Mieter allein gelassen oder die Verhinderung der Mietpreisbremse
Die
Angelegenheit ist heikel: Ende 2014 stößt der Mieterbund
Heilbronn-Franken im Internet auf eine Vermietungsanzeige der
Wohnungsbaugesellschaft Süddeutsche Wohnen GmbH (Südewo) – für
eine 100-Quadratmeterwohnung in der Nähe des Sülmertors. Unter
der Annahme, dass die Wohnung nach Größe, Lage und Ausstattung zu
teuer angeboten wird, reicht der Mieterbund die Vermietungsanzeige
beim Planungs und Baurechtsamt der Stadt Heilbronn zur Prüfung ein.
Der amtliche Prüfer kommt zu dem vorläufigen Schluss, dass es sich
bei der Neuvermietung um einen Fall der Mietpreisüberhöhung nach
Paragraph 5
Wirtschaftsstrafgesetz
handelt – aber geht einer weiteren Prüfung der erforderlichen
Kriterien nicht nach: „Durch den vorgesehenen Stellenabbau
im Bereich Wohungswesen ist davon auszugehen, dass solche Verstöße
künftig ebenfalls nicht geprüft und verfolgt werden können“,
heißt es in dem Antwortschreiben vom Planungs- und Baurechtsamt an
den Mieterbund.
37 Prozent über der Vergleichsmiete
Ob die Südewo, die in Heilbronn 180 Einheiten in zentralen Innenstadtlagen sowie in Böckingen erworben hat, die Wohnung zu den Bedingungen der Anzeige vermietet hat, ist unklar: Aus Datenschutzgründen könne das Unternehmen keine Angaben über die Vermietungskonditionen der Wohnung machen, erklärt Pressesprecherin Luana Anfuso. Nach den Berechnungen des Planungs-
und
Baurechtsamts überschreitet das Angebot die im Mietspiegel
ermittelte ortsübliche Vergleichsmiete um 37,2 Prozent. Das ergibt
eine monatliche Überschreitung von 184,51 Euro. Bei der Berechnung
wurde von einer mittleren Ausstattung und einer schlechten Wohnlage
ausgegangen.
Auf Anfrage der Heilbronner Stimme stellt Dr. Christoph Böhmer, Leiter des städtischen Planungs- und Baurechtsamts, klar: „Es ist nicht die Sache der Verwaltung, sondern des Mieters, seine Rechte wahrzunehmen.“ Hierzu könne der Mieter die Rechtsberatung durch einen Anwalt suchen. „Spätestens bei einer Anzeige muss die Stadt tätig werden“, sagt Rainer Eckert, Rechtsberater des Mieterbundes Heilbronn-Franken. Eine Mietpreisüberhöhung liege vor, wenn der Vermieter ein geringes Angebotauf dem Wohnungsmarkt für sich ausnutzt, erklärt Eckert. Das ist der Fall, wenn die veranschlagte Miete das übliche Entgelt für vergleichbaren Wohnraum in gleicher Lage um 20 Prozent übersteigt. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldstrafe bis zu 50000 Euro geahndet werden.
Wohnungsnot
Die zu klärende Frage ist, wie steht es um den Wohnungsmarkt in Heilbronn? In Zukunft wird sich die Nachfrage nach günstigem Wohnraum wohl verschärfen. Zu diesem Schluss kommt zumindest die Stadt nach einer Analyse und Bewertung der Wohnmarktsituation in Heilbronn anlässlich der Grundlagenermittlung für das kommunale Handlungsprogramm „Wohnen in Heilbronn“. Grund dafür sei unter anderem ein deutlicher Mietanstieg bei Neuvermietungen.
Die Südewo bewege sich bei Preisveränderungen innerhalb der vorgegebenen Handlungsspielräume, versichert Luana Anfuso. Zur Preisfindung diene ein festgelegtes System: „Die Größe, das Baujahr, die Ausstattung, Modernisierungen und weitere Merkmale führen dazu, dass die Quadratmeterpreise innerhalb einer Stadt variieren“. Zudem erfülle die Südewo die Vorgaben der europäischen Sozialcharta. Die sehen eine maximale Mieterhöhung von zehn Prozent vor. Im Gegensatz zum Wirtschaftsstrafgesetz greift die Charta aber nicht bei Neuvermietungen. Ein Umstand, der sich mit Einführung der Mietpreisbremse ändern soll. Auch Neuvermietungen dürfen dann nur zehn Prozent über der örtlichen Vergleichsmiete liegen. Eine Entwicklung, die auch Heilbronn betrifft: „Heilbronn wurde durch das Landesministerium für Wirtschaft und Finanzen in den Geltungsbereich der Mietpreisbremse aufgenommen“, berichtet Thomas Hille von der Stabsstelle für Stadtentwicklung und Zukunftsfragen. Hierzu werde es in der Gemeinderatssitzung am 29. Juli eine öffentliche Stellungnahme geben.
Mittlerweile hat Eigentümer Patrizia Immobilien die Süddeutsche Wohnen für 1,9 Milliarden Euro an Deutschlands größten Wohnungskonzern die Deutsche Annington verkauft.