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Schlechte Zeiten für Satire?!

Portrait von GADO

Der Cartoonist Gado ist seit langem ein schlagfertiger Beobachter des politischen Geschehens. Nun wurde seine Zusammenarbeit mit der größten kenianischen Zeitung beendet. Ein ganz gewöhnlicher Vorgang, behaupten Regierung und Arbeitgeber. Jüngste Entwicklungen im Land lassen jedoch anderes vermuten.


Das Erste, wonach die Leser der größten kenianischen Tageszeitung The Daily Nation beim ersten morgendlichen Aufschlagen des Blattes gewöhnlich suchen, sind die Karikaturen von Gado, einem der bekanntesten und anerkanntesten Cartoonisten Afrikas. Seine spitzfindigen Beobachtungen des politischen Tagesgeschehens, eingefangen in kleinen Zeichnungen, sprechen vielen Kenianern aus der Seele und bieten Stoff für Diskussionen. Seit einigen Wochen suchen die Leser der „Nation" vergeblich nach Gados Cartoons. Nach 23 Jahren der gemeinsamen Zusammenarbeit zwischen dem Medienhaus der Nation Media Group (NMG), welches unter anderem die Daily Nation publiziert, und dem Karikaturisten ist das Arbeitsverhältnis nun nicht verlängert worden.

Für Gado kam das Ende der Zusammenarbeitvöllig überraschend. Es seien ihm keinerlei Gründe für die Beendigung seines Vertrages genannt worden. Entgegen dieser Meinung behauptet die Geschäftsführung von NMG um Chefredakteur Tom Mshindi in einem Interview mit der kenianischen Online-Nachrichtenplattform „ Africa Uncensored " jedoch, dass sich die Wege der langjährigen Partner auf ganz normale Weise getrennt hätten. Er betonte, es sei überhaupt nichts Ungewöhnliches an dieser Entscheidung: „Das einzige, was ich zu dieser Sache sagen möchte, ist, dass Verträge zwischen Arbeitgebern und Angestellten klar geregelt sind. Jede Partei kann ein Arbeitsverhältnis beenden, sofern es ausreichend Gründe dafür gibt."

Der Karikaturist bezweifelt diese Version der Geschichte jedoch: Für ihn steht fest, dass die Zeitung auf Druck von Regierungsvertretern gehandelt habe. In einem Interview mit dem "Commitee to Protect Journalists" (CPJ) erläuterte er, dass ihn die Regierung um Präsident Uhuru Kenyatta und seinen Stellvertreter William Ruto zuletzt unter massiven Druck gesetzt hatte. Juristische Schritte gegen Cartoon-Veröffentlichungen und wiederholte Anrufe bei ihm selbst als auch bei der Geschäftsführung der Zeitung hätten sich in letzter Zeit gehäuft.

„ Es ist kein Geheimnis, dass viele meiner Cartoons in Regierungskreisen auf große Ablehnung gestoßen sind. Das ist schließlich Teil meines Jobs, und wir hatten uns über die Jahre schlichtweg daran gewöhnt. Eigentlich hat sich die „Nation" in solchen Fällen bislang auch immer vor mich und mein Team gestellt. Als 2013 eine neue Regierung an die Macht kam, haben sich die Dinge allerdings verändert. Der Druck ist stetig gewachsen. Für mich besteht jedenfalls kein Zweifel daran, dass die „Nation" in meinem Fall eingeknickt ist. Das ist nicht nur traurig, sondern sollte vor allem auch im größeren Kontext einer Regierung gesehen werden, die versucht die Medien stärker unter Kontrolle zu bringen."

