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Der Berliner Fußball-Verband stellt sich neu auf

Jenseits des Berliner AK, hier Tunay Deniz, dürfen sich Berliner Verein auf den neuen Partner freuen

E-Soccer-Liga, Vertrag mit einem US-Ausrüster und ein umstrukturierter Wirtschaftsrat - der BFV will hip werden.


Berlin. Mit rund 400 Vereinen gehört der Berliner Fußball-Verband (BFV) zu den kleinsten der 21 Landesverbände in Deutschland. Nur das Saarland und Bremen haben weniger. Doch Berlin hat einen Vorteil: Die Hauptstadt boomt. Sie ist modern, hip und setzt Trends. Der BFV wirkt dagegen fast dröge, doch das soll sich jetzt ändern. Mit einer E-Soccer-Liga und neuen Sponsoren. Einen neuen Ausrüstervertrag gibt es schon, doch der passt kaum ins Bild.

Beim Deutschen Fußball-Bund (DFB), dem Dachverband aller Landesverbände, verkündete man 2016 stolz den bis 2022 verlängerten Ausrüstervertrag mit Adidas. Mehr als 50 Millionen Euro soll dieser dem Ex-Weltmeister seither jährlich einbringen. Da verwundert es schon, dass der kleine Berliner Verband nun eigene Wege geht. Ausgerechnet mit dem größten Adidas-Konkurrenten Nike haben die Berliner einen Ausschließlichkeitsvertrag über fünf Jahre geschlossen. Nach Informationen der Berliner Morgenpost soll der US-Konzern einen sechsstelligen Betrag investieren. Nike will die Summe nicht kommentieren, bestätigt aber die Aussage von BFV-Vizepräsident Jörg Wirtgen, dass der Vertrag „unterschrieben" sei. Für den Verband bedeutet das vor allem: neue Ausrüstung, Trikots und Bälle. Und Ärger mit dem DFB?

Mitnichten. „Aus kartellrechtlichen Gründen darf der DFB die Landesverbände gar nicht dazu drängen, den gleichen Ausrüster zu haben", sagt DFB-Vizepräsident Rainer Koch. Im Gegenteil: „Der DFB freut sich, wenn die Landesverbände Ausrüsterverträge schließen" - ob nun mit dem eigenen Sponsor oder nicht. Bei Adidas dürfte die Freude kleiner ausfallen, soll der BFV doch auch mit dem deutschen Hersteller verhandelt haben. Aber Nike und der immerhin 150.000 Mitglieder starke BFV teilen eine Vision: Berlin, das ist Kiez, da wird noch auf der Straße gespielt. Vom bolzenden Jungen in dreckigen Hinterhöfen bis hin zum strahlenden Profi in den großen Arenen, der US-Konzern benutzt oft und gern urbanen Pathos.

Es gilt hier, „Projekte und Initiativen rund um den Fußball in Berlin" zu verwirklichen, erklärt ein Sprecher des Unternehmens. Die Rede ist von „Nachwuchsförderung und sozialen Projekten" - konkreter will der Textil-Riese noch nicht werden. Dass dieser künftig auch die Trikots zahlreicher Berliner Vereine ziert, ist nicht gesagt. Laut Wirtgen sei der Vertrag mit Nike „eine Aktion für Amateurvereine". Wobei die Klubs von der Kooperation grundsätzlich zunächst unberührt bleiben. Wenn sie wollen. Doch die Amerikaner möchten „auf lokaler Ebene etwas bewegen". Gut möglich also, dass der Konzern gezielt auf ausgewählte Vereine in den Bezirken zugehen wird.

Hintergrund der Offensive ist auch eine Umstrukturierung des Konzerns, der seine zwei Büros und den Showroom in der Hauptstadt in einem größeren Gebäude zusammenlegen wird. Für den BFV ist das unerheblich. Wirtgen bemüht sich bereits um weitere Sponsoren, „die über 500 Euro liegen". Diese sollen beim BFV zwar keinen Sitz im Wirtschaftsrat mehr bekommen, dafür aber Teil des neugegründeten „Board aus Spielmachern der Wirtschaft" werden, wie es der Verband bezeichnet. Einige Partner seien bereits gefunden, die bald auch benannt würden.

Und nicht nur das. Die erste E-Soccer-Liga aller Landesverbände, in der Teams virtuell gegeneinander antreten, soll bereits im Oktober dieses Jahres starten. Mehr als 20 Teams seien schon registriert, so Wirtgen. Vorstellbar, dass auch die Daumensportler dann in den Trikots des neuen Sponsors vor den Konsolen sitzen.


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