1 Abo und 0 Abonnenten

Liquiditätsmanagement im E-Commerce

Liquiditätsmanagement im E-Commerce
Die Finanzlage fest im Griff – und den Blick in die Zukunft
Von Niclas Storz, Gründer und Co-CEO Tidely 
E-Commerce-Unternehmen können schnell den Überblick verlieren: Ihr Warenbestand ändert sich stündlich, regelmäßig führen sie neue Produkte ein, sie sind auf verschiedenen Marktplätzen und dem eigenen Webshop präsent – und wenn es für den Kunden ans Zahlen geht, kann er unter zehn Möglichkeiten wählen; was wiederum für die Firma bedeutet, dass sie mit bis zu zehn verschiedenen Dienstleistern Geschäftsbeziehungen unterhält. Kein Grund, darüber zu klagen. Es sind die alltäglichen Herausforderungen von Unternehmen.
Allerdings besteht dieselbe zersplitterte Gemengelage auch bei den Finanzen, beim Zahlungsein- und -ausgang. Und da kann es in puncto Liquidität schnell kritisch werden, wenn eine Sache einmal „durchrutscht“. Oft kommt die Waren aus China und muss – zumindest für einen gewissen Teil – vorfinanziert werden, der Rest fällig bei Lieferung. Auf der anderen Seite zahlen Kreditkartenfirmen meist im monatlichen Rhythmus, also mit Verzögerung, anders als etwa Paypal. Beim Amazon-eigenen Bezahldienst wiederum wird ein Teil des Erlöses eine gewisse Zeit als Sicherheit zurückbehalten, meist 1-2 Wochen, bevor es zur Auszahlung an das Unternehmen kommt. All dies zusammengenommen – gepaart mit unterschiedlichen Zahlungsfristen und Fremdwährungen beim Geschäftsverkehr mit internationalen Lieferanten – erschweren die Übersicht über die Finanzen erheblich.
Übersicht über die Finanzen – das Kernproblem von E-Commerceunternehmen
Natürlich weiß jede Firma, wie existenziell es ist, immer zahlungsfähig zu sein. Bevor mein Co-Founder Jörg Haller und ich mit unserem Startup gestartet sind, haben wir knapp 70 KMUs in Deutschland zu ihren wesentlichen Herausforderungen interviewt. Ausnahmslos alle haben als Nummer-1 Problem bei Finanzfragen die fehlende Transparenz ihrer eigenen Finanzsituation genannt. Dasselbe gilt erst Recht für E-Commerce-Unternehmen, die mit so vielen Bällen jonglieren müssen.
Zum Glück hilft heute dabei eine Reihe von Dienstleistern. Mit deren Software lässt sich die Liquidität managen, sodass man immer weiß, wo man steht. Auf diese Weise können Onlinehändler leicht und übersichtlich alle Parameter ihrer Finanzen überwachen und steuern – intuitiv und auch für Smartphones.
Neue Qualität mit Künstlicher Intelligenz
Je nach Anbieter funktionieren die Anwendungen denkbar einfach: IST-Daten – besonders Banktransaktionen und offenen Rechnungen – werden mit den Planwerten zusammengeführt. Was leicht klingt, findet in der Unternehmenspraxis allerdings oft nicht statt. Nun aber können die neu gewonnen Erkenntnisse und wesentlichen Kennziffern ein einfaches, tägliches Arbeiten mit den Finanzen sicherstellen – und Händlern dabei helfen, schnell die richtigen Entscheidungen zu treffen. Idealerweise lassen sich die Daten dafür individuell und vor allem automatisch kategorisieren.
Mit gigantischem manuellem Aufwand und Excel konnte man dies auch bisher schon bewerkstelligen. Der Quantensprung bei aktuellen, innovativen Produkten liegt darin, dass alles auf Knopfdruck und automatisch erfolgt, vor allem aber auch dank Künstlicher Intelligenz auf morgen und übermorgen geschaut werden kann: Muster werden erkannt, saisonale Schwankungen, Dutzende von Einflussfaktoren – und all dies auf die Finanzlage der Zukunft projiziert. Ein KI-basierter Algorithmus spielt dann die erwartbaren Zahlungen durch.
Branchenlösungen auf E-Commerce zugeschnitten
Und wer möchte, kann dies immer noch (teil-)manuell durchführen, unterstützt allerdings durch die KI-basierte Software. Denn viele Unternehmenssituationen und Geschäfte sind zu spezifisch, als dass sie zu 100 Prozent durch Branchenlösungen automatisch abgedeckt werden. Da, wo es möglich ist, ist alles bereits eingetragen; etwa wiederkehrbare Transaktionen. Den Rest übernimmt das Unternehmen und dreht selbst an den Stellschrauben. Manche Anbieter bieten hier Templates an, die genau auf E-Commerce zugeschnitten sind. Schließlich unterliegen Händler anderen Zahlungsmodalitäten und Berechnungsgrundlagen als Immobilienfirmen oder Unternehmensberatungen mit Projektgeschäft.
Bei Top-Softwareanbietern für Liquiditätsmanagement lassen sich zudem Szenarien mit verschiedenen Kosten- und Einnahmefaktoren entwickeln und berechnen: Wie wirken sich ein neues Produkt aus, das Marketingkosten mit sich bringt, aber ebenso Einnahmen generiert; ein neuer Mitarbeiter oder – leider – steigende Energiepreise? Moderne Apps spielen hier auf einer Art Cockpit alles durch, heruntergebrochen auf Monate, Wochen oder Tage. Auf diese Weise wird ein Zeitfresser und Unsicherheitsfaktor komplett abgeschafft: Nämlich händisch oder per Mouseklick alles in Tabellen zu übertragen und zusammenzuführen. So können sich Onlinehändler voll auf ihre Produkte und das Geschäft konzentrieren. Denn mit neuen Produkteinführungen, sich schnell ändernden Trends und Lieferkettenproblemen in Asien haben sie schon genug zu tun.
Kurzbiografie
Niclas Storz ist Gründer und Geschäftsführer der Tidely GmbH, einer B2B Saas-Softwarelösung für das Liquiditätsmanagement von kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMUs). Neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit bei der Tidely GmbH ist Herr Storz für die Unternehmensberatung Storz, Manz & Partner tätig und berät Banken in digitalen Transformationsvorhaben. Herr Storz ist aktives Mitglied des Global Advisory Boards von ARRIA NLG und in der Funktion verantwortlich für das Financial Services Geschäft. Vor Gründung der Tidely GmbH ist Herr Storz über 20 Jahre als Unternehmensberater tätig gewesen. In 2019 ist Herr Storz als Senior Partner und Managing Director bei der The Boston Consulting Group ausgeschieden. Herr Storz ist Wirtschaftsingenieur (Karlsruhe Institute of Technology) und hat eine Banklehre bei der Deutschen Bank absolviert.

Lesen Sie den ganzen Artikel