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Wundertrainer Vítor Oliveira: Der König von Portugal

Foto: imago


Vítor Oliveira ist aktuell der erfolgreichste Trainer Portugals, obwohl er noch nie einen großen Titel gewonnen hat und selbst kaum von seinen Erfolgen profitiert. Das könnte sich jetzt allerdings ändern.


Vítor Oliveira hat wenig Haar und viel Bauch. Wer ihn nicht kennt, könnte ihn auf einem Liegestuhl an der Promenade von Portimão vermuten. Im Feinripp-Hemd, mit einem Sagres in der Hand, über die Primeira Liga wetternd. Der Stereotyp eines portugiesischen avô. Niemand würde beim ersten Blick auf die Idee kommen, dass es sich bei Vítor Oliveira um einen König handelt. 

 Am Wochenende wurde das Urlaubsparadies zur Partymeile. Dabei ist es für die englischen Touristen, die sich an der südlichsten Spitze Portugals in etwa so eingerichtet haben wie die Deutschen auf Mallorca, noch etwas zu früh. An diesem Sonntag feierten die Einheimischen an der Algarve ihren Helden, den Mann, der ihren Portimonense Sporting Club in die erste Liga geführt hatte. 

Er ist im Video nicht zu sehen: Trainer Oliveira zog es vor, am Rande der Party TV-Interviews zu geben. Für ihn dürften die Feierlichkeiten bereits Routine haben, denn es ist nicht sein erster Aufstieg. Es ist sein Zehnter. Ausrufezeichen! 

Der König der Aufstiege

Seit 2013 steigt der Portugiese kontinuierlich jedes Jahr mit einem anderen Klub aus der zweiten Liga auf. Zurecht feiern ihn seine Landsleute als "o rei das subidas", den König der Aufstiege. Trotzdem dürfte dieses persönliche Jubiläumsfest auch für den Aufstiegsroutinier kein gewöhnliches sein. In Portimão beendete Oliveira einst seine Profikarriere, gab direkt im Anschluss sein Trainerdebüt. Über dreißig Jahre und über 20 Stationen als Coach ist das mittlerweile her. Vier Mal hat er neben dem Aufstieg auch die Meisterschaft der zweiten Liga gefeiert.

Erstklassig Zweitklassig

Was aber ist das Erfolgsrezept des Portugiesen? Wie konnte er Moreirense, Madeira, Portimonense und viele andere gleichermaßen zum Erfolg führen? Oft in nicht mehr als einem Jahr, unter ihnen hoffnungslose Fälle wie Desportivo de Chaves, die 17 Jahre keine Erstligaluft geschnuppert hatten. 

Oliveira sagt, er habe da kein Geheimrezept. Seinen Aufstieg im letzten Jahr kommentierte er gar mit den Worten: »Manchmal hat das nichts mit Kompetenz zu tun, sondern mit den gegebenen Bedingungen.« 

Sinneswandel in Portimonense?

Selbst erstklassig zu werden, war nie sein Ding. Nur drei Jahre seiner Trainer-Laufbahn arbeitete er in der obersten Spielklasse, meist wechselt er nach einem gelungenen Aufstieg direkt zu einem anderen Zweitligisten. 

Das könnte sich mit Portimonense allerdings ändern. Am Rande der Aufstiegsfeier überraschte Oliveira mit der Aussage, dass – wenn beide Seiten Interesse hätten – sich sicher eine Lösung für die gemeinsame Zukunft finden ließe. 

Gute Gründe, in der zweiten Liga zu bleiben

Würde das geschehen sähe sich Oliveira mit einem Dilemma konfrontiert: Aus der ersten Liga kann er nicht aufsteigen. Und einen guten Grund, in der zweiten Liga zu bleiben, lieferte der Trainer vor einiger Zeit selbst. In einem Interview sagte er, beim Fußball gehe es ums Gewinnen und in der zweiten Liga »ist die Wahrscheinlichkeit größer, öfter zu gewinnen.« 


Egal für was sich Vítor Oliveira allerdings entscheidet, als Rentner im Feinripp wird man ihn an der Promenade in Portimão so schnell wohl nicht antreffen.

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