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Verhaftung bei "Football Leaks": Die Enthüllung des Enthüllers

Bild: imago

Die Polizei verhaftet den Mann hinter der Plattform "Football Leaks". Die Fahndung verlief wie in einem Hollywoodfilm. Wer ist der Mann? Ist er ein Held oder ein Hacker?

Anmerkungen: Dieser Text erschien am Freitagmittag. In der ursprünglichen Version haben wir noch offen gelassen, ob der Verhaftete wirklich "John", die Quelle der Football Leaks, ist. Am Nachmittag hat der "Spiegel" dies bestätigt. Wir haben den Text deswegen an den betreffenden Stellen angepasst. In der vergangenen Woche nahm die Polizei in Budapest einen 30 Jahre alten mutmaßlichen Hacker fest. Über 24 Stunden verbrachte er im Gefängnis, mittlerweile ist er frei, steht aber unter Hausarrest. Seine Verhaftung würde normalerweise nicht für weltweites Aufsehen sorgen, wäre da nicht dieses wichtige Detail: Der Verhaftete, Rui Pinto, war "John" - der Mann hinter "Football Leaks", dessen Enthüllungen das gesamte Fußballgeschäft seit Jahren in Atem halten. Den Verdacht äußerte ein Journalist bereits frühzeitig: Nuno Pinto, investigativer Journalist des portugiesischen Wochenmagazins "Sabado". Er stieß im Sommer 2018 in einem Ermittlungsdokument zum Datendiebstahl bei Benfica Lissabon auf den Namensvetter: Rui Pinto. Es ist der Mann, den der Journalist am Ende seiner Recherche als "Genie der Informatik und des Verbrechens" bezeichnet. Und der für die "Football Leaks"-Enthüllungen verantwortlich ist. Rui Pinto wurde von der Polizei, von Privatdetektiven und Journalisten gesucht - bis man ihn vergangene Woche in Ungarn verhaftete. Wer ist der Verhaftete Rui Pinto? Die Informationen des Journalisten Nuno Pinto basieren auf einer Reihe von Zeugen-Interviews, auf zahlreichen Dokumenten und Ermittlungsakten. Er zeichnet folgendes Bild des verhafteten Mannes: Rui Pinto ist ein junger Mann mit hochgegelten Haaren, 30 Jahre alt, der gerne zu Technomusik feiert und Reisen liebt, der ein Erasmus-Semester in Budapest absolvierte und dort bis heute lebt. Er wurde in der Nähe von Porto geboren, studierte Geschichte und belegte erst nach seinem Abschluss Kurse in Informatik. Das Hacken soll er sich selbst beigebracht haben. Laut den Ermittlungsakten, die portugiesische Journalisten einsehen konnten, soll Rui Pintos kriminelle Karriere in seinem Kinderzimmer in Lavadordes, einem Teil der Stadt Gaia im Norden Portugals, begonnen haben. Von hier aus raubte Pinto 2011 einer Bank auf den Kaimaninseln per Hackerangriff 300.000 Dollar. Er war damals 23 und wurde zum ersten Mal von der Polizei verhört. Die bestohlene Bank ließ sich mit Pintos Anwalt auf einen Deal ein: Um ihren Ruf zu bewahren und die Kunden mit ihren zahlreichen Offshore-Konten nicht zu verunsichern, wollte die Bank den Diebstahl verschweigen. Rui Pinto wurde nicht verurteilt, er musste nur das gestohlene Geld zurückgeben. Einige Jahre später, im Oktober 2015, soll Rui Pintos Anwalt erneut einen Deal seines Klienten verhandelt haben, dieses Mal ging es um Erpressung.

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