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Quarantäne nach Einreise in Deutschland: Regeln sollen gelockert werden

Lange Tage zu Hause – ohne Freunde, Reisen, Kino. Quarantäne wegen des Coronavirus ist eine Herausforderung für die Psyche. Wir zeigen, wie sie die Zeit daheim gut nutzen könne.

BERLIN.  Wer wieder nach Deutschland zurückkehrt, musste in Quarantäne – einige Länder haben diese Regelung bereits gekippt. Weitere folgen.


  • Zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie müssen sich einige Personen in häusliche Quarantäne begeben
  • Ob die Quarantäne tatsächlich eingehalten wird, überprüfen die örtlichen Gesundheitsämter
  • Bei Nichteinhaltung der Regelungen droht ein Bußgeld bis zu 25.000 Euro
  • Die Bundesländer lockern derzeit nach und nach die Quarantäne-Regelungen für Einreisen aus der EU oder dem Schengen-Raum
  • In Niedersachsen, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen sind die Quarantäne-Regeln für Rückkehrer aus dem europäischen Ausland bereits aufgehoben

Es sind nicht allein die Infizierten, die unter der Ausbreitung des neuartigen Virus Sars-CoV-2 leiden. Auch der Alltag aller Kontaktpersonen verändert sich mit dem positiven Laborergebnis von Bekannten, Freundinnen, Familienmitgliedern oder Kollegen. Es bedeutet für sie unter Umständen: zwei Wochen häusliche Quarantäne.

Immerhin: Die Bundesländer wollen in den nächsten Tagen ihre wegen der Corona-Pandemie eingeführten allgemeinen Quarantäne-Regeln für Einreisende aus den Nachbarstaaten aufheben. Das Bundesinnenministerium arbeite derzeit an einer neuen Musterverordnung für die Länder, wie das Ministerium am 15. Mai mitteilte.

Die neuen Quarantäne-Regelungen für Einreisen nach Deutschland sollen sich an dem hierzulande geltenden Corona-Richtwert von 50 Neuinfektionen orientieren. Für Einreisende aus EU- und Schengen-Staaten sowie Großbritannien solle nur noch dann eine Quarantäne-Empfehlung ausgesprochen werden, wenn sie aus Staaten mit erhöhten Infektionsraten einreisen, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums.

Wiedereinreise ohne automatische Quarantäne

Die neuen Regeln sollen demnach nun von den Bundesländern umgesetzt werden. Hierzulande gelten 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner über sieben Tage als Richtwert für die Rücknahme von Corona-Lockerungen. Bund und Länder hatten sich am am 14. Mai vor dem Hintergrund des Zurückfahrens der Grenzkontrollen darauf geeinigt, auch die Quarantäne-Regeln anzupassen.

Wer nach Deutschland einreist oder zurückkehrt, muss sich demnach künftig nicht mehr generell in eine 14-tägige häusliche Quarantäne begeben. Die entsprechenden Anpassungen in den jeweiligen Verordnungen der Bundesländer würden in den nächsten Tagen vorgenommen, so der Ministeriumssprecher.

Einzelheiten sind noch nicht geklärt

Die Grundlinie sei vereinbart, den Länder stehe es frei, „in Nuancen abzuweichen“, sagte der Sprecher weiter. „Die Einzelheiten sind noch ein bisschen im Fluss.“ Er gehe davon aus, dass sie Anfang der kommenden Woche festgelegt seien.

Eine Quarantäneverpflichtung gebe es dann nur noch für die aus Drittstaaten außerhalb des EU- und Schengenraums Einreisenden. In Nordrhein-Westfalen gelten die geänderten Quarantäne-Regeln bereits seit dem 15. Mai.

Wegen der Corona-Pandemie galt bislang seit dem 9. April eine Quarantäne-Pflicht für Bundesbürger und Ausländer, die nach Deutschland einreisen. Sie mussten nach Grenzübertritt direkt zu ihrer Unterkunft fahren und dort 14 Tage in häuslicher Isolation bleiben, um abzuklären, ob sie mit dem Coronavirus infiziert sind. Ausnahmen von der Quarantäne-Pflicht galten unter anderem für Berufspendler, Saisonarbeiter und Mitarbeiter von Polizei und Gesundheitsbehörden.

Doch wer muss jetzt in Quarantäne? Wie sehen die aktuellen Regelungen aus? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Corona: Wer muss in Quarantäne?