Mshindi bestreitet, dass zunehmender Druck der Regierung Auslöser für das Ende der Zusammenarbeit gewesen sei: „Gado hat seit vielen Jahren kritische und satirische Cartoons gezeichnet. Die Zeitung hat trotzdem immer an ihm festgehalten." Dennis Itumbi, ein Sprecher Kenyattas, wies zudem die Vorwürfe zurück, dass sich kenianische Behörden an Zeitungen wenden würden, um die Berichterstattung zu beeinflussen oder gar Kritiker zum Schweigen zu bringen: „Der Präsident und sein Stellvertreter haben sich schon immer für eine unabhängige Medienberichterstattung ausgesprochen", erklärte er knapp. Spezifische Vorfälle wollte Itumbi nicht kommentieren. Er fügte lediglich an, dass derartige Sachverhalte in Gerichtsprozessen zwischen „gekränkten Journalisten und ihren ehemaligen Arbeitgebern" geklärt werden könnten. Die Regierung habe jedenfalls mit all dem nichts zu tun.


Hat die Regierung mit der ganzen Sache wirklich nichts zu tun?

Ein vom CPJ im Juli 2015 veröffentlichter Bericht über die Rolle der Medien in Kenia lässt jedoch starke Zweifel an den Unschuldsbekundungen der Regierung aufkommen. Demzufolge sind kenianische Journalisten zusehends juristischen Schikanen, Bedrohungen, gar körperlichen Angriffen ausgesetzt, während Nachrichtenformate inhaltlich immer öfter von Werbefirmen oder Politikern beeinflusst werden.

Die Regierung befürworte sogar gewisse Vorschriften, die eine freie Berichterstattung strenger limitiert. So hat das Parlament erst im Oktober ein Gesetz verabschiedet, welches Strafen von bis zu 5.000 US-Dollar sowie bis zu zwei Jahre Gefängnis für Journalisten vorsieht, die das kenianische Parlament oder seine Mitglieder diffamieren. Darüber hinaus stimmte das Parlament im Dezember 2014 einer Gesetzesänderung zu, die kenianischen Sicherheitsbehörden weiträumige Befugnisse in der Kommunikationsüberwachung einräumte. Demzufolge können Journalisten, die Anti-Terror Untersuchungen und Operationen aufdecken, zu Gefängnisstrafen verurteilen werden. Die Gesetzesänderung wurde zwar erfolgreich vor dem Verfassungsgericht angezweifelt, allerdings hat das die Regierung nicht daran gehindert weitere Schritte einzuleiten.

Aktionen gegen Einzelpersonen stehen sinnbildlich für die härtere Gangart gegenüber den Medien. Im November wurde John Ngirachu, der Parlamentsreporter der „Nation", verhaftet, nachdem er es ablehnte, die Quellen für seine Recherchen über Korruption offen zu legen. Darüber hinaus sind in letzter Zeit vermehrt Blogger und Social-Media Aktivisten, die sich in ihren Beiträgen wiederholt kritisch über die Regierung geäußert haben, von der Polizei festgehalten und befragt worden. Zuletzt wurde mit Denis Galavas der ehemalige Chefredakteur der Daily Nation entlassen, nachdem er in einem Leitartikel zum Neujahrsbeginn die Kenyatta Administration angegriffen hatte. Die Zeitung veröffentlichte daraufhin nur eine lapidare Stellungnahme, der zufolge Galava nicht die vorgeschriebenen journalistischen Leitfäden in seinem Artikel befolgt hätte.

Gado, der vom prominenten südafrikanischen Cartoon-Zeichner Jonathan Shapiro gar als der „wichtigste Cartoonist in ganz Afrika" bezeichnet wird, hatte sich bereits im Juli 2015 in einem Interview mit der Financial Times über die schwindende Pressefreiheit in seinem Land geäußert. Dort sagte er: „Ich denke, dass es um die Meinungsfreiheit der Medien in Kenia bis vor Kurzem noch gut bestellt war. Nun erleben wir aber, wie die Administration zurückschlägt. Sie hat sich bitterlich über viele meiner Arbeiten beschwert.Damit habe ich persönlich in erster Linie kein Problem. Was mir aber weitaus größere Sorgen bereitet ist die Tatsache, dass sie mittlerweile versucht, die Errungenschaften, die wir in der Vergangenheit erreicht haben, wieder umzukehren."


Dieser Artikel wurde JournAfrica! mit freundlicher Genehmigung des „Committee to Protect Journalists" (CPJ) zur Verfügung gestellt.

Erstveröffentlichung: Committee to Protect Journalists



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