Annika Kremer

Freie Journalistin, Rheinberg

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Artikel

Was ist Snapcash?

Am 17. November 2014 kündigte der Dienst Snapchat, der primär dem Austausch von Fotos dient, an, künftig auch die Übertragung von Geldbeträgen zu ermöglichen. Die in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Square realisierte Dienstleistung soll unter dem Namen „Snapcash" angeboten werden. Neben sinnvollen und harmlosen Nutzungsmöglichkeiten könnte Snapcash jedoch auch ein neuer Liebling der Porno-Industrie werden - und sogar den Verkauf von Kinderpornografie erleichtern, warnen Kinderschützer.

Start von Snapcash

Snapchat kündigte die Einführung von Snapcash voller Stolz auf seinem offiziellen Blog an und veröffentlichte auch ein Promotion-Video, das den neuen Dienst vorstellt. In der Ankündigung beschreiben die Entwickler die App als „schnell, voller Spaß und unglaublich einfach". Auch mit den ausgeklügelten Sicherheitsfeatures des Dienstes wird geworben.

Das Funktionsprinzip von Snapcash ist tatsächlich einfach und komfortabel. Um den Dienst nutzen zu können, muss zunächst eine Kreditkarte oder Geldkarte beim eigenen Snapchat-Konto registriert werden. Anschließend müssen Nutzer lediglich im Chat ein Dollarsymbol gefolgt vom Geldbetrag an den Empfänger senden. Schon wird der gewünschte Betrag an diesen überwiesen.

Derzeit steht Snapcash nur Nutzern in den USA zur Verfügung. Dort können alle, die mindestens 18 Jahre alt sind und eine geeignete Karte besitzen, den Dienst nutzen. Es steht zu vermuten, dass der Dienst schon bald auch in anderen Ländern angeboten werden wird.

Snapcash und die Porno-Industrie

Berichten zufolge existiert auf Snapchat eine lebhafte Amateurporno-Subkultur. So ist Snapchat bei Jugendlichen beliebt, die, ähnlich wie beim Sexting, Nacktbilder als Zeichen ihrer gegenseitigen Liebe austauschen. Daneben dient Snapchat aber auch Anbietern kommerzieller Sex-Dienstleistungen, insbesondere sogenanneten „Cam Girls", die nackt vor der Webcam posieren, als Werbeplattform.

Vor diesem Hintergrund hatten viele Internet-Nutzer zur Snapcash-Ankündigung vor allem eine Assoziation: die Vermutung, dass auf Snapchat demnächst vielfach Geld für Nacktbilder gezahlt werden wird. Auf der Diskussionsplattform Reddit kommentierte der Nutzer „Kaelteth" die Ankündigung mit den Worten „...und die Entwicklung zu einer Porno-Firma ist komplett" und wurde damit auf zahlreichen US-amerikanischen News-Websites, unter anderem beim Vice-Magazin, als Beispiel für die vorherrschende Meinung im Netz zitiert.

Die Porno-Industrie dürfte Snapchat angesichts der nun gebotenen Möglichkeit, auch direkt Geld für auf Snapchat angebotene Bilder zu fordern, nun mit noch mehr Interesse betrachten. Für Sexarbeiterinnen und Sexanbieter könnte sich die Plattform jedoch als gefährliches Terrain erweisen. Snapchat speichert in großem Umfang Benutzerdaten. Die Sicherheit der Plattform geriet erst vor kurzer Zeit durch einen spektakulären Hack, bei dem 500 GB persönlicher Daten in die Hände von Angreifern gerieten, in die Kritik. Für Angehörige einer Branche, die häufig Repressionen und Drohungen ausgesetzt ist (vor allem durch Stalker), ist dies ein ernstzunehmendes Risiko. Die meisten derjenigen, die auf Snapchat Nacktbilder und ähnliches Material anbieten, dürften es wohl vorziehen, dabei anonym und somit vor Nachstellungen geschützt zu bleiben.

Kinderpornos per Snapchat?

Kinderschützer befürchten nun sogar, dass auf Snapchat mit der Einführung von Snapcash verstärkt auch kinderpornografisches Material ausgetauscht werden könnte. Mit Hilfe anonymer Prepaid-Kreditkarten könnten sich Pädophile über die Plattform mit Material eindecken. Da eine populäre und scheinbar harmlose Website wie Snapchat womöglich mit weniger Hemmschwelle - und auch weniger technischem Sachverstand - genutzt werden kann als explizit dem Austausch kinderpornografischer Medien dienende Underground-Plattformen, könnte dies zu einer Erleichterung der Beschaffung entsprechender Medien führen. Kinderschützer befürchten daher, dass die Pläne der Bundesregierung zur Bekämpfung von Kinderpornografie - etwa durch den am 17.11.2014 gefassten Beschluss der Verschärfung des Gesetzes gegen Kinderpornografie und Missbrauch - durch die jüngsten Pläne von Snapchat einen empfindlichen Schlag bekommen könnten.

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