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Wie gestalte ich ein Grundlagenseminar Gewaltfreie Kommunikation?

Wie gestalte ich ein Grundlagenseminar Gewaltfreie Kommunikation?

Viele Trainerinnen für Gewaltfreie Kommunikation fragen sich, wie kann ich ein Grundlagenseminar so gestalten, dass ich die Teilnehmer begeistern kann? Antworten auf diese Fragen suchte ich im Buch "Grundlagenseminar Gewaltfreie Kommunikation".


Buchtipp: Grundlagenseminar Gewaltfreie Kommunikation von Al Weckert

Al Weckert ist Diplom-Volkswirt, Organisationsentwickler, Mediator, Ausbilder für Mediation und Trainer für Gewaltfreie Kommunikation. Er hat schon mehrere einschlägige Bücher in diesem Bereich veröffentlicht, z.B. Gewaltfreie Kommunikation im Gesundheitswesen oder Gewaltfreie Kommunikation für Dummies.


Grundlagenseminar Gewaltfreie Kommunikation: Übungen und Praxistipps für Trainer und Neueinsteiger mit DVDTaschenbuch – 22. April 2016 von Al Weckert  (Autor), Andrea Mergel (Illustrator), Verena Hutschenreuter (Illustrator)



Es gibt viele Bücher rund um die Methode der Gewaltfreien Kommunikation. Allerdings wenig darüber, wie es gelingen kann, Einführungsseminare in Gewaltfreier Kommunikation zu gestalten und zu leiten, die die Menschen begeistern. (Das zweite Buch zur Gestaltung von Einführungsseminaren ist von Klaus Karstädt). Ich selbst bin auch immer noch am Ausprobieren. Meine größten Herausforderungen beim Einführungsseminar Gewaltfreie Kommunikation sind


gute Balance zu finden zwischen Theorie und PraxisTeilnehmer sollen ein Verständnis für das Modell entwickeln und gleichzeitig praktische Erfahrungen machen, wie Empathie wirktdie Grundlagen präzise zu vermitteln und verhindern, dass die Teilnehmer als Sprach-Roboter aus dem Seminar gehen. Erfahrung machen, dass man mit dem Kommunikationsmodell Konflikte lösen kann

Mit der Hoffnung auf diese Fragen eine gute Antwort zu finden, habe ich mich gefreut auf dieses Buch. Es liegt auch eine DVD eines Live Einführungsseminars bei.


Gewaltfreie Kommunikation: Klassischer Ablauf

Al Weckert stellt mehrere Modell der Gewaltfreien Kommunikation vor, die 3 Säulen, die 4 Schritte, die 4 Ohren. Es gibt ein bißchen Hintergrundwissen. Der Aufbau vom EFS ist:


BefindlichkeitsrundeOrganisation und HinführungGewaltfreie Kommunikation im ÜberblickGewaltfreie Kommunikation die 4 Schritteein persönlicher KOnflikt im der Kleingruppe plus Demo im Plenum (hier pantomimisch)Beobachtung: Theorie - Übung - Arbeitsblatt am persönlichen KonfliktGefühle: Theorie - Übung - Arbeitsblatt am persönlichen KonfliktBedürfnisse: Theorie - Übung - Arbeitsblatt am persönlichen KonfliktBitten: Theorie - Übung - Arbeitsblatt am persönlichen KonfliktEmpathieSelbstempathie
Gewaltfreie Kommunikation in der Bildungslandschaft

Bei Seminaren in Unternehmen gehe es für die Teilnehmer um einen “Quick Win”. Wenn Teilnehmer einen “Quick Win” hätten, würden Teilnehmer das Seminar als gut bewerten. Und diese Bewertungen sind für die Personalverantwortlichen bei der Auswertung über den Nutzen sehr wichtig. Dieser Quick Win im Grundlagenseminar gelingt dadurch, dass die Teilnehmer an einem persönlichen Beispiel arbeiten dürfen und hellwach sind.


Es werden nicht nur die Übungen vorgestellt mit Alternativübungen, sondern auch jeweils der Input gegeben, den potentieller Trainer im Einführungsseminar umsetzen kann. Für Menschen, die in GFK bewandert sind, liest es sich wie ein “Rundumschlag”. Aber es ist komprimierter Inhalt.


Grundlagenseminar: Was mir gefällt

Mir gefällt, dass an einigen Stellen auf die Schwierigkeiten mit der Gewaltfreien Kommunikation hingewiesen wird: dass viele Menschen misstrauisch sind und deshalb auf gut gemeinte Kommunikationsangebote möglicherweise erst mal abweisend reagieren.


Die Warnung davor, durch Kommunikationsseminare wie ein GFK-Roboter zu werden.


Dass im Seminar immer wieder Reflektionsrunden eingebaut werden, um Teilnehmer die Achtsamkeit und emotionale Intelligenz lernen zu ermöglichen.


Es wird auf Lerntheorie hingewiesen wird, das Feedback und Reflektion den Lernerfolg mehr erhöht als noch zusätzliche Lernzeit.


Wie wichtig Pausen für die Integration und Reflektion des Gelernten sind.


Es werden die Lernziele der einzelnen Übungen erklärt. Das schafft Verständnis.


Einige Übungen finde ich sehr reizvoll, z.B. Gefühle zu clustern oder zu skalieren. Denn ich glaube für die Teilnehmer erleichtert der theoretische Zugang das Verständnis. Schließlich ist es ein Einführungsseminar für Anfänger.


Dass Wolf und Giraffe nicht in den Mittelpunkt gestellt werden oder die Gewaltfreie Kommunikation durch Handpuppen und Öhrchen verunglimpft wird.


Grundlagenseminar: Was mir weniger gefällt

Ich hätte mir gewünscht, dass es mehr konkrete Beispiele aus echten Seminaren gibt. Was zum Beispiel bei den Übungen aus Sicht des Trainers gelingen kann, aber auch was schief gehen kann. Und auch Beispiele, was Teilnehmerinnen erlebt haben.


Mir missfällt die wiederholte Selbstbeweihräucherung des Trainers, wenn er z.B. darauf hinweist, bereits über 1.000 Seminare gegeben zu haben, dass Teilnehmer zum ersten Mal in seinem Seminar sich die Namen der anderen Teilnehmer merken könnten. Mich ärgern die wiederholten Hinweise auf eigene Seminarangebote des Trainers. Oder wie wichtig schöne Räumlichkeiten sind, welche zum Beispiel in der Akademie am Park gegeben seien. Es macht den Eindruck von perfekt durchorganisiert und durchgestylter Seminare.


Die Übungen des Buches kennen ich bereits von anderen Büchern: z.B. Tanz auf dem Vulkan, die Ja-Aber-gleichzeitig übung. Die Übungen sind gut, aber irgendwie langweilt der immer selbe Inhalt.


Ich hätte mir auch ein Kapitel gewünscht: Typische Teilnehmer-Fragen und wie ich damit umgehen kann. Was schief gehen kann.


Auch da zeigt sich für mich “das grandiose Selbstwertgefühl” des Autors, der offensichtlich nie mit einem Seminar gescheitert ist oder es an die Wand gefahren hat. Vielleicht weil seine Seminare einfach perfekt durchorganisiert sind? Schade, denn es hätte dem Buch gut getan, wenn der Autor menschlicher rüberkommen würde. Und eigene ehemalige Misserfolge können zu einem Lernen der Leserinnen beitragen.


Grundlagenseminar: Was ist mit Carl Rogers?

Obwohl ich auch Trainerin für Gewaltfreie Kommunikation bin, kann ich mich mit den Inhalten des Buches nicht wirklich identifizieren. Ich vermisse die Haltung, das Spontane und die Bescheidenheit von Carl Rogers, der Seminare und Workshop ganz ohne Konzept rein aus der Haltung der Empathie, Wertschätzung und Ehrlichkeit geleitet hat.


Offensichtlich werden im deutschsprachigen Raum und im Unternehmensbereich vollständig konzipierte Seminare mit knackigen Übungen und einer kurzweilige Moderation erwartet - von Teilnehmern, Personalentwicklern und Organisatoren. Die Teilnehmerinnen werden bespaßt. In der Übungsphase dürfen sie eigene Lernerfahrungen machen.


Das ist etwas ganz anderes als bei Carl Rogers, dem Empathie-Forscher und Vater von Marshall Rosenberg. Ich frage mich auch, warum ich das hier vergleiche? Ich glaube, weil mir etwas fehlt, was ich bei Carl Rogers gespürt habe.


Mir fehlt die Bescheidenheit von Carl Rogers: seine Bescheidenheit, der Mut zum Ausprobieren, die Ehrlichkeit Fehler zuzugeben, das Ringen um einen Lernerfolg und das Ringen der Teilnehmer um ein Lernen. Immer wieder schreibt er in seinen Büchern, wie sehr er durch Erfahrungen (=auch Fehler) gelernt hat. Rogers schenkt Äußerlichkeiten wenig Raum geschenkt. Noch in der letzten Hütte in Bolivien hat er Hunderte von Menschen unterrichtet und hat ihnen finanziellen Nachlass gewährt. Dass jedes Seminar auch für ihn einen Lernerfolg hatte.


HIer geht's zu, Buchtipp Carl Rogers Entwicklung der Persönlichkeit und hier zum Buchtipp Der neue Mensch


Ich befürchte, dass gerade im deutschsprachigen Raum das Lernen von Gewaltfreier Kommunikation ein perfekt gestaltetes, durch konzipiertes, kurzweilig moderiertes Lern-Event wird - mit immer mehr Materialien und Schnörkeln und dass dabei das Wesentliche verloren geht: die Begegnung mit mir und die Verbindung zu anderen.


Grundlagenseminar GFK: Fazit:

Das Buch Grundlagenseminar Gewaltfreie Kommunikation von Al Weckert ist brauchbar, um ein Seminar vorzubereiten und die eigenen Seminarinhalte zu überprüfen. Die Übungen des Einführungsseminars sind praktisch und grundlegend gehalten. Es handelt sich um ein klassisches Konzept für ein Einführungsseminar. Für Trainer und Einsteiger, die ihre ersten Einführungsseminare geben ist es hilfreich.


Leider werden Schwierigkeiten nicht behandelt, z.B. typische Einwände von Teilnehmern, die erstmalig mit der Gewaltfreien Kommunikation in Berührung kommen. Dem Konzept und der Auswahl der Übungen wird viel Wert gelegt.




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