Osnabrück. Akademische Bildung ist kein Garant für ein aufgeklärtes Weltbild. Studierende haben dieselben Vorurteile gegen Juden und Muslime wie andere Gesellschaftsgruppen auch. Das zeigte eine Tagung an der Uni Osnabrück.
Studierende haben genauso viele Vorurteile gegenüber Muslimen und Juden wie andere Gesellschaftsgruppen. Das hat eine internationale Tagung an der Universität Osnabrück ergeben. Unter dem Titel „Soziale Vorurteile auf dem Campus: Was wissen wir, was brauchen wir?" diskutierten rund 30 Experten verschiedener Fachrichtungen über das Thema.
„Ein trauriges Ergebnis", nennt Prof. Wassilis Kassis vom Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Osnabrück die Erkenntnis. Es beruht auf einer Studie in zehn Ländern und an 16 Universitäten. „Bislang sind wir stets davon ausgegangen, dass akademische Bildung vor sozialen Vorurteilen schützt", erklärt Kassis. Doch schon vor drei Jahren hatte eine Studie der Osnabrücker Universität und der kanadischen Partneruniversität University of Victoria in British Columbia das Gegenteil bewiesen. Besonders erstaunlich war für die Forscher, dass es trotz aller kulturellen Unterschiede kaum Unterschiede zwischen den Ländern gab.
Internationales ProblemNun wurde die Studie ausgeweitet. „Soziale Vorurteile sind ein internationales Problem", erklärt Kassis. Denn egal ob Studierende in Russland, Polen, Griechenland oder Deutschland befragt wurde, überall zeigte sich, dass akademisch gebildete junge Frauen und Männer Vorurteile gegenüber anderen Ethnien und Religionen hegen. Etwa die Hälfte der Studierenden habe etwa antisemitische Vorbehalte, so Kassis.
„Die Erfahrung spielt dabei überhaupt keine Rolle", erklärt er, dass auch der Kontakt mit bestimmten gesellschaftlichen Gruppen nicht davon abhält, Vorurteile zu entwickeln. Unter den untersuchten Universitäten war etwa die im russischen Kasan, einer Stadt, in der Muslime 50 Prozent der Bevölkerung bilden, wie in Polen, wo der Anteil der muslimischen Bevölkerung nicht mal 0,1 Prozent beträgt.
Soziale ÜberlegenheitDie Tagung befasst sich auch damit, wie die verallgemeinernden Urteile entstehen. Ursache seien Bilder, die über bestimmte gesellschaftliche Gruppen herrschen, so Kassis. Die Vorurteile äußerten sich dabei nicht immer direkt, sondern oft auch unterschwellig. Sie würden das Wir-Gefühl vermitteln und gleichzeitig legitimieren, sich anderen überlegen zu fühlen, so Kassis. Kassis nennt das Video des FPÖ-Politikers Arnim Sippel als Beispiel, in dem er Zugewanderten scheinbar wohlwollend erklärt, wie sie mit Frauen umzugehen hätten. „Die eigentliche Botschaft des Video ist: Finger weg von unseren Frauen", so Kassis.
Wassilis Kassis sieht da auch die Universitäten in der Verantwortung, gegen die Vorurteile vorzugehen. Sie sollten nicht nur Fachwissen ausbilden, sondern hätten auch einen „allgemeinen Bildungsauftrag".