In der Nordstadt gibt es einige stadt- und polizeibekannte Problemhäuser. Doch eine Räumaktion wie diese hat es noch nicht so häufig gegeben: Die Eigentümer haben jetzt in der Gronaustraße selbst Hand angelegt und eine komplette Immobilie bis auf zwei noch bewohnte Wohnungen leer geräumt.
Immobilienspekulation: Parallelen zum Horrorhaus in der KielstraßeDas Haus hat zwölf Wohnungen und elf Eigentümer. Ihre Gemeinsamkeit: Sie alle wohnen in Süddeutschland und haben Ende der 1990er Jahre die Wohnungen als „Geldanlage" gekauft. Von einem Vermittler - ohne sie je gesehen zu haben. Doch von einer guten Geldanlage konnte nicht die Rede sein. Die Wertgutachten waren offensichtlich falsch, die Wohnungen viel weniger wert als angegeben. Die Geschichte klingt wie die des deutlich größeren Horrorhauses in der Kielstraße, wo die Stadt nun seit zehn Jahren versucht, alle Eigentümer bzw. Gläubiger zu ermitteln, um das Haus abreißen zu können.
In der Gronaustraße ist der Unterschied, dass es hier nicht türkische, sondern schwäbische Käufer waren. Als sich Schulden auftürmten, verschwanden viele der mehr als 100 Eigentümer des Horrorhauses in der Türkei. Die Schwaben sind noch da und stehen zu ihrer Immobilie. Doch das anfänglich „gute Geschäft", nämlich ein Mietfond, erwies sich für sie als Boomerang. Der Plan: Sollte eine Wohnung leer stehen, bekommt nicht der eigentliche Eigentümer alleine ein Problem sondern die fehlende Mieteinnahme wird auf alle umgelegt. Doch nach und nach zogen immer mehr Mieter aus.
Eigentümer machen Hausverwalter verantwortlich - Rechtsstreit ist anhängigDen Schuldigen haben die Eigentümer im Hausverwalter ausgemacht. Sie vermuten, dass er absichtlich das Haus herunterwirtschaftet, um alle Mieter loszuwerden und dann anschließend selbst das Haus günstig kaufen will, erklärt Eigentümervertreter Norbert F. Minder. Keine abwegige Idee, glauben die Mitglieder der Bürgerinitiative Brunnenstraßenviertel: Denn der Hausverwalter ist ein im Ruhrgebiet bekannter Rechtsanwalt, der mehrere Problemimmobilien in der Nordstadt besitzt, bestätigten Dagmar Schmitz, Edeltraud Pohl und Wolf-Dieter Blank von der Initiative. Mit großem Interesse und viel Sympathie verfolgten sie die große Räumaktion.
Seit Jahren liegen die süddeutschen Eigentümer mit dem heimischen Verwalter im Streit. Die Leidtragenden sind die Mieter. Nur noch zwei Wohnungen sind bewohnt. Im Frühjahr 2013 sollte das Wasser abgestellt werden, weil der Hausverwalter die Zahlungen nicht leistete. Das übernahmen die verbliebenen Mieter. Doch mehrfache Wasserrohrbrüche bzw. Lecks an Wasserthermen haben das Haus nahezu unbewohnbar gemacht. Ganz abgesehen von den Müllbergen, die die ehemaligen Mieter in den mittlerweile völlig verschimmelten Räumen hinterlassen haben.
In der vermüllten Immobilie wohnten (fast) keine Ausländer - aber NeonazisAllerdings - bevor der Verdacht aufkommt - keine illegalen Hausbesetzer oder ausländische Mietnomaden lebten hier: „Hier haben fast nur Deutsche gewohnt", berichtet Ramona H., eine der beiden verbliebenen Mieterinnen. Das belegen auch die zahlreichen Aufkleber: So finden sich in einer besonders verkommenen Wohnung Aufkleber der Autonomen Nationalisten und Hetzsprüche gegen Islamisierung.
Weil sie über Monate den Verwalter nicht erreichen konnte, hat die engagierte Mieterin in ihrer Not zu den Eigentümern in Süddeutschland Kontakt aufgenommen. Sie haben sich jetzt zu einer groß angelegten Räumaktion verabredet, um alle unvermieteten Wohnungen sowie die Keller zu räumen.
Eigentümergemeinschaft will das Haus verkaufen und hofft auf die Hilfe der StadtSie wollen das Haus gerne wieder auf Vordermann bringen. Doch ohne eine Einigung mit dem bisherigen Hausverwalter kann dies nicht gelingen. Daran kann auch ein Verkauf scheitern. Daher hätte er im Namen der Eigentümer die Stadt Dortmund angeschrieben. Allerdings habe er bislang keine Antwort erhalten, sagte Norbert F. Minder im Gespräch mit nordstadtblogger.de.
Taskforce Nordstadt „störte" die AusräumaktionDie Stadt - genauer gesagte die Taskforce Nordstadt - lernten die Schwaben dennoch kennen. Denn das Ordnungsamt und die Polizei griffen die bulgarischen Schrotthändler auf, die den Schwaben die alten Elektrogeräte aus dem Problemhaus abnehmen wollten. Den Transporter der Schrotthändler ließen sie sogar abschleppen.
Dennoch ist das Gebäude mittlerweile leer. Doch wie es weiter geht, bleibt fraglich. Die Eigentümer hoffen jetzt, dass ihnen die Stadt Dortmund hilft. Denn sie wollen gerne das Haus verkaufen. Aus Süddeutschland ist eine sinnhafte Betreuung des Objekts eben nicht möglich. Wie es weitergeht? nordstadtblogger.de wird berichten.