  • Jede auf das Coronavirus positiv getestete Personen
  • Deutsche, EU-Bürger und langjährig in Deutschland lebende Ausländer, die aus dem Nicht-EU-Ausland oder von außerhalb des Schengen-Raums nach Deutschland zurückkehren
  • Kontaktpersonen von Infizierten

Das Robert-Koch-Institut (RKI) hat die Kontaktpersonen in zwei Kategorien eingeteilt: solche mit „höherem“ und solche mit „geringerem“ Infektionsrisiko. Bei Erstgenannten geht es zum Beispiel um Menschen, die mindestens 15 Minuten Face-to-Face-Kontakt mit dem oder der Infizierten hatten.

Bei den anderen handelt es sich um Personen, die sich im selben Raum wie ein bestätigter Fall aufgehalten haben (Klassenzimmer oder Arbeitsplatz) und keinen mindestens 15 minütigen Face-to-Face-Kontakt hatten. Ihnen wird eine häusliche Quarantäne nur nahegelegt. Aktuelle Nachrichten zum Coronavirus im News-Ticker

Deutsche, EU-Bürger und langjährig in Deutschland lebende Ausländer mussten seit dem 10. April grundsätzlich für zwei Wochen in häusliche Quarantäne, wenn sie aus dem Ausland in die Bundesrepublik zurückkehrten. Auf diese Empfehlung an die Bundesländer hatte sich das Corona-Krisenkabinett geeinigt.

Allerdings wurde diese Regelung – teils richterlich – angefochten. So kippte das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg die pauschale Quarantänepflicht für Reiserückkehrer. Begründung: Eine Rechtsgrundlage für eine solche Vorgabe sei nicht gegeben. In Niedersachsen ist diese Regelung genau wie in Nordrhein-Westfalen also schon ad acta gelegt. Auch Personen, die aus dem EU-Ausland nach Baden-Württemberg einreisen, müssen sich nicht mehr automatisch in Quarantäne begeben.

Die Regelung galt beziehungsweise gilt obendrein nur für Menschen, die sich für mehrere Tage im Ausland aufgehalten haben – und damit nicht für Berufspendler. Außerdem gibt es Ausnahmen für bestimmte Gruppen wie etwa Lastwagenfahrer und medizinisches Personal.

Für Pendler und Pendlerinnen sowie Geschäftsreisende und Servicetechniker, die für wenige Tage beruflich ein- oder ausreisen müssen, werde keine Quarantäne angeordnet, heißt es in dem Beschluss weiter.

Gleiches gelte für Personen, die beruflich grenzüberschreitend Menschen, Waren und Güter auf der Straße, auf der Schiene, per Schiff oder per Flugzeug transportieren müssten, sowie für Reisende im Transit auf dem Weg in das Land ihres ständigen Aufenthalts.

Wie lange dauert die Quarantäne?

Betroffene, bei denen behördlich angeordnet wurde sich in häusliche Quarantäne zu begeben, müssen 14 Tage zu Hause bleiben – unabhängig davon, ob sie Symptome zeigen, die auf die Lungenerkrankung Covid-19 hinweisen.

Coronavirus: Was bedeutet häusliche Quarantäne konkret?

Wer sich in Quarantäne befindet, darf das Haus nicht verlassen. Also nicht zur Arbeit gehen, keine Freunde treffen, nicht einkaufen. Und natürlich auch keinen Besuch empfangen. Auch Gassi gehen ist nicht erlaubt. Ob sich auch Tiere mit dem Coronavirus anstecken können, lesen Sie hier.

Menschen in Quarantäne sollten, wenn möglich, zeitlich und räumlich getrennt von anderen Haushaltsmitgliedern leben – etwa, indem sie nicht gemeinsam am Esstisch sitzen. Auch Besteck, Geschirr und Handtücher sollten nicht gemeinsam genutzt werden.

Bei behördlich angeordneten Quarantänen (Infizierte oder Kontaktpersonen) meldet sich das Gesundheitsamt täglich, um sich über den Gesundheitszustand informieren zu lassen. Die Betroffenen selbst müssen zweimal täglich Fieber messen (bis zum 14. Tag nach dem letzten Kontakt mit dem bestätigten Fall) und ein Tagebuch führen. In diesem müssen sie unter anderem festhalten, ob sie Symptome haben.

Das RKI rät außerdem, Körperkontakt zu Dritten unbedingt zu vermeiden. Auch das Badezimmer und Hygieneartikel sollten, wenn möglich, nicht geteilt werden. Wäsche sollte regelmäßig und gründlich gewaschen, Wohn- und Schlafräume regelmäßig gelüftet werden.

Wie kontrolliert das Gesundheitsamt die Einhaltung der Quarantäne?

Die Behörden überprüfen die Quarantäne unter anderem durch stichprobenartige Kontrollen. Werden die Vorgaben nicht eingehalten, kann eine Zwangseinweisung ins Krankenhaus erfolgen. In diesem Fall steht der Gesundheitsschutz aller über dem Freiheitsrecht des Einzelnen.

Welche Strafen drohen, wenn ich gegen die Quarantäne-Anordnung verstoße?

Dazu schreibt das Bundesministerium des Innern: „Die Durchsetzung von Quarantäne-Anordnungen erfolgt durch die Polizeibehörden.“ Wer gegen das Infektionsschutzgesetz verstößt, dem können demnach drastische Strafen drohen – von Geldstrafen bis hin zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren. Schleswig-Holsteins Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) verwies darauf, dass denjenigen, die sich nicht an die Quarantäne-Regeln halten, ein Bußgeld bis zu 25.000 Euro drohe.

Das Robert-Koch-Institut warnte auch vor sogenannten Corona-Partys. Denn, wer sich dort anstecke, bleibe vielleicht nicht gleich zu Hause und gefährde wiederum andere. In seinem NDR-Podcast sagte Christian Drosten von der Berliner Charité: Wenn jetzt die Masernpartys wieder losgehen, dann hat unsere Gesellschaft versagt. Dann sind wir eine verfehlte Gesellschaft von Egoisten.“

Sollte ich für eine Quarantäne Vorräte anlegen?

Zwar sollen Menschen unter häuslicher Quarantäne den Kontakt zu anderen Personen minimieren. Trotzdem können Freunde oder Angehörige außerhalb des Haushalts zum Beispiel Einkäufe erledigen. Sie sollten bei der Übergabe aber direkten Kontakt vermeiden und die üblichen Hygieneregeln einhalten. Am besten also ist es, wenn Freunde die Einkäufe vor der Tür abstellen.

Wer bei Lieferdiensten bestellt, sollte auch diesen bitten, das Essen vor der Tür abzustellen und vorher online zahlen. In den vergangenen Monaten ist es dennoch in vielen Bundesländern zu Hamsterkäufen gekommen.

hamsterkäufe wegen coronavirus- Ökonom sieht gefahr

Bekomme ich in Quarantäne weiter mein Gehalt?

Ja - laut Infektionsschutzgesetz in den ersten sechs Wochen. Ab der siebten Woche einer Quarantäne wird eine Entschädigung in Höhe des Krankengelds gezahlt. Die muss der Betroffene selbst bei der dafür zuständigen Landesbehörde beantragen. Arbeitgeber können sich die Kosten für die Weiterbezahlung von der zuständigen Behörde erstatten lassen.

Kann ich in Quarantäne arbeiten?

Wer sich fit genug fühlt, kann seinen Arbeitsplatz auch ins Homeoffice verlegen – sofern die technischen Möglichkeiten es erlauben. Der Arbeitgeber muss also die notwendigen Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt haben.

Im Interview mit unserer Redaktion hat Klaus Müller, Chef der Bundesverbands der Verbraucherzentralen, aber auch betont, dass es kein Recht auf Homeoffice gibt. Die Regelungen seien von Betrieb zu Betrieb sehr unterschiedlich.

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Coronavirus- So kann ich im Homeoffice gut arbeiten

Was mache ich, wenn ich in Quarantäne bin und Kinder habe?

Was passiert, wenn ich in Quarantäne bin mit meinen Kindern? Dürfen sie zur Schule und in die Kita? Und wie erzähle ich ihnen vom Coronavirus? Mehr zum Thema Kinder und Coronavirus lesen Sie hier: Coronavirus, Quarantäne und Kinder: Was Sie jetzt als Eltern wissen sollten.

Was mache ich, wenn ich in Quarantäne bin und einen Hund habe?

Da hilft nur: auf sein soziales Netzwerk bauen. „Sollten Sie einen Hund als Haustier haben, so bitten Sie Freunde oder Nachbarn, mit ihm für die Zeit der Quarantäne spazieren zu gehen“, schreibt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe in seinen „Tipps bei häuslicher Quarantäne“.

Der Gassigeher sollte jedoch die Wohnung des Infizierten nicht betreten und anschließend die Hände waschen oder desinfizieren, nachdem er Kontakt mit dem Tier oder der Leine hatte, rät der Deutsche Tierschutzbund. Wer direkten Zugang zu einem eigenen Garten besitzt, könne seinen Hund auch rauslassen, ohne selbst das Haus zu verlassen.

Alternativ könne man den Hund direkt komplett bei einer nahestehenden Person oder einer professionellen Betreuungsstelle unterbringen – so wie während eines Urlaubs.

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