Die EU hat begonnen, die ersten Flüchtlinge umzusiedeln. Doch ist die Verteilung der Asylsuchenden auf andere Staaten wirklich eine Lösung? Zumindest ist sie ein Anfang.
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Tag für Tag erreichen Tausende neue Flüchtlinge die Länder der Europäischen Union. Die hohe Zahl lässt die Mitgliedsstaaten an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen. Und auch die Reaktionen zeigen, dass Überforderung und Ratlosigkeit mittlerweile an der Tagesordnung stehen. Eine einheitliche Flüchtlingspolitik muss her. Das Umsiedlungsprogramm ist der erste Schritt.
Mehr als 600.000 Flüchtlinge sind in diesem Jahr bereits in Griechenland angekommen. Die Regierung in Athen hatte des Öfteren beklagt, die Migranten würden das Land finanziell und logistisch überfordern. Dienstag sind nun 30 Flüchtlinge aus Griechenland nach Luxemburg geflogen worden. Rund 66.000 Flüchtlinge sollen aus Griechenland umverteilt werden. Der Vergleich zeigt: Nur knapp ein Zehntel der bisher angekommenen Flüchtlinge wird Griechenland abgenommen. Zu wenig für ein Land, das durch den Rest der EU entlastet werden soll. Doch auf der anderen Seite stellt sich genauso die Frage: Wo sollen die über 60.000 Flüchtlinge noch hin?
Im Rahmen des Umsiedlungsprogramm sollen knapp 160.000 Flüchtlingen aus Italien und Griechenland nach Nord- und Westeuropa verteilt werden. Das Vorhaben wurde im September von einer Mehrheit der EU-Länder beschlossen. Nur Ungarn, Tschechien, die Slowakei und Rumänien stimmten gegen das Vorhaben. Finnland enthielt sich. Der slowakische Regierungschef Robert Fico sagte, solange er Ministerpräsident sei, würden verpflichtende Quoten zur Aufnahme von Migranten in seinem Land nicht umgesetzt. Auch wenn es nur eine Minderheit ist, Europa wird sich in der Flüchtlingskrise einfach nicht einig. Dass beispielsweise Ungarn keine Flüchtlinge will, ist kein Geheimnis. Die Ostblockländer mögen sich gegen die Umsiedlung stellen, doch eine bessere Lösung haben auch sie nicht parat.
Die Umverteilung ist für die nächsten zwei Jahre angesetzt. Laut EU-Kommission wurden bisher 86 Flüchtlinge umverteilt. Das Programm sieht vor, dass die EU in der Flüchtlingskrise gemeinsam agiert und sich unterstützt. Doch 160.000 Umverteilungen sind nichts im Vergleich zu Millionen Flüchtlingen, die tatsächlich ankommen. Wie sollen Griechenland und Italien dadurch wirklich entlastet werden? Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte in einer Regierungserklärung, es müsse ein "dauerhaftes Verfahren" für eine Verteilung der Flüchtlinge gefunden werden. Es habe nun einen ersten Schritt gegeben, aber man sei noch lange nicht am Ende. Eine europaweite Umverteilung könne auf Dauer nur funktionieren, wenn es konsequente Kontrollen an den EU-Außengrenzen gebe.
Und Merkel hat Recht. Eine dauerhafte gerechte Verteilung in der Europäischen Union muss her. Sowohl für die Flüchtlinge, als auch für die Länder.
Ob die Verteilung tatsächlich so zu realisieren ist, wie angestrebt, wird sich zeigen. Fakt ist aber: Gemeinsame Beschlüsse der EU werden zurzeit mehr gebraucht denn je. Die Umverteilung ist für die Flüchtlinge eine große Chance, aus den unzumutbaren Erstaufnahmelagern herauszukommen. Und das, ohne den langen Weg über die Balkan-Route auf sich nehmen zu müssen. Leider nur für einige wenige. Auch wenn nahezu jedes Land der Europäischen Union derzeit an seine Grenzen zu stoßen scheint, ist es doch wichtig, dass Länder wie das überforderte Griechenland entlastet werden.
So wie die Umverteilung sind auch zunehmende Abschiebungen Teil der EU-Strategie zur Bewältigung der Flüchtlingskrise. Die Innenminister der Europäischen Union haben im Oktober einen umfangreichen Plan für schnellere Abschiebungen verabschiedet. Die aktuelle Lage zeigt: Nur gemeinsam können die EU-Staaten die Flüchtlingskrise bewältigen. Und zwar mit einer angemessenen Verteilung, auf die Länder, die es sich wirtschaftlich leisten können. Um die anderen Mitgliedsstaaten zu entlasten. Die Flüchtlingskrise ist eine gesamteuropäische Herausforderung. Und die Umverteilung ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Wenn auch ein kleiner.
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