Alaa Ehsan

freiberuflicher Journalist und Filmemacher

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Artikel

Kulturakademie Libyen

© Goethe Institut

„In Tripolis wenden sich die Leute seit einigen Monaten wieder verstärkt der Kultur zu“, sagt Reem Alfurjani, Gründerin der NGO „Scene“ für die Bewahrung des Kulturerbes in der Altstadt von Tripolis. „Das ist eine hervorragende Entwicklung.“, fährt sie fort. Alfurjanis Initiative war eine derjenigen, die vom Projekt Kulturakademie Libyen unterstützt wurden, das 2017 vom Goethe-Institut im Rahmen der „Transformationspartnerschaft“ durchgeführt und vom Auswärtigen Amt finanziert wurde.

Ziel des Projekts ist, libysche Kulturmanager*innen zu qualifizieren und mit der arabischen und deutschen Kulturszene zu vernetzen, ihnen das Handwerkszeug an die Hand zu geben, um ihre laufenden Projekte nachhaltiger zu gestalten oder neue Kultur- und Kunstprojekte auf ein solides Fundament zu stellen, trotz der politischen Instabilität und prekären Situation im Land seit 2011.
 
Die Grundidee der Kulturakademie Libyen geht auf das Jahr 2012 zurück, geprägt von ähnlichen Projekten, die zwischen 2012 und 2017 in Ägypten und Tunesien zur Rehabilitierung und Vernetzung zwischen privaten und staatlichen Kulturakteur*innen in der arabischen Welt umgesetzt wurden. Im Jahr 2014 entstand das Projekt „Kulturmanagement“ für Libyen, das jedoch in den folgenden Jahren nicht weitergeführt wurde, bis die Voraussetzungen für den Start des Projekts Kulturakademie Libyen im Jahr 2017 erfüllt waren.
 
In den vergangenen vier Jahren erhielt die Kulturakademie Libyen 91 Bewerbungen, von denen 24 Teilnehmende im Alter von 19 bis 41 Jahren ausgewählt wurden. Dabei wurde auf ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis und eine möglichst gute Vertretung aller Regionen Libyens geachtet, was einen spürbar positiven Einfluss auf die Teilnehmenden hatte. „Wir Teilnehmer kommen aus ganz unterschiedlichen Bereichen und verschiedenen Regionen. Der Workshop hat mich in der Überzeugung bestätigt, dass ein Dialog trotz aller Differenzen möglich ist.“, so Mohamed Essul, ein Organisator im Kulturbereich.
 
Im Rahmen des Projekts nahmen die Teilnehmenden an Seminaren zu den Grundlagen des Kulturmanagements teil (Projektmanagement, Audience Development, Zeitmanagement, digitale Kommunikation, Präsentationstechniken, Fundraising). Außerdem wurden Besucherreisen nach Berlin für Sightseeing und Besichtigungen von Kultureinrichtungen sowie Diskussionen mit deutschen Kulturschaffenden, Experten und Expertinnen organisiert. Darüber hinaus absolvierten die Teilnehmenden Vertiefungsmodule und Vernetzungsaktivitäten, an denen auch tunesische, marokkanische und algerische Absolvent*innen aus den Vorjahren sowie libysche Absolvent*innen aus dem Kulturmanagement 2014 teilnahmen, was den Beteiligten die Möglichkeit bot, Kulturschaffende aus anderen Nachbarländern kennenzulernen und sich fernab von Vorurteilen auszutauschen.
 
20 Projekte wurden durch das Projekt in den letzten vier Jahren gefördert, unter anderem Projekte zur Kultur: „Youth and Peace-Building Workshop in der entlegenen Region der Nafusa-Berge“, „Libyan Old Cities Cultural Heritage, Community Development and Conservation“, „Trace by Scene“ und „Kashkoul“ und Projekte, die sich mit Kunst befassen: „Tilwan – the flame of art must spark again“, „Vandals“, „Art Space“, „Shalaleet“, „Bring to Light“ und „Taba’od“, und Musik-Projekte: „Rhythm I und II“ und „The revival of Libyan Music“, neben Projekten zur Fotografie: „Si Isnayen – From the Heritage (Bergregion Nafusa)“ und „AinZara (Vertical Cinema for the Youth“, sowie weitere Projekte zu verschiedenen Themen: „Green Talk (Tripolis): eine umweltbewusste und nachhaltige Veranstaltung in Libyen“, und „Encaustic Tiles Workshop Setup (Tripolis): Wiederbelebung der Herstellung traditioneller Fliesen“, „Aktay nneɣ aktay nnev (Our memories)“, „From North to South – Clothes of Libya“ und „The forgotten Jews of Nefusa Mountain“.

Bei der Förderung der Projekte wurde einerseits auf die Angemessenheit und Umsetzbarkeit der vorgestellten Themen geachtet, andererseits auf die Vielfalt in Bezug auf die Regionen, in denen die Projekte umgesetzt werden sollen, sowie auf die Ausgewogenheit der Geschlechter bei den Geförderten.
 
Das Projekt Kulturakademie Libyen konnte die meisten der gewünschten Ziele erreichen, viele Kulturmanager*innen erlangten durch "learning by doing" Wissen über Kulturmanagement. Auch die gemeinsame Teilnahme an verschiedenen Vertiefungsseminaren und der Austausch untereinander trugen dazu bei, die Fähigkeiten der Teilnehmenden zu verfeinern und ihre Kenntnisse zu entwickeln. Die Beteiligung von Kulturschaffenden aus den Nachbarländern spielte ebenfalls eine wichtige Rolle beim Erfahrungsaustausch und bei der Erweiterung des Blickwinkels aller Beteiligten. „Durch das Programm habe ich wichtige Denkanstöße bekommen und neue Vorgehensweisen kennengelernt, um unsere Ideen besser umzusetzen.“, so fasst die Architektin Aya Assalhi ihre Erfahrung bei der Kulturakademie Libyen zusammen.

Alaa Ehsan

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