Es gibt viele Planeten im All, die zwar Leben beherbergen könnten, es aber nicht tun. Der Physiker Claudius Gros möchte das ändern. Seine Idee: Sonden sollen Bakterien und andere Mikroorganismen auf unbewohnte Welten abwerfen. Eine gute Idee?
Den Plan für sein Genesis Project hat Claudius Gros schon viele Jahre. Doch jetzt, sagt er, sei die Vorstellung, Leben auf Exoplaneten zu bringen, nicht mehr reine Science-Fiction. Der Physiker am Institut für Theoretische Physik der Goethe Universität Frankfurt hat deshalb in der Zeitschrift Astrophysics and Space Science beschrieben, wie man Ökosphären auf Planeten entwickeln könnte, die sonst vielleicht für immer unbewohnt bleiben würden. Im WIRED-Interview erklärt Gros, wie genau das Genesis Project ablaufen würde, warum die Menschheit davon keinen Nutzen hätte und wieso wir seiner Meinung nach trotzdem eine aktive Rolle im Kosmos einnehmen sollten.
WIRED: Man findet also einen geeigneten Planeten und dann... Gros: ...dann müsste man eine interstellare Sonde bauen. So weit ist die Forschung noch nicht, aber es gibt schon ein Projekt, das in diese Richtung geht: das Starshot-Projekt. Die Genesis-Sonde wäre allerdings nicht so schnell wie Starshot unterwegs, damit sie abbremsen kann. Wenn die Genesis-Sonde angekommen ist, kann sie langsam bis zum Planeten steuern, in die Umlaufbahn eintreten und dort ein paar Jahrhunderte bleiben.
WIRED: Was hat man damit gewonnen? Gros: Die Menschheit nichts, der Planet Zeit. Genesis soll den Planeten auf den optimalen Zustand für eine Entwicklung von Einzellern zu komplexeren Lebewesen bringen. Der optimale Zustand, das ist der präkambrische Evolutionszustand der Erde. Also der Zeitpunkt, vor der kambrischen Explosion, bei der innerhalb von zwanzig bis vierzig Millionen Jahren fast alle heutigen Arten entstanden sind. Dort hinzukommen, braucht aber viel Zeit: Der größte Teil der Evolution auf der Erde ist darauf verwendet worden, die interne molekulare Chemie der Einzeller zu entwickeln. Die ist nämlich hochkomplex. Danach den Bauplan für höhere Lebewesen zu entwickeln, war relativ gesehen eine kleine Aufgabe.
+++ Mehr von WIRED regelmäßig ins Postfach? Hier für den Newsletter anmelden +++WIRED: Wobei die Vorstellung einer zweiten Erde - beispielsweise auf Proxima Centauri b - schon verlockend ist. Gros: Ganz ausgeschlossen ist eine zweite Erde nicht. Wenn es in zehn Millionen Jahren noch Menschen gibt, dann dürften die natürlich zu einem der Planeten reisen, wenn dort eine Biosphäre entstanden ist. Aber zu argumentieren: Das ist der Nutzen, das ist das Ziel des Genesis-Projekts, ist schwer. Übrigens: Proxima Centauri b würde Genesis nicht ansteuern. Der Planet ist so nah, dass man ihn wissenschaftlich untersuchen sollte.