Jeder zweite Gamer ist heute eine Gamerin. Und die wollen endlich Spiele mit starken weiblichen Hauptfiguren. Tabea Iseli programmiert sie – und revolutioniert damit ganz nebenbei die Gaming-Industrie.
Von Alexandra Eul
Tabea Iseli ist Teil eines bislang kleinen, aber dennoch bedeutenden Aufbegehrens. Es handelt sich um ein Aufbegehren von unten und zielt auf eine der einnahmestärksten Industrien der Gegenwart: auf die Gaming-Industrie. Für lange Zeit galt die als eine der letzten Bastionen echten Machotums, mit allem, was dazu gehört: (virtuelle) Knarren, (virtuelle) Muskeln und (echter) Sexismus. Diese Bastion ist ins Wanken geraten, und das hat etwas mit Frauen wie Tabea Iseli zu tun.
Iseli, 29 Jahre alt, ist eine Indie-Games-Entwicklerin. Damit ist sie Teil einer so rührigen wie erfinderischen Community neben Branchen-Giganten wie Nintendo, Ubisoft und Blizzard Entertainment.
Wer diese Spielwiese für Spiele betritt – zum Beispiel auf der weltweit größten Computerspiele-Messe Gamescom in Köln – stellt fest: An den Ständen, an denen die Studios ihre neuen Produkte präsentieren, stehen Frauen. Viele Frauen. Und zwar nicht als leicht bekleidete „Booth Babes“, sondern als Programmiererinnen, Konzept-Künstlerinnen oder einfach gleich als Chefinnen ihres eigenen Studios. Frauen wie Tabea Iseli.
„Ava“ heißt Tabeas Spiel, das bald auf den Markt kommen soll. Es ist das erste eigene Projekt der Schweizerin: ein interaktives Rätsel-Game für das Smartphone, illustriert wie eine Mischung aus Tarot und Märchenbuch.
Die Geschichte geht so: Ava kommt als einzige Tochter eines Königspaares auf die Welt und von Anfang an ist sie anders als die anderen. Denn Ava wird mit einem Tierschatten geboren, was als böses Omen gilt. Das Mädchen flieht – und damit beginnt ihr Abenteuer.
„Avas Geschichte ist direkt von meinen eigenen Erfahrungen in der Games-Branche inspiriert“, erzählt Tabea Iseli. Eine Branche, in der Frauen lange als Außenseiterinnen behandelt wurden. Iseli erinnert sich noch allzu gut daran, wie sie vor vier Jahren das erste Mal ein Computerspiel auf der Gamescom vorgestellt hat. „Da kamen Menschen an meinen Stand und wollten mir gar nicht glauben, dass ich das selbst programmiert habe.“
Und das ist nicht die einzige unangenehme Erfahrung, die die Absolventin des in der Branche renommierten Game-Design-Studiengangs der Zürcher Hochschule für Künste gemacht hat. (...)