Andrea Lütkewitz

Freie (Online-) Redakteurin und Journalistin

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Den Sorgen auf der Spur

Mit einem mobilen MP3-Lautsprecher läuft Petra Sell durch die Menge und singt fröhlich mit der laufenden Musik mit: „Ich bin ein Schlaatzer Typ, man muss mich haben lieb ...“ Es läuft der „Hochhaussong“, den habe sie selbst geschrieben, sagt die Mitbegründerin des Mieterclubs Schilfhof 20. Viele der rund 60 Teilnehmer, die am Samstag ins Bürgerhaus am Schlaatz gekommen sind, um an einer Nachbarschaftskonferenz teilzunehmen, schmunzeln. Gerade wird Pause gemacht, bevor es mit Workshops zu Themen rund um den Schlaatz weitergeht.

Denn wenn sich auch Menschen wie Petra Sell – frühere Stadtverordnete der Linken – im Kiez wohlfühlen, gibt es Probleme, über die diskutiert werden soll. „Vor allem Ordnung und Sicherheit, das nachbarschaftliche Zusammenleben oder das Image des Stadtteils beschäftigen die Schlaatzer“, erzählt Martina Wilczynski, die im Friedrich-Reinsch-Haus aktiv ist. Wilczynski koordiniert unter anderem einen monatlich stattfindenden Bürgerclub, bei dem sich Anwohner austauschen können. Hier und in einer Umfrage seien im Vorfeld die Themen der Konferenz gesammelt worden. „Ich war quasi als Fieberthermometer unterwegs“, sagt sie. Dabei sei es auch darum gegangen, herauszufinden, an welchen Stellen Probleme von den Anwohnern selbst und wo von der Landeshauptstadt Potsdam gelöst werden können. Deswegen sind zur Konferenz nicht nur Schlaatzer, sondern auch Lokalpolitiker, Vertreter der Wohnungswirtschaft und der sozialen Träger eingeladen worden – und auch gekommen.

So diskutieren diese – auch der Geschäftsführer von Pro Potsdam, Jörn Westphal ist gekommen – über die Zukunft des Stadtteils mit den Anwohnern. „Und sogar zwei Polizisten und jemand vom Ordnungsamt nehmen teil“, so Wilczynski. Das käme gut bei den Leuten an. Denn es gebe immer wieder Probleme mit Gruppen, die alkoholisiert Leute anpöbelten, Grünanlagen verschmutzten oder die Nachtruhe störten. Nun könnten diese Zustände einmal direkt mit der Polizei besprochen werden.

Dennoch legt Wilczynski Wert darauf, dass das nicht den Schlaatz repräsentiere. Diese Gruppen seien eine Minderheit, die dem Ruf schade. Und auch die Entführung und Ermordung des kleinen Elias hafte dem Schlaatz noch negativ an. Dabei sei trotz der Tragik gerade aus der Suche nach dem Jungen eine nachhaltig gelebte Nachbarschaft gewachsen. Zufrieden seien die meisten auch mit den günstigen Mieten und der als etwa für Kinder als sicher empfundenen Verkehrssituation.

Immer wieder ist unter den Teilnehmern zu hören, dass sie das negative Image leid sind. Die Motivation, es zu verändern, ist in den Workshops spürbar. Am Ende sammeln sich zahlreiche Vorschläge an den Moderationswänden. So soll etwa künftig zum Thema Ordnung und Sicherheit eine Gruppe im Schlaatz als Ansprechpartner bereitstehen, für ein besseres Image will man wieder Stadtteilführungen anbieten und eine Kampagne ins Leben rufen, am liebsten zusammen mit der Universität Potsdam. Aus Sicht der Teilnehmer hatten jedoch die Kinder an diesem Tag die beste Idee: Sie wollen zusammen mit der Polizei ein Detektivbüro im Kiez gründen, um auch künftig den Sorgen der Schlaatzer auf der Spur zu bleiben.


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