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Tag der Einheit in der Moschee | shz.de

Der Vorbeter Bahri Kaya gab den Besuchern Einblicke in seine Arbeit, sang den Gebetsruf und erklärte den Koran.

Ein quadratisches grünes Schild, leicht zu übersehen, hängt oben an der Fassade eines Hauses an der Friedrichstraße und weist den Weg zur Moschee der türkisch-islamischen Gemeinde. In einem Hinterhof liegt das unscheinbare Gebäude, ein umgebautes Wohnhaus. Zwei Türen standen dort gestern weit offen: Hinter der ersten fiel ein Berg Schuhe auf, der am Fuße einer Treppe stand. Hinter der anderen Tür herrschte reger Betrieb. Besucher wurden mit offenen Armen empfangen, es gab türkischen Tee und viel zu schnacken. Rund um einen langen Tisch brachen die Gespräche nicht ab, mal ausgelassen fröhlich - mal ernsthaft oder nachdenklich und immer in einer bunten Mischung aus Deutsch und Türkisch. So wurde der Tag der Einheit, nicht nur aus deutsch-deutscher Sicht betrachtet, sondern auch aus deutsch-türkischer und war so ein besonderer Baustein im Mosaik der Interkulturellen Wochen.

Gesprächsstoff gab es am gestrigen Tag der offenen Moschee reichlich. Natürlich war Schleswig ein Thema. Viele Mitglieder der türkisch-islamischen Gemeinde leben schon einige Jahrzehnte hier, die nächste Generation ist in Schleswig groß geworden. Mustafa Kayar ist Vorstandsmitglied der Gemeinde und erzählte, dass er hier nicht mit Fremdenfeindlichkeit zu tun habe. „Im Friedrichsberg und in ganz Schleswig kenne ich keine Schmierereien an den Wänden mit dummen Parolen." Es herrsche eine gewisse Harmonie, sagt er, da werde nicht gegeneinander gearbeitet. „Wir sind ein Teil dieses Landes", so Kayar. Deshalb hat die türkisch-islamische Gemeinde in diesem Jahr beispielsweise einen Bus mit Helfern in die Flutregionen an der Elbe geschickt, um dort mitanzupacken.

Auch die eigenen Räume für Interessierte zu öffnen, gehört für Kayar selbstverständlich dazu. Klassen durch die Moschee zu führen sei dabei besonders spannend, weil Schüler weniger zurückhaltend fragen als Erwachsene. „Kinder sind da brutaler", sagte Kayar lachend. Auch gestern kamen manche Fragen der Besucher eher zögerlich, aber sie kamen zahlreich. Die nach Geschlechtern getrennten Gebetsräume im oberen Stockwerk waren genau so Thema wie das Kopftuch, der 11. September, die Integration, das Fasten, die Bräuche und Feiertage, Gemeinsamkeiten und Unterschiede.

Der Imam, Vorbeter Bahri Kaya, trug seine festliche Kutte und führte den Gästen den Gebetsruf vor, den er fünf Mal täglich singt, um die Gläubigen über Lautsprecher zum Gebet zu rufen. Die Schleswigerin Angelika Währisch war an Art und Inhalt dieser Gebete besonders interessiert. Ihre Begleitung Lioba Mumm erzählte, dass sie eine anfängliche Hemmschwelle gespürt habe, aber der herzliche Empfang in der Moschee habe das gleich wieder vergessen gemacht. Auch sie fand den Besuch sehr spannend und nahm sich vor, aus der Bücherei einen deutschsprachigen Koran auszuleihen, um noch mehr über den anderen Glauben zu erfahren. Verabschiedet wurden die beiden - und auch alle anderen Gäste - mit der herzlichen Einladung, bald wieder vorbeizuschauen.


von Anne Welkener erstellt am 04.Okt.2013 | 07:45 Uhr

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