Alexander Völkel

Redakteur, Fotograf, SMM (IHK) und Politologe, Dortmund und Siegen

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Klinikum-Chef muss gehen: Die größte kommunale Klinik braucht einen neuen Geschäftsführer - Nordstadtblogger

Die Städtischen Kliniken in Dortmund brauchen einen neuen Chef: Der Aufsichtsrat hat in seiner heutigen Sitzung einstimmig empfohlen, Marcus Polle als Kaufmännischen Geschäftsführer und Vorsitzenden der Geschäftsführung mit sofortiger Wirkung abzuberufen. Nach rund 1,5 Jahren ist schon wieder Schluss.

Aufsichtsrat empfiehlt die Abberufung - Gesellschafterin wird dem folgen

Die Klinikum Dortmund gGmbH ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Stadt Dortmund. Der Aufsichtsrat ist unter anderem dafür zuständig, Empfehlungen an die Gesellschafterversammlung zu formulieren. Die Gesellschafterversammlung beabsichtigt in diesem Fall, sich der Empfehlung des Aufsichtsrates anzuschließen, teilt die Stadtspitze wortkarg und nur schriftlich mit.

Damit ist es offiziell: Das größte kommunale Krankenhaus sucht wieder einen neuen Chef. Schon zur Einführung hatte Nordstadtblogger geschrieben, dass es einen „Kurzen Prozess" gab: Kaum hatte der Stadtrat Im Juni 2021 in nicht-öffentlicher Sitzung Marcus Polle zum Nachfolger von Rudolf Mintrop gewählt, folgte schon am Folgetag die Vertragsunterzeichnung.

Der damals 54-Jährige wurde zum neuen Kaufmännischen Geschäftsführer und Vorsitzenden der Geschäftsführung des Klinikums Dortmund berufen, wenn wenn der bisherige Chef Ende des Jahres 2021 in den Ruhestand geht.

„Der Neue" war zuletzt Kaufmännischer Direktor und 1. Betriebsleiter in Dresden

Im Beisein von Dortmunds Oberbürgermeister Thomas Westphal und Gesundheitsdezernentin Birgit Zoerner hatten Marcus Polle und Roland Spieß, Aufsichtsratsvorsitzender des Klinikums Dortmund, den Dienstvertrag unterzeichnet. Polle trat sein Amt im Januar 2022 an und folgt in dieser Funktion auf Rudolf Mintrop. Der Vertrag Polles hat eine reguläre Laufzeit von fünf Jahren.

„Mit Marcus Polle kommt ein ausgewiesener Fachmann der Gesundheitswirtschaft nach Dortmund, der das nötige Maß an Expertise für die Leitung eines Krankenhauses der Maximalversorgung mitbringt und dieses Know-how im Laufe seiner beruflichen Tätigkeit bereits mehrfach nachgewiesen hat. So kann das Klinikum Dortmund seinen erfolgreichen Weg der letzten Jahre weitergehen", sagte OB Thomas Westphal über den neuen Mann an der Spitze.

Der gebürtige Dortmunder hat Betriebswirtschaft an der Dortmunder Fachhochschule studiert. Im Bereich der Gesundheitswirtschaft begann Polle seine berufliche Laufbahn 1994 als Controller beim Evangelischen Krankenhaus in Schwerte. In den vergangenen Jahren (12/2016 bis 3/2020) arbeitete Marcus Polle als Kaufmännischer Direktor und Vorstandsmitglied beim Deutschen Herzzentrum in Berlin. Seit April 2020 war Polle Kaufmännischer Direktor und 1. Betriebsleiter beim Städtischen Klinikum Dresden.

Große Fußstapfen: Rudolf Mintrop brachte das Klinikum wieder auf Erfolgskurs

Im Januar 2022 trat er in der alten Heimat eine große Aufgabe an: Denn das Klinikum Dortmund ist eines der größten Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen. Als Haus der Maximalversorgung hat das Klinikum fast 5000 Beschäftigte. Mit 25 Kliniken und fünf Instituten bietet das Klinikum Dortmund Spitzenmedizin aller Fachrichtungen mit Ausnahme der Psychiatrie.

Sein Vorgänger Rudolf Mintrop hinterließ Polle große Fußstapfen: Mintrop war es seit seinem Amtsantritt 2013 sehr erfolgreich gelungen, dass stark angeschlagene Klinikum wieder in die Erfolgsspur zu bringen und so eine Privatisierung abzuwenden. Es ist weiterhin zu 100 Prozent in kommunaler Trägerschaft und ein Grundpfeiler der kommunalen Daseinsvorsorge.

Das Klinikum schrieb sogar schwarze Zahlen und schloss noch 2019, kurz vor Beginn von Corona, mit einem Überschuss von rund 7,6 Millionen Euro ab. Der Umsatz lag bei 420 Millionen Euro. Doch Mintrop drängte es in den Ruhestand und das Privatleben - eigentlich wäre sein Vertrag noch ein Jahr länger gelaufen.

Führungskräfte beklagten rauen Umgangston und „mangelnde Wertschätzung"

Mit der Entscheidung des Rates im Juni 2021 war es der Stadt gelungen - anders als bei anderen Spitzenjobs bei Stadttöchtern - die Nachfolge beim Chefposten des Klinikums nahtlos zu besetzen. Doch die Freude wehrte nicht lange. Schon binnen weniger Monate gab es zahlreiche Reibereien.

Mehrere Führungskräfte - darunter die gesamte Kommunikationsabteilung warf im vergangenen Jahr hin - sie war vielfach preisgekrönt. Auch wenn die meiste Kritik hinter verschlossenen Türen erfolgte, waren die Misstöne auch in der Kommunalpolitik zu vernehmen. Berichte über einen rauen Umgangston und „mangelnde Wertschätzung" machten die Runde.

Doch nicht nur mit der eigenen Kommunikationsabteilung, sondern - viel wichtiger - auch mit einer ganzen Reihe von Chefärzt:innen gab es Vertsimmungen. In mehreren Gesprächen kritisierten diese einen „autoritären Führungsstil". Diese Stimmen hatten und haben Gewicht. Und da offenbar mehrere Führungskräfte drohten, selbst zu kündigen, zog nun die Politik die Reißleine.

Der Aufsichtsrat machte binnen von 24 Stunden Nägel mit Köpfen

Das Ende für Polle kam überraschend schnell: Im Ältestenrat vor der Ratssitzung am gestrigen Donnerstag kam das Thema außerplanmäßig auf die Agenda. Offenbar ging es zunächst nur darum, die Stimmungslage bei den Fraktionen auszuloten.

Die war offenbar eindeutig: Bereits am Freitag machte der Aufsichtsrat Nägel mit Köpfen und empfahl einstimmig (!), den Dortmunder Klinikchef abzuberufen. Nun muss die Gesellschafterversammlung - die Stadt ist einige Eigentümerin - nachziehen. Das ist aber - so die Meldung auf dem OB-Büro - nur Formsache. Sie wird dieser Empfehlung folgen. Damit braucht Dortmund eine: neue:n Chef:in für das Klinikum.

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