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Geplante Suchthilfe-Station in Wien sorgt für Aufregung

Anrainer am Alsergrund sammeln Protestunterschriften, auch VP und FP dagegen


Wien - Die Fenster eines leerstehenden Geschäfts in der Nußdorfer Straße, gegenüber dem Schubert-Geburtshaus, sind mit Graffiti beschmiert: "Stopp Drogen Station!" Neben der Eingangstüre prangt eine Naziparole, auf den Gehsteig wurden mit rosafarbener Kreide Spritzen gemalt. Der sonst so ruhige neunte Wiener Gemeindebezirk steht hier kopf.

Im November soll hier eine neue Zweigstelle der Suchthilfe Wien eröffnen. Die Standortsuche sei nicht einfach gewesen, sagt der Geschäftsführer Roland Reithofer. Ausschlaggebend für die Nußdorfer Straße waren insbesondere die U-Bahn-Anbindungen. Anders als der Hauptstandort in der Gumpendorfer Straße soll die neue Einrichtung nur tagsüber geöffnet sein und sich auf Sozialarbeit und Spritzentausch konzentrieren; Substitutionstherapie wird es nicht geben. Im Moment wird das ehemalige Blumengeschäft saniert. Vor der Tür informieren zwei Sozialarbeiterinnen mit Flyern über das Projekt, außerdem wurde eine eigene Telefonhotline eingerichtet.

Lautstarker Widerstand kommt von den Geschäftstreibenden. Sie klagen über eine fehlende Informationspolitik. "Wir mussten es aus den Medien erfahren", sagt Karin Oppeker vom Einkaufsstraßenverein am Alsergrund. Zwar brauche es derartige Anlaufstellen für Drogensüchtige, jedoch stelle sich die Frage, warum sich eine solche in einer Wohngegend niederlässt. "Wäre es nicht gescheiter gewesen, ein Zentrum dort zu eröffnen, wo es Suchtprobleme gibt?"

"Warum nicht in den Stadtbahnbögen?", fragt sich der Inhaber eines Pubs am Sobieskiplatz. Er äußert Bedenken, dass die Suchtkranken künftig auf den Bänken rund um den Brunnen im Grätzel sitzen könnten. Kindergärten und Schulen befinden sich außerdem in Gehweite. Das schüre Ängste bei den ansässigen Familien, erzählt er. Viele befürchten, die Drogenszene damit in den Bezirk zu locken.

In Geschäften und Lokalen liegen Unterschriftenlisten gegen den geplanten Standort aus, in den Schaufenstern hängen Plakate mit dem Slogan "Nein zur Drogen-Betreuungsstelle im Sobieski-Grätzel!". Mehrere Hundert Namen wurden bis dato unter die Forderung gesetzt. Manfred Juraczka, VP-Landesparteiobmann, kündigte seine Unterstützung an.

Solidaritätsprinzip

Die FPÖ gießt mit Warnungen vor einem "Drogen-Hotspot" Öl ins Feuer. Die rot-grüne Stadtregierung, die sich die Bürgerbeteiligung auf die Fahnen geheftet habe, bringe es nicht einmal fertig, die Anrainer über das Vorhaben zu informieren, poltert FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus.

Bezirksvorsteherin Martina Malyar (SP) verweist hingegen auf das Solidaritätsprinzip: Soziale Einrichtungen müssten gleichmäßig über die Stadt verteilt werden. Außerdem würden die Erfahrungen ähnlicher Fälle zeigen, dass sich Befürchtungen der Anwohner meist nicht bewahrheiten. Auch Reithofer von der Suchthilfe verwehrt sich gegen die "Dämonisierung" der Drogenabhängigen. Am 13. November wird die Beratungsstelle eröffnen, zwei Tage vorher können sich Interessierte bei einem Tag der offenen Tür selbst ein Bild machen. (Anja Melzer, derStandard.at, 14.10.2014)

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