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Polizei zeigt 100 gestohlene Gegenstände von John Lennon

Eine Brille aus dem Besitz des Beatles-Musikers John Lennon bei einer Pressekonferenz der Berliner Polizei

Polizei und Staatsanwaltschaft präsentieren die gestohlenen Gegenstände des Beatles-Stars. Witwe Yoko Ono soll sie zurückerhalten.


Berlin. „Ein spektakulärer, außergewöhnlicher Kriminalfall", so begann Sprecher Winfrid Wenzel die Pressekonferenz im Polizeipräsidium. Dort hat die Berliner Polizei am Dienstagmittag gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft einige Fundstücke aus dem Nachlass John Lennons präsentiert. Diese waren 2006 aus der Wohnung von Yoko Ono, der Witwe des legendären Musikers, in New York entwendet worden und über Umwege nach Berlin gelangt. In einem insolventen Auktionshaus tauchten diese jetzt wieder auf, ein 58-jähriger Hehler wurde festgenommen. Yoko Ono zeigte sich emotional ob des unverhofften Fundes.

Zu den elf gezeigten Hinterlassenschaften des 1980 bei einem Attentat getöteten Beatles-Musikers zählten drei Tagebücher aus den Jahren 1975, 1979 und 1980, ein Zigarettenetui, zwei Brillen, eine Trophäe des Musikpreises „Ivor Novello Award", der Mitschnitt eines Konzertes, ein Schulheft aus dem Jahr 1952, ein Notenheft und diverse Vertragsunterlagen für die Rechte am Lied „I'm the greatest". Allesamt von „musikhistorischer Bedeutung", so Polizeisprecher Wenzel. Insgesamt stießen die Beamten bei den Ermittlungen auf rund 100 gestohlene Gegenstände von John Lennon.

Im Verdacht des Diebstahls steht vor allem der ehemalige Chauffeur (1995 bis 2006) von Yoko Ono. Er soll Zutritt zur Wohnung der Künstlerin in New York gehabt und die Gegenstände dort entwendet haben. Nach Auskunft der leitenden Staatsanwältin Susann Wettley wurden diese dann zunächst in die Türkei gebracht, von wo aus sie 2013 oder 2014 nach Berlin überführt wurden. Dort bot ein Bekannter des Ex-Chauffeurs die Beute einem Auktionshaus an, das diese seither aufbewahrte - wohl unwissend, dass es sich dabei um Diebesgut aus dem Besitz von John Lennon handelt, denn das Auktionshaus bot die Sachen nie zum Verkauf an. Dabei sollen sie einen geschätzten Wert von 3,14 Millionen Euro haben.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt bislang nicht gegen den Inhaber des mittlerweile pleitegegangenen Auktionshauses. Aufmerksam geworden auf die ungewöhnliche Sammlung, kontaktierte der Insolvenzverwalter schließlich die Kunstabteilung des Landeskriminalamtes (LKA), das fortan die Ermittlungen aufnahm und 86 Gegenstände sicherstellte.

Das war im Juli dieses Jahres. Im September übernahm die Staatsanwaltschaft den Fall und es folgten drei weitere Durchsuchungen. Im Kofferraum eines Autos, das nach Aussage Wettleys dem Hehler zuzurechnen ist, wurden dort, wo sich normalerweise der Ersatzreifen befindet, weitere Gegenstände gefunden. Darunter eine Brille, ein Rezept von 1978, ein Liederbuch und Briefe von John Lennon.

Wettley sagte am Dienstag, die zwei mutmaßlichen Täter hätten „keinerlei Beziehungen in den Bereich der organisierten Kriminalität". Die Staatsanwaltschaft bezweifelte auch, dass es sich bei ihnen um Profis handelt. Vielmehr hätten sie gar nicht gewusst, wo sie die Gegenstände zu Geld machen könnten. Dass das Berliner Auktionshaus „kein sehr renommiertes" gewesen sei, wie es Carsten Pfohl vom LKA ausdrückte, passt also ins Bild.

Am Montag wurde der 58 Jahre alte Hehler festgenommen. Der Deutsche mit türkischer Herkunft verbleibt aufgrund von Fluchtgefahr vorerst in Untersuchungshaft. Beim Chauffeur dagegen sind zumindest den Beamten die Hände gebunden. Dieser befindet sich in seinem Heimatland, der Türkei. Solange er nicht ausreist, kann er von ausländischen Behörden nicht zur Rechenschaft gezogen werden. Für den Diebstahl in den USA hat die Berliner Staatsanwaltschaft ohnehin keine Zuständigkeit.

Für Yoko Ono wird das zweitrangig sein, denn die Freude über das unverhoffte Auftauchen der vermissten Gegenstände dürfte überwiegen. Zumindest sei sie „sichtlich berührt" gewesen, erzählte Wettley. Die Staatsanwältin war unter anderem mit dem stellvertretenden Leiter der Berliner Staatsanwaltschaft, Michael von Hagen, nach New York geflogen, um Ono dort im deutschen Generalkonsulat als Zeugin zu vernehmen.

Fast sieben Stunden lang hätten die Ermittler dort mit John Lennons Witwe zusammengesessen, ihr Fotos von den Fundstücken vorgelegt, die sie identifizieren konnte. „Eine sehr angenehme Befragung und eine beeindruckende Persönlichkeit", sagte Wettley.

Vor allem die Tagebücher dürften für Ono von großem ideellen Wert sein. Den letzten Eintrag in Lennons Tagebuch von 1980 verfasste der Musiker noch am Morgen seines Todestages, dem 8. Dezember, an dem ein psychisch verwirrter Mann ihn vor dem Eingang zum Dakota Gebäude, in dem sich seine Wohnung befand, erschoss.

Wann jedoch die Gegenstände wieder in Onos Besitz übergehen können, hänge vor allem von der Kooperations­bereitschaft des inhaftierten Hehlers ab, sagte Wettley. Möglicherweise könnten sogar noch weitere Gegenstände auftauchen, denn wie viele tatsächlich entwendet wurden, wüsste wahrscheinlich nur John Lennon selbst. Was er wohl dazu sagen würde?


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