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Rathaus-Vorhaben funktionieren nicht: Sozialwohnungsbau: Münchner Nicht-Mischung - Abendzeitung München

Ansonsten finden sich im Stadtzentrum nur wenige Sozialwohnungen. 1,2 Prozent sind es in der Isarvorstadt/Ludwigsvorstadt, 1,3 Prozent in der Maxvorstadt. Nur in wenigen Vierteln ist gelungen, was sich die Stadt unter dem Namen "Münchner Mischung" vorgenommen hat: ein breit gefächertes Wohnungsangebot für unterschiedliche Einkommensgruppen.

Proteste von Nachbarn gibt es auch in Vororten wie Pullach

Häuser wie das in Moosach stellen eine Möglichkeit dar, die Mischung auch in Vierteln zu verbessern, in denen es eigentlich keinen Platz für neue Gebäude mehr gibt. Der Trick: Das Gebäude steht auf Stelzen über einem Parkplatz. Laut Hans Maier, Direktor des Verbands bayerischer Wohnungsunternehmen (VdW), hat die Vehemenz, mit der die Anwohner sich beklagen, allerdings in den letzten Jahren spürbar zugenommen.

Längst gibt es Proteste nicht mehr nur in der Großstadt. Besonders hitzig waren die Proteste gegen neue Sozialwohnungen in Pullach. In der drittreichsten Gemeinde Deutschlands hat sich im vergangenen Jahr ein Streit um 22 kommunale Wohnungen entfacht. Was als Uneinigkeit im Gemeinderat begann, beschäftigte bald 9.000 Einwohner der Gemeinde. Der Streit wurde immer emotionaler, bis es im Februar zu einem Bürgerentscheid kam: "Soll gebaut werden oder nicht?" Am Ende gewannen die Befürworter der Sozialwohnungen.

In Ramersdorf musste die städtische Wohnungsgesellschaft GWG ein Projekt nach dem Protest von Bürgern abspecken: statt 105 wurden nur 70 Wohnungen gebaut. Weniger Wohnungen zu bauen ist eine Kompromisslösung, die auch die Gewofag an mehreren Standorten gewählt hat.

Warum aber protestieren immer mehr Menschen gegen Sozialwohnungen? Die Sorgen der Gegner sind nach Auskunft der Wohnungsgesellschaften immer die Gleichen: Was passiert mit unseren Grünflächen? Gibt es dann noch genug Parkplätze? Wer wird dort einziehen? Passen die in unsere Nachbarschaft? "Die Verdichtung löst bei vielen Bürgern Stress aus, der sich auch in der Ablehnung von Bauvorhaben und der oft zitierten Haltung 'not in my backyard' bemerkbar macht", sagt Klaus-Michael Dengler, Sprecher der Geschäftsführung der Gewofag.

Die Stadt versucht es jetzt mit einer offensiven Strategie

Das Phänomen "Not in my back-yard", übersetzt "nicht in meinem Hinterhof", lässt sich bei Bauvorhaben immer öfter beobachten. Sicher, es braucht neuen Wohnraum, aber bitte nicht bei mir gegenüber. "Wir erleben leider immer wieder, dass Bürger versuchen, ihr Eigeninteresse unter dem Deckmantel des Gemeinwohls durchzusetzen", sagt Dengler.

Den Vorurteilen und Bedenken der Anwohner begegnet die Stadt mittlerweile mit einer Strategie offensiver Kommunikation: mit Informationsveranstaltungen schon in der Bauphase. Und später mit Sozialpädagogen in den Häusern, die sich auch um den Kontakt zur Nachbarschaft kümmer sollen.

Das ist auch Katharina Maiers Aufgabe in Moosach. An den Wänden ihres Büros hängen zahlreiche Erinnerungen: eine Reihe abgerissener Kinokarten, Fotos mit lachenden Gesichtern, Kalender vollgeschrieben mit Veranstaltungen. Zum großen Teil sind es nicht nur die Erinnerungen der Bewohner, sondern auch von Nachbarn.

Einige von ihnen engagieren sich ehrenamtlich beim Projekt. Sie nehmen Maier und ihren Kollegen damit viel Arbeit ab. "Wir haben großes Glück inmitten eines Wohnviertels zu liegen", sagt Maier. Das ist bei Sozialbauwohnungen nicht selbstverständlich. Oftmals werde außerhalb der Stadt oder in Gewerbegebieten gebaut. Dort gebe es dann zwar weniger Konfliktpotenzial mit Anwohnern, aber eben auch weniger Unterstützung durch Ehrenamtliche.

Das Miteinander der Nachbarschaft hält Katharina Maier für elementar. Nur so können die Bewohner ihrer Meinung nach wirklich ankommen. In ihrem Zuhause. Und das ist in diesem Fall: mitten in Moosach.

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