Osnabrück. Kurz vor Beginn der „Spieltriebe 6 - Das Unmögliche geschieht" stellen wir ihnen die Routen des Festivals vor. Die Route Pink beginnt mit dem Rechercheprojekt „Dschihad Express" über Jugendliche, die für den IS kämpfen.
Früher standen hier Kleiderständer. Nun ist die obere Etage des ehemaligen C&A-Hauses an der Möserstraße leer. Die schmalen, gefliesten Gänge zwischen den Teppichböden weisen noch auf die ehemalige Funktion als Verkaufsraum hin. Doch zu Kaufen gibt es im ersten Stock nichts mehr. Stattdessen nutzt das Theater die Fläche für die Spieltriebe . „Dschihad Express", das erste Stück auf der Route Pink, wird an der Möserstraße 11 gespielt.
Regisseur Pascal Wieand und sein Team nutzen die Industriebrache mehr oder weniger, so wie sie ist. Fundstücke aus dem ehemaligen Geschäft werden als Requisiten benutzt. Auch ein kleiner Nebenraum wird bespielt.
Rechercheprojekt„Dschihad Express" ist ein Rechercheprojekt von Pascal Wieand und Dramaturgin Anja Redecker, in dem sie der Frage nachgehen, warum europäische Jugendliche für die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) in den Dschihad ziehen. Eine Tatsache, die unfassbar scheint. Entscheiden sie sich doch radikal gegen die Werte der westlichen Welt. Gegen die hiesige Vorstellung von Freiheit. Für den Krieg.
„Ich fand es unfassbar, dass so etwas passiert", sagt er 34-jährige Regisseur. An der „guten Marketingabteilung" allein, wie Wieand es überspitzt formuliert, könne es kaum liegen. So werden soziale Netzwerke wie Facebook genutzt, um Jugendliche zu rekrutieren. „Aber so gut kann Werbung nicht sein", so Pascal Wieand. Vielmehr liege es daran, dass in dieser Gesellschaft etwas nicht in Ordnung sei. Und genau darum geht es in diesem Stück.
Warum ziehen Jugendliche in den Krieg?Geschickt knüpfe der IS an Dinge des westlichen Alltags an, „die nicht in Ordnung sind". Da wird mit Kleidung argumentiert, die hier günstig zu kaufen ist, und unter menschenunwürdigen Bedingungen in ärmeren Ländern produziert wird. Auch an der heutigen Macht des IS sei der Westen nicht unschuldig, erklärt Pascal Wieand. Lange habe die US die Terrororganisation unterstützt.
Als „Lecture Performance" wird das Stück im Pressetext beschrieben. Schauspieler sind Martin Schwartengräber , Niklas Bruhne und Gastschauspieler Gabriel Schneider . Dazu kommen vier Jugendliche aus dem Jugendclub des Theaters.
Apokalyptischer SoundAn vielen Stellen ist „Dschihad Express" Sprechtheater. Doch es gebe auch einen „apokalyptischen Sound", beschreibt Wieand die Musik von Fabian Ristau. An manchen Stellen würden Musik und Schauspiel eine „symbiotische Beziehung" eingehen.
Nach dem „Dschihad Express" geht es auf der Route Pink mit dem Namen „Freiheit, so schön elastisch" weiter zur Liebigfabrik, wo die Performance „Wunder gibt es immer wieder" mit der Aussicht auf Spontanheilungen lockt. Die Route endet mit drei Musiktheater-Kompositionen unter dem Titel „Ich aus Angst oder die Liebe in Zeiten ökonomischer Fremdbestimmung" im Speicher am Hafen